In diesem Sommer ’20 ist das Urlaubserlebnis in einem Kaffeehaus mit Blick auf ein Denkmal Erzählungen über Urlaube am Nebentisch zu belauschen, und sich dabei zu fragen, vielleicht, wäre das eine Alternative gewesen, im sogenannten eigenen Land auf Urlaub zu fahren, beispielsweise nach Kärnten …
An einem Tisch wird von einem Wandertag in Kärnten erzählt.
Zuerst sei die „Barbarossaschlucht“ durchwandert worden. Seit wann diese so genannt werde, sei nicht herauszufinden gewesen. Lange sei die Schlucht, bis weit in das 20. Jahrhundert hinein, „Klinzerschlucht“ genannt worden. Möglicherweise sei ein anderes Unternehmen, das mit Barbarossa einst recht eng verbunden gewesen sei, Taufpate für die Umbenennung der mit einer Sage ausgeschmückten Schlucht …
„Nach der Legende führte Kaiser Friedrich Barbarossas Reise auf dem Feldzug von Deutschland nach Italien auch durch Kärnten, genauer gesagt durch Mühldorf, wo sie in der Schlucht nächtigten. Mitten in der Nacht wurden sie von einer schrecklichen Gestalt mit einem Pferdefuss und langem Schwanz überrascht. Sie ergriffen die Flucht. Als sie den Felsen erreichten, unter welchem der Barbarossatisch stand, ertönten die ersten Glockenschläge in Mühldorf.“
In solch einer wunderlichen Schlucht könne es nicht nur geschehen, daß „tapferen Kriegern“ der „Teufel“ erscheine, in solch einer Schlucht könne es auch geschehen, daß ein „Kreuzzug“ sich zu einem „Feldzug“ wandle. Wohl um den Menschen das Verstehen leichter zu machen. Ist doch „Feldzug“ noch ganz gegenwärtig, als wäre dieser erst gestern geschehen, von einem zu Ehren Barbarossa genannten Unternehmen.
Dann. Weiter von Mühldorf nach Möllbrücke. Auf halben Wege etwa zwischen Mühldorf und Möllbrücke ein kurzes Anhalten vor dem „Scheuch-Kies“, um zu überlegen, soll hier eine Pause schon eingelegt werden, oder doch gleich weiter, um im seit dem 1975 bestehenden Lokal „Rheingold“ zu einer kräftigen Jause nach kärntnerischer Art einzukehren; schließlich ist es vom Kies nicht mehr weit zum Rheingold …
Dann. Wieder weiter. Nach Sachsenburg. Vorbei am „Kriegerdenkmal“, ohne stehenzubleiben, ein Blick im Vorbeigehen genügt: ein übliches …
Auf dem Friedhof dann. Ein langes Verweilen.
Allein schon vor der überdachten Gedenkstätte für Opfer. Eine Inschrift zum Kopfzerbrechen:
„Ihr die ihr Anteil an den Leiden Jesu Christi habt, könnt auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln“
Der erste Teil der Inschrift machte kein Kopfzerbrechen, verursachte nicht einmal ein Kopfschütteln. Aber der Teil darunter, in viel, viel kleinerer Schrift geschrieben, ein Mensch schon mit einer geringen Sehschwäche würde das nicht mehr …
„Zum Gedenken an die Opfer der Kriege, des Verkehrs und der Arbeit“
„Zum Gedenken an die Opfer der Kriege, des Verkehrs und der Arbeit“ …
Mit Kopfschütteln sei diese klitzekleine Inschrift des Gedenkens im Vergleich zu den Monstergroßbuchstaben der Jesu-Christi-Jubelei … auch um gerade im Urlaub der Gefahr von Kopfschmerzen durch Kopfzerbrechen vorzubeugen, der Entschluß, weg von dieser Gedenkstätte und weiter auf dem Friedhof umherzuwandern.
Dann. Vor zwei Tafeln an der Kirchenwand. Auf der einen Tafel:
„Treu bis in den Tod!
Hier ruht Obgfr. …
* 6.2.1922
In Hüinghausen Westf.
Gef. 4.4.1945
bei Sachsenburg“
Der Obergefreite wurde nur dreiundzwanzig Jahre alt. In einem „Feldzug“ ermordet, in den er zum Morden geschickt wurde und sich schicken ließ.
Gleich neben der Tafel des „bis in den Tod treuen“ Obergefreiten eine zweite Tafel an der Kirchenwand, für einen „Generalmajor und Ritter des Leopoldsordens“, geboren am „1.3.1863“ und gestorben am „3.1.1947“. Von „Treu bis in den Tod!“ ist auf der Tafel für den Generalmajor und Ritter nichts zu lesen, dafür:
„Dein Leben war Ehre
und tapfere Pflicht,
war Liebe und Güte,
selbstlos und schlicht.“
Der Generalmajor und Ritter wurde vierundachtzig Jahre alt. Der Obgfr. dreiundzwanzig Jahre —
Das ist Ehrlichkeit, auf die Tafel des Generalmajors nicht geschrieben zu haben: „Treu bis in den Tod!“. Es hätte als Vorspruch auf die Tafel geschrieben werden könne: „Tapfer und Treu seinem Leben!“
Bei dem „Feldzug“ des Unternehmens Barbarossa wird Ritter Eder nicht mehr dabei gewesen sein, aber bei dem anderen „Feldzug“, der 1914 begann, auch mit der Verpflichtung von jungen Menschen, bis „in den Tod Treu“ zu sein, die so jung morden mußten und so jung ermordet wurden, wie der Obergefreite, nicht so alt werden durften, wie der Generalmajor, wie ihre Befehlenden, die im biblischen Alter friedlich in ihren warmen Prunkbetten …

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