Denkmal

In Deutschland wird schon darangegangen, nach Hermann von Wißmann benannte Straßen umzubenennen, bereits vor über fünfzig Jahren wurde ein Denkmal für Hermann von Wissmann, wie sein Familienname auch geschrieben wird, in Hamburg gestürzt, und nun, über fünfzig Jahre später, gibt es eine heftige Debatte darüber, nicht nur in Deutschland, ob solche Denkmäler des Kolonialismus u.v.a.m. aus dem sogenannten öffentlichen Raum entfernt werden sollen oder nicht, ob Zusatztafeln reichen würden, ob ihnen ebenfalls künstlerisch gestaltete Skulpturen, Denkmäler in Opposition beigestellt werden sollen oder nicht.

Ein Denkmal für Hermann von Wissmann steht auch in Österreich, in Weißenbach bei Liezen in der Steiermark, mit einem Reliefbild vom Bildhauer Karl Hackstock … bei diesem Namen kommt unweigerlich die Erinnerung hoch an die abgehackten Hände im Kongo, den der mit einer Habsburgerin verheiratete Kolonialist aus Belgien als seine … Wissmann war auch im Auftrag von diesem Mann in Afrika …

Dem kühnen Forscher
Deutschlands größtem Afrikaner
gewidmet von seinen Verehrern
in Steiermark 15. Juni 1908

So lautet die Inschrift unter dem Reliefbild von Hackstock …

Und dies ist das Seltsame an dieser nun wieder einmal aufgebrochenen und vielleicht heftig wie noch weltweit geführten Debatte …

Diese Achtung, diese Vorsicht, dieser Respekt vor ein paar Menschen, die vor einer Ewigkeit aus ihrer reinen Verehrung für irgendwelche Personen diesen Denkmäler errichteten, dafür den sogenannten öffentlichen Raum, vor über einhundert Jahren wird dieser Begriff noch nicht so … nun, die vor einer Ewigkeit Plätze, Straßen, Gassen, Parks und weitere unbebaute Flächen stürmten, eroberten, okkupierten, besetzten, um ihre propagandistische Verehrung etwa für einen Wissmann beispielsweise durch Denkmäler zu verankern, und diese je ein paar Verehrerinnen für irgendwelche Typen werden wohl nicht einmal zu träumen gewagt haben, daß alle diese von ihnen besetzten Orte, von ihnen mit Denkmälern markierten Plätze sogar eine Ewigkeit später ihre Plätze, ihre Orte sein werden, sogar noch unter dem modernen Begriff des öffentlichen Raumes …

Es ist wohl auch Feigheit dabei, das Gefühl der Schwäche, wie das von den ganz Kleinen, die sich von den nicht wirklich Großen, die immer von irgendwoher als kleine Bande auftauchen und stets skrupellos und roh sich produzieren, vertreiben lassen, auch von den Plätzen, auf denen es ihnen eigentlich zusteht sich aufzuhalten, diese zu gestalten, weil sie es sind, die unmittelbar dort leben … wohl auch, weil sie nicht so sein wollen wie die platzräuberischen Halbstarken, die nichts vom Reden halten, die nicht lange fackeln … Dabei, blieben die Kleinen stehen, schauten sie auf diese Banden, würden sie sehen, zu den Banden gehören stets so wenige, daß es keinen Grund gäbe, zu glauben, gegen sie nichts ausrichten zu können. Freilich kann es passieren, wenn so eine kleine, aber stets lautstarke, überlaute Bande einen Platz für sich erstürmt hat, daß sich ihnen mit der Zeit mehr und mehr anschließen, die meinen, zu einer vermeintlichen Mehrheit gehören zu müssen, erst aber eine Mehrheit bilden, wie es beispielsweise vor bald neun Jahrzehnten einmal …

Den paar Verehrern und wohl auch den paar wenigen Verehrerinnen von Wissmann ist dann 26 Jahre später ein ganzer Staat in der Verehrung gefolgt, das deutsche reich, das widmete Wissmann u.v.a.m. eine Briefmarke, rief 1934 zum „Kolonialgedenkjahr“ aus …

Ein befremdlicher, ein verstörender Gedanke will sich zu diesem Gedenken des Barbarischen einschleichen. Das Gedenken der Nationalsozialistinnen stimmte mit der Gesinnung und dem Handeln der Nationalsozialisten überein. Heutzutage mit den vielen Gedenkveranstaltungen, mit den vielen Gedenkjahren kann nicht gesagt werden, daß das Gedenken mit dem Handeln, zu dem das Gedenken zwingend verpflichtete, übereinstimmt, mit dem Denken ja, aber nicht mit dem Handeln …

Für das Belassen der Denkmäler, der Straßennamen und so weiter wird oft das Argument bemüht, in Deutschland etwa auch von einem Götz Aly, in Österreich beispielsweise von einem Zusatztafelhistorienmaler, mit dem Entfernen, mit dem Umbenennen würde Geschichte gereinigt, aufgegeben werden … Aber das ist nicht die gesamte Geschichte, es ist bloß die Geschichtspropaganda stets kleiner Banden, die sie damit unfreiwillig und wohl auch ungewollt verteidigen, wobei sie damit einem Geschichtsbild verhaftet bleiben, das nicht erst seit den „Fragen eines lesenden Arbeiters“ äußerst fragwürdig ist, Geschichte aus der Perspektive von überwiegend einzelnen männlichen Führern und wenigen weiblichen Führerinnen von kleinen Banden zu erzählen — eine gänzlich überholte Geschichtsschreibung …

Übrigens. In diesem steiermärkischen Örtlein gibt es nicht nur das Denkmal von ein paar, die Wissmann verehrten, sondern auch einen „Hermann-von-Wißmann-Weg“. Und das ist ein wirklicher und langer Weg, im Vergleich zum „Angelo-Soliman-Weg“ in Wien, der in Wirklichkeit gar kein Weg ist, sondern eine kurze Unterführung zum Wasser auf der Löwengasse ist, ist der „Hermann-von-Wißmann-Weg“ ein wirklich, wirklich langer, langer Weg …