
Es gibt einen Offizier in Österreich mit Edelweiß auf seiner bundesheerlichen Dienstkappe und auf seiner österreichischen Uniform, der in diesen Tagen im ersten Coronawinter für Aufregung sorgt, nicht weil er ein T-Shirt mit aufgebügeltem Edelweiß trägt, sondern mit einem „Neonazispruch“ …
Sofort erhält dieser Offizier Beistand von einer Seite, deren Banner das Edelweiß ist.
Es muß nicht erzählt werden, was für eine herausragende Bedeutung das Edelweiß im massenmörderischen und massenverbrecherischen deutschen reich hatte, aber es muß immer wieder erzählt werden, wie nach dem Untergang des deutschen reiches damit umgegangen wird, wie damit nicht umgegangen wurde, ohne Bruch bis herauf in die Gegenwart.
Und dieser Umgang läßt sich auch anhand des Edelweißes erzählen. Anhand eines Filmes von Wolfgang Gorter etwa, dem „Mein Freund von Luis Trenker“.

Wolfgang Gorter starb 1989. Seinen Film „Kameraden unterm Edelweiß“ muß Wolfgang Gorter um die Mitte der 1980er Jahre fertiggestellt haben. Denn im Film erzählt Gorter, der Sprecher als sein Erzähler im eigenen Film an einer Stelle: „Vor fünfundvierzig Jahren eine große technische Leistung.“

Wolfgang Gorter starb 1989. Seine „Kameraden unterm Edelweiß“ aber werden immer wieder zum Verkauf gebracht, als „Dokumentationsfilm“ vertrieben, zu finden sind Erscheinungsdaten 1996, 2008, 2011. In den Verkaufsregalen bis zu diesem Coronawintertag 18. Februar ’21 weiterhin, besonders ausgestellt in den Digitalregalen etwa, um nur einige zu nennen, von Thalia, Weltbild, Amazon …

Ein recht aufzumerkendes Erscheinungsdatum ist 2009 für „Von Garmisch in den Kaukasus – Die Geschichte der 1. Gebirgsdivision 1941-1942“. Der Drehbuchautor dieses Films ist Andreas Kalbitz. Mit diesem Namen ist im Grunde bereits alles erzählt, um was für eine Art Dokumentationsfilm es sich bei der „Dokumentation“ von Wolfgang Gorter handelt, wenn ein Andreas Kalbitz sich die Ehre gibt, Drehbuchautor eines Films zu sein mit „Originalaufnahmen des ehemaligen Gebirgsjägers und Kriegsberichtserstatters Wolfgang Gorter“ …

Wie Wolfgang Gorter, 45 Jahre danach, über diesen Krieg berichtet, das läßt sich am besten erzählen, wenn Wolfgang Gorter selbst erzählt, beispielhaft ein paar seiner Kommentare in seinem Film „Kameraden unterm Edelweiß“ zitiert werden:
1939. Ausmarsch in Mittenwald.
Wenn die Waffen schweigen, beginnt sich das Leben rasch wieder zu normalisieren.
Grauen oder Befreiung. Fast möchte man sie beneiden. Für sie ist der Krieg zu Ende.
Es sind liegengelassene Erschossene, die Gorter von seinem Weg zum Gipfel, von dem die Hakenedelweißkreuzflaggen befehlsgetreu auch aufgezogen werden sollen, aus, filmt, die er 45 Jahre später noch fast beneiden möchte; für ihn war der Krieg, genauer, die Propaganda für diesen Krieg nicht zu Ende.
Langsam kommen Partisanen aus ihren Schlupfwinkeln. Sie schimpfen furchtbar auf Stalin und loben Hitler über alle Maßen. Wir stimmen ihnen zu.
Wir sind im Land der Karastschai, die uns zu unserem Erstaunen wie alte Freunde begrüßen.
Die Eingeborenen geben dem Dolmetscher bereitwilligst jede Auskunft. Und überall nehmen sie unsere Anwesenheit furchtlos zur Kenntnis.
Vor 45 Jahren eine große technische Leistung.

Bei einer Alm auf einer Bergwiese in 1200 m Höhe wird das erste Expeditionslager errichtet. Diese Gegend erinnert an das Gebiet am Großglockner, was uns vergessen lässt, wie weit wir von der eigenen Bergheimat entfernt sind.
Treu und geduldig schleppen kleine Eserln unsere Last.
Sofort weiter, dem Feind auf den Fersen bleiben.
Die Brücke schleunigst so herzurichten, daß man notdürftig hinübergehen kann, um die geflohenen Sowjets möglicherweise einzuholen. Unsere Pioniere und die Karatschai gehen gemeinsam ans Werk, als wären sie immer schon Kameraden der Berge und Schicksalsgenossen gewesen. In bezug auf die bayrisch-karatschaische Verständigung waren unsere neuen Freunde sehr gelehrig. Pack mas, Sakra und sogar ab und zu auch blöder Hund waren immer wieder aus russischem Munde zu hören.
Mit dem Auftrag, den höchsten Gipfel des Kaukasus, den Elbrus zu erreichen, beginnt nun eine militärische Hochgebirgsexpedition, wie sie in dieser Art wohl noch nie gegeben hat.
Berge und Täler, Urwälder und Flüsse und dazwischen fruchtbares Land mit fleißigen, gastfreundlichen Menschen. Hafer, Gerste, Kartoffel, Tabak, Baumwolle und Wein werden angebaut.
Unten im Tal ein Transparent über einer von Karatschai-Posten bewachten Brücke. 4000 Kilometer marschierten die Jaga zu Fuß bis hierher; die alle hätten alleine fürs Hatschen das Ritterkreuz verdient.
Früh am Morgen rückt man gemeinsam zur Feldarbeit aus. Ein fleißiges, genügsames Bauernvolk, wie überall, wo Mensch und Tier unter offenem Himmel zusammenleben und auf sich selbst angewiesen sind.
Samstagabend Heimkehr ins Dorf, wo der Verwalter auf einem Holzcomputer den Wochenlohn ausrechnet.

Weiter geht es per pedes und Hufeisen. Und wieder warten Flüchtlinge voll Angst und Sorge auf unseren Weitermarsch. Sie sind sicherlich die Ärmsten am Rande aller Kriege.

Major Salminger, welcher Jaga kannte ihn nicht. Und General Lanz, Kommandeur der ersten Gebirgsdivision, verleiht Auszeichnungen an besonders bewährte Soldaten. Das waren Augenblicke des Stolzes und auch neuen Auftriebes.
Salminger. welcher Jäger, fragt Gorter bewundernd, kannte ihn nicht?
Dann erst lernt er die Notwendigkeit dieses Kampfes gegen die jüdisch-bolschwestistische Verbrecherbande verstehen und begreift vollkommen, daß jeder deutsche Soldat, der Blut und Leben in diesem Entscheidungskampf zwischen Ordnung und Chaos lassen muß, tausendfach gerät werden muß. Dies soll der Schwur des III. Bataillons bis zur völligen Vernichtung und Ausrottung der bolschewistischen Armee sein und bleiben. Unserem Führer Sieg Heil! Gez. Salminger, Hauptmann und Bataillons-Führer
Das ist aus seinem Tagesbefehl vom 1. Juli 1941. Zitiert aus einem Buch, das nicht anders heißen kann als „Blutiges Edelweiß“. So also kannten sie Salminger, den „fanatischen Anhänger des Nationalsozialismus“, der „von jungen Soldaten regelrecht verehrt, ja, ‚vergöttert‘ wurde: ‚Viele, die unter ihm dienten, nannten sich ‚Salmingers Kinder'“.
Im Jahr 1968 leitete die Staatsanwaltschaft München I wegen des Massakers von Kommeno unter dem Aktenzeichen 117 Js 49-50/68 ein Verfahren gegen den Regimentskommandeur Salminger und weitere Angehörige des Gebigsjägerregiments 98 ein. Das Verfahren gegen Salminger wurde wegen seines Todes eingestellt.

General Lanz verleiht, so Gorter, Auszeichnungen an besonders bewährte Soldaten. Für Gorter sind das 45 Jahre danach „Augenblicke des Stolzes und auch neuen Auftriebes“.
1948 wurde Lanz wegen der Anklagepunkte 1 (Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Massenmord) und 3 (Ausgabe völkerrechtswidriger Befehle) vom Nürnberger US-Militärgerichtshof (siehe: Fall 7, Prozess Generäle in Südosteuropa) zu 12 Jahren Haft verurteilt.
Im Zuge der McCloy-Amnestie wurde Lanz bereits 1951 aus dem Landsberger Kriegsverbrecher-Gefängnis aus der Haft entlassen, die er zeitlebens als völlig ungerechtfertigt ansah.
1954 schrieb Lanz, dessen Verurteilung als Kriegsverbrecher seiner Popularität keinen Abbruch tat, „im Tenor des „Dritten Reiches“ sein Buch „Gebirgsjäger“, in dem er diese als opferbereite Helden feierte, den Gegner und die Zivilbevölkerung hingegen als hinterhältig verunglimpfte und sich nicht scheute, antisemitische Töne anzuschlagen. Unterstützt wurde er dabei von […] – angeblich – „Tausenden“ ehemaliger Gebirgsjäger, die ihm persönliche Aufzeichnungen und Fotos zur Verfügung stellten. Im Vorwort sprach er vom Zustand einer „geistigen Verwirrung nach dem Zusammenbruch“; allerdings werde nun „den sittlichen Werten allmählich wieder Raum“ gegeben und bahne sich damit eine „sachlichere Einstellung“ an: „Die soldatische Leistung und das Opfer [finden] langsam wieder den Platz, der ihnen in jedem achtbaren Volk gebührt.“ Das reichbebilderte Buch, in dem in keiner Weise die vielen Greueltaten der Deutschen thematisiert wurden, war ein Bestseller“ (Meyer, S. 669).
Er trat in die FDP ein und war in der Partei als Militärexperte tätig. Ihm wurde der Vorsitz des Wehrpolitischen Ausschusses der Partei übertragen und als FDP-Vertreter ins Bonner Amt für Sicherheit und Heimatschutz entsandt, aus dem im Rahmen der Remilitarisierung der Bundesrepublik Deutschland zunächst das sogenannte Amt Blank, später das neue Bundesverteidigungsministerium hervorging.
Bis zu seinem Tod am 12. August 1982 in München war Lanz Ehrenvorsitzender des Kameradenkreises der Gebirgstruppe.
Ein Tagesbefehl von Hubert Lanz, vom 21. Juni 1941, der an alle Truppenteile ging:
Die 1. Gebirgs-Division holt den Teufel aus der Hölle. Der Teufel steht vor uns! Wir werden ihn vernichten!. Es lebe das Edelweiss! Heil dem Führer!

Ein paar Tage Rast in einem Dorf. Trotz allem Dreck und Ungeziefer für jeden ein Eldorado. Ein altes Grammophon spielt uns die Melodie, die damals hüben wie drüben jedem Soldaten ins Herz drang: [abgespielt wird „Lili Marleen“].
Stehende Sonne spendet Wärme und damit neuen Glauben an das Leben. Neue Zuversicht, neue Hoffnung auf ein baldiges Ende alles Schrecklichen.
Lanz und Salminger schreiten die Front ab. Der General verkündet eine für die Bergsteigerherzen ermutigende Botschaft. Jäger, ruft er aus, es geht in den Kaukasus. Doch bis dorthin ist noch ein langer beschwerlicher Weg.
Lanz und Salminger – der General verkündet, so Gorter 45 Jahre später, eine für die Bergsteigerherzen ermutigende Botschaft …
Die ganze Division ist mit mir stolz auf diesen heldenhaften Kampf gegen einen verbissenen Feind, in gleicher Weise wie auf die alpine Grosstat unter schwierigsten Gelände- und Witterungsverhältnissen. So hat unsere 1. Gebirgs-Divsion auch auf diesem Kriegsschauplatz, den wir schon seit Jahren ersehnen, im ersten Ansturm das Hakenkreuz und unser Edelweiss auf den Eisgipfeln des Kaukasus über den Sowjetstern triumphieren lassen. Ihr, meine Jäger, habt mir damit den Vorschlag ermöglicht den Führer zu bitten, den höchsten Gipfel eines zukünftigen Europas „Adolf Hitler Spitze“ zu benennen. Von den Pässen des Kaukasus werden wir mit unbändiger Kraft dem Schwarzen Meer entgegenstürmen, um dort, nach über 3500 km Marsch, Kampf und Sieg die russische Grenze zu erreichen und damit auf diesem Kriegsschauplatz den deutschen Endsieg zu erkämpfen. Es das lebe das Edelweiss ! Heil dem Führer ! Lanz
Auch aus einem Tagesbefehl von Lanz, zitiert eine Fußnote in „Ein Gebirgsartillerist an der Front und in Gefangenschaft“, Franz Müller, nach einem Buch aus dem Leopold-Stocker-Verlag, Roland Kaltenegger, „Gebirgjäger im Kaukasus. Die Operation ‚Edelweiß‘ 1942/43“ — —
Eine Karatschai-Schönheit lächelt für die Kamera, sogar ohne Gage.
In 2000 m Höhe liegt die Alm Kitschkine. Die Hirten, die wie vor Jahrhunderten die Spindel verwenden, umstehen, bewundern und helfen uns. Sie halten uns für Touristen, die ein Nachtlager benötigen. Eine Expidition durch fremde Länder, die nicht die Eingeborenen zu ihren Freunden hat, ganz gleich wo auch immer in der Welt, ist zum Scheitern verurteilt. Was haben wir da für ein Glück. Natürlich liegt das auch an uns. Nicht nur an den anderen. Und was wollen wir mehr. Aller Komfort ist vorhanden, Brennholz zum Kochen, fließendes Wasser zum Trinken und zum Waschen, wenn auch nicht gerade warm. Und sogar eine offene Heizung im Hotelzimmer, deren Rauch durch ein Loch im Dach abzieht. Und beim Schmauchen des gewohnten Pfeifchens wandern die Gedanken weit zurück in die Heimat.
Alle geben ihr Letztes. Um die mit dem Lebensnotwendigsten beladenen Wagen aus dem Wüstensand herauszuzerren. Denn die Berge rufen. Sie schonen, wäre gleichbedeutend mit Selbstaufgabe. Nach langen Tagen voll Mühsal und Plage sind die Kuban-Niederungen erreicht.
Zwei Bäuerinnen flüstern sich ins Ohr: Die Deutschen sind da. Die merken auch alles.
Die spürbare Bergluft reinigt Seele und Gehirn.
Kurze Rast. Warten auf den nächsten Befehl.
In trügerischen Ruhezeiten zwischen den eigentlichen Kämpfen konnten wir Land und Bevölkerung in der riesigen UdSSR kennenlernen.
In der ukrainischen Stadt Wilica ist Markt. Ein gefundenes Fressen für meine Kamera. Als ob tiefer Frieden herrschen würde, kommen von weit her die Landleute und bieten ihre Waren feil. Bei uns würde man so etwas als Flohmarkt bezeichnen. Wir schauen uns um.
In diesen luftigen Quartieren, wir nannten sie auch Rheumatismuswiesen, mußten die Jäger wochenlang ausharren.
Einer von hat sogar an seinem Zelt eine Tafel angebracht mit der Aufschrift Jagaschmaus zum Tiroler. Er meinte dazu, damit mi der Poschtbot besser findt.
Hier verlassen Arbeiter und Arbeiterinnen unter Aufsicht deutscher Militärpolizei das Verwaltungsgebäude und begeben sich zu ihren Arbeitsplätzen. Ein Ruderboot bringt uns ans andere Ufer, wo wir eine Arbeitersiedlung entdecken, die sich diese bescheidenen Leute selbst errichtet haben. Dort können sie wie in einem entlegenen Dörfchen ungestört hausen.
Divsionsbefehl, unbedingt versuchen, den Elbrus-Gipfel so bald als möglich zu erreichen, Konkurrenzunternehmen der SS vom Norden her im Aufstieg.
Gorter erzählt nicht, welche SS-Einheit vom Norden her im Aufstieg bereit dazu, seinen Gebirgsjägern den Gipfelsieg streitig zu machen. Vielleicht waren es auch Gebirgsjäger, auch in der SS gab es Gebirgsjäger unterm Edelweiß, etwa die Division, benannt nach einem österreichischen Prinzen …
Nach schwerem Kampf den Gipfel vor sich sieht. In diesem Augenblick sind mit einem Mal alle Anstrengungen vergessen. Wir formieren uns. Einer trägt im Sturm die Flagge voraus. Hintereinander schreiten wir hoch über der Welt dem großen Ziel entgegen.
Gegen 13.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit betreten wir in 5633 m Höhe den Gipfel des höchsten Eisberger zwischen Europa und Asien. Wir befestigen die Reichskriegsflagge am trigonometrischen Holzzeichen. In diesen Stunden haben wir keine Veranlassung darüber nachzudenken, ob unser Tun sinnvoll war oder nicht. Wir waren Soldaten und führten die Befehle aus, die unsere Vorgesetzten uns erteilten. Wie alle Soldaten sämtlicher Armeen in der Welt. Für Kriege sind nicht diejenigen verantwortlich, die Leben und Gesundheit opfern, sondern einzig und allein die sie inszenieren. Eine halbe Stunde verweilen wir und schauen auf die weiten Bergketten des Kaukasus zu unseren Füßen, auf das endlose Steppenland, aus dem wir in wenigen Wochen zu Fuß, von Meeresspiegelhöhe bis fast 6000 m, heranmarschierten. Wir sehen in der Ferne drei Meere: das Schwarze, das Asowsche Meer und das Kaspische Meer. Und weit im Südosten die Gebirge Persiens. So nahmen wir Abschied von unserem silbernen Thron und stiegen wieder hinab die wärmeren Gletscher. Oft noch sahen wir um zum weißen Berg, der langsam unter den Blicken entschwandt.
So sprach Gorter 45 Jahre später, sie seien Soldaten gewesen und führten die Befehle aus, die ihre Vorgesetzten ihnen erteilten, also in etwa zu der Zeit, als in Österreich ein Mann sagte, er hätte im Krieg nichts anderes als seine Pflicht getan. Gorter hätte das so wie der österreichische Mann auch sagen können. Gorter wurde in Deutschland nicht zum Bundespräsidenten gewählt, der österreichische Mann, der die Befehle ausführte, die ihm seine Vorgesetzten erteilten, wurde zum Bundespräsidenten …

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