Lassen Sie mich noch kurz etwas zum Sittenbild sagen, das wir gesehen haben. Die Respektlosigkeit, die wir gesehen haben. Diese Respektlosigkeit will ich nicht achselzuckend übergehen. Und daher möchte ich mich als Bundespräsident in aller Form dafür entschuldigen, welches Bild die Politik hier abgegeben hat.
Die Person, die eine ehrliche Entschuldigung abzugeben hat, ist jene, die zweimal Bundeskanzlerin war für kurz. Kurz Bundeskanzlerin war, die es zweimal nicht einmal zwei Jahre schafft, Bundeskanzlerin zu sein, die zweimal schon nach je wenigen Monaten als Bundeskanzlerin abzutreten hatte.
Die von der falschen Person abgegebene Entschuldigung ist deshalb eine falsche Entschuldigung, weil Alexander Van der Bellen behauptet, die „Politik“ hätte dieses „Sittenbild der Respektlosigkeit“ abgegeben, aber es ist nicht die „Politik“, die dieses „Bild der Politik“ abgibt, sondern es ist die türkis getupfte christschwarze Parteipolitik. Deshalb, weil dieses Bild die türkise Parteipolitik abgibt, ist die Entschuldigung des Bundespräsidenten sogar als falsche Entschuldigung die Entschuldigung von einer dafür gänzlich falschen Person.
Diese Regierungskrise ist beendet. Morgen mittag werde ich den neuen Bundeskanzler und einen neuen Außenminister angeloben. Und die Arbeit für unser Land kann weitergehen. Ich bedanke mich bei Sebastian Kurz. Mit seinem Schritt hat er Schaden vom Amt ferngehalten und einen wichtigen Beitrag geleistet, daß die Intre, die Integrität unserer Institutionen geschützt wird. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch ausdrücklich bei Werner Kogler, bei Pamela Rendi-Wagner, bei Herbert Kickl und Beate Meinl-Reisinger sowie […] Ist mit der Regierungsumbildung nun alles erledigt? Ist es deswegen alles in bester Ordnung? Nein, ist es nicht. Denn in den letzten Tagen ist einmal mehr das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik erschüttert worden, massiv erschüttert worden […] Worte allein genügen hier nicht. Das geht nur durch ernsthafte und konzentrierte Arbeit und noch einmal Arbeit. Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Tagen öfter über den Begriff Handlungsfähigkeit gesprochen. Handlungsfähigkeit hat eine Voraussetzung, wechselseitiges Vertrauen, und dieses muß jetzt unter der Leitung des bisherigen Außenministers und nun designierten Bundeskanzlers, Alexander Schallenberg, erarbeitet werden […]
Nicht nur die Entschuldigung der für eine solche Entschuldigung falschen Person ist eine falsche Entschuldigung, sondern auch seine Dankverteilung. Alexander Van der Bellen dankt der Person, die neuerlich für eine Regierungskrise ursächlich verantwortlich ist, er lobt die Person, die das Amt ursächlich verantwortlich beschädigt hat, er dankt dieser Person für deren geleisteten Beitrag, deren tatsächliche Leistung die ist, dem Amt Schaden beigefügt zu haben. Alexander Van der Bellen katapultiert damit Österreich weit zurück in die Vergangenheit, als in Österreich nur von der Unschuld von allen in Österreich, von Österreich nur als das Opfer gesprochen wurde, alle in Österreich nur Opfer waren, alle in Österreich nur unschuldig.
Alexander Van der Bellen verkauft den Schritt dieser Person als einen Schritt nach vorne, dabei war es tatsächlich ein Schritt zurück. Ein Rücktritt, in Wahrheit. Das sagt auch alles über die Zustände, die Mißkultur der Rücktrittskultur in Österreich. Wenn nicht einmal der Bundespräsident das Wort „Rücktritt“ aussprechen kann. Das ist weit nicht das einzige Wort, das in Österreich nicht über die Lippen gebracht wird, von der sogenannten Staatsspitze bis hinunter zu …
„Worte allein genügen hier nicht.“ Sagt Alexander Van der Bellen. Wie klug, so einfach wie kurz, von ihm gesprochen. Und weil der nun seit dem 11. Oktober im Amt Sitzende ein ebenso kluger Mann ist, hat er diese präsidiale Weisheit sofort in die zwei Taten umgesetzt, schon an seinem ersten Tag im österreichischen Parlament, schon an seinem ersten Tag im Parlament seine von Willfährigkeit angetriebene Handlungsfähigkeit einfach kurz willig bewiesen …
So wert sind die Worte des Bundespräsidenten, daß diese bereits zwei Tage später erfüllt sind. An diesem Tag, 12. Oktober ’21, hat der wohl auch nur für kurz bleibende Bundeskanzler das, einfach wie kurz gesagt, das „wechselseitige Vertrauen“ vollständig erarbeitet.
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