Mal pensé, mal fonctionné

Am 7. Oktober 2021 wurde im Flughafen Schwechat, Terminal drei, „die letzte große Arbeit“ von Arik Brauer enthüllt.

„Niemals vergessen“ – Mahnmal zum Gedenken der Opfer des NS-Regimes

Eine Arbeit, die zurückgebracht werden sollte. Eine Arbeit, die nie aus seiner Werkstätte abgeholt hätte werden sollen, um diese öffentlich auszustellen. Seine Figur, die er nicht in dieser Größe hätte herstellen sollen, sondern so klein, daß er diese auf einen Kamin oder auf einen Altar oder auf die Anrichte in seinem Wohnzimmer hätte stellen können, zur eigenen Bestaunung.

Es soll ein Mahnmal sein, ein Denkmal.

Was es tatsächlich ist: Das Mal des Denkens. Schlecht gedacht, schlecht gearbeitet.

Mal pensé, mal fonctionné.

ÜBER Das Mahnmal: „Niemals vergessen“ Ein KZ-Häftling trägt einen verbogenen Flugzeugpropeller auf seinen Schultern. Der Gesichtsausdruck ist leidend, jedoch nicht entwürdigend. Denn es gebe nichts, was einem Menschen die Würde nehmen könne, so Arik Brauer. Die beschädigte Form des Propellers symbolisiert die Tragik des Geschehens und soll an die Millionen Menschenleben erinnern, die von den Nazis in den sicheren Tod getrieben wurden. Dabei erinnert die Haltung der Arme in Kombination mit dem Propeller an die christliche Darstellung Jesu, der sein Kreuz trägt. Die Skulptur steht eingerahmt zwischen zwei gemauerten Portalen, die jenen im Eingangsbereich des Konzentrationslagers Mauthausen nachempfunden sind, erklärt der für das Szenario verantwortliche Architekt Eduard Neversal. Das rund 220 Kilogramm schwere Denkmal mit innerem Stahlgerüst wurde im klassischen Bronze-Wachsausschmelzverfahren gegossen. Beim Propeller handelt es sich um ein beschädigtes Originalteil des 1945 in die Ostsee gestürzten Kampfbombers vom Flugzeugtyp Heinkel.

Das wird auf der Website der Aktiengesellschaft Flughafen Wien darüber erzählt.

In einer Kathedrale des Luxus muß alles proper sein, auch die nachgemauerten Portale eines Konzentrationslagers müssen proper sein, die Hungerfigur selbst muß auch proper … Die Darstellung, so steht es geschrieben, erinnere an Jesu, der sein — Jesus, Ahnherr des römisch-katholischen Glaubens, der römisch-katholische Glauben Ahnherr des Antisemitismus, als Opfer? Im Rückblick mag Jesus ein Opfer einer harten und brutalen Gesetzgebung gewesen sein, aber nach dem damals geltenden Recht des römischen Reiches war er ein Täter, der nach dem damals geltenden Recht zu bestrafen war, nach dem damals geltenden Recht zum Tod durch Kreuzigung verurteilt wurde. Jesus wurde nicht getötet, nur deshalb, weil er Jude war, so wie die Millionen von jüdischen Menschen nur deshalb umgebracht wurden, weil sie Jüdinnen waren, nur deshalb umgebracht wurden, weil sie Juden waren.

Bei dem Propeller handele es sich, so steht es geschrieben, um ein beschädigtes Originalteil des 1945 in die Ostsee gestürzten Kampfbombers vom Flugzeugtyp Heinkel.

Es darf mit Bestimmtheit angenommen werden, der Kampfbomber wurde nicht von „KZ-Häftlingen“ — ein in geltenden Rechtssystemen auch von demokratischen Staaten verwendeter Begriff wie „Häftling“ ist in Verbindung mit Konzentrationslagern eine gänzlich falsch Bezeichnung: Menschen in Konzentrationslagern, in Vernichtungslagern waren Gekidnappte, Entführte, Verschleppte, gegen jede Rechte Zusammengepferchte als Arbeitssklaven Gehaltene — geflogen, sondern von Angehörigen der Welt überfallenden hitlerischen Angriffssturmstaffelwehrmacht, die mit ihrer Heinkel – mag es die Type „Reichsbrandfackel“ oder „Uralbomber“ oder „Brennender Sarg“ gewesen sein — in die Ostsee stürzten. Nun läßt Arik Brauer dieses proper hergerichtete Originalteil einer abgestürzten Reichsbrandfackel eine proper herausgeputzte Hungerfigur …

Einfach wie kurz gesagt: Schlecht gedacht, schlecht gearbeitet.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn Passagiere im Duty-free-Laden bereits fragten, ob dieses propere Ensemble mit Propeller tragender Figur auf der Portalschwelle nicht in einer Miniaturausgabe als Souvenir zu kaufen gibt; es wäre so ein schickliches Mitbringels für Zuhause – schön wäre es, wenn mit einer Glühbirne, um es als Fernsehhintergrundbeleuchtung …

Es gibt ein weiteres Mal des brauerischen Denkens. Das steht in Wiener Neudorf. Seit dem September 2021 nur der Sockel. Die brauerische Figur wird renoviert, wie die Marktgemeinde Wiener Neudorf schreibt. Eine von Arik Brauer in Stacheldraht gewickelte Figur.

Mal pensé, mal fonctionné.

Der Stacheldraht war einmal ein starkes Zeichen des Grauens. Mit dem Denkmal von Alfred Hrdlicka auf dem Albertinaplatz jedoch nicht mehr. Der „straßenwaschende Jude“ mußte nachträglich mit Stacheldraht vor den Menschen geschützt werden, damit diese sich nicht weiter respektlos, vollkommen despektierlich, auf den „straßenwaschenden Juden“ setzen können, um zu rasten, zu jausnen, zu rauchen, mit ihrem Smartphone zu spielen … Sechsundzwanzig Jahre nach Anbringung des Stacheldrahtes zur Sicherheit und zum Schutz verwendet Arik Brauer Stacheldraht, um das Grauen so eindrucksvoll stark, wie er denkt, darzustellen, während der Stacheldraht längst zum Symbol des Schutzes des Menschen vor den Menschen geworden ist – in der Denkmalproduktion, in der Mahnmalserienherstellung.

Schlecht gedacht, schlecht gearbeitet.

Eine gute Gelegenheit, die günstigste Gelegenheit, diese Figur für immer in der Werkstätte zu belassen. Und wenn mit der Renovierung noch nicht begonnen wurde, damit gar nicht mehr zu beginnen. Der Sockel selbst mit den übergroßen Lettern „Brauer“ freilich könnte im „Park der Erinnerung“ verbleiben. Für diesen findet sich wohl leicht eine Verwendung, für Jugendliche etwa in ihrem akrobatischen Bewegungsdrang bestimmt ein gut nutzbarer Sockel …

Auf diese Weise funktionieren Denkmäler schon lange nicht mehr. Und das ist nicht allein auf die brauerischen Male bezogen.

PS „Niemals vergessen“ werden wird können; wie Arik Brauer mit dem einmal für kurz gewesenen Vizekanzler und mit dem zweimal für kurz gewesenen Bundeskanzler …