Die Kunst der hohen Diplomatie mag Neo-Bundeskanzler Alexander Schallenbergs Geschäft sein, die Arbeit im Parlament scheint ihm weniger zu liegen: Schon am ersten Tag in seinem neuen Job als Kanzler der Republik Österreich sorgt er im Plenum für einen Fauxpas: Als ihm NEOS-Chefin Meinl-Reisinger die 104-seitige Anordnung zur Hausdurchsuchung mit allen inkriminierten Chats übergibt, wirft dieser sie verächtlich hinter sich auf den Boden.
Eine aufmerkenswerte Tat eines „türkisen Überzeugungstäters“, an diesem 12. Oktober 2021. Den Akt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im österreichischen Parlament auf den Boden zu werfen, hinter sich auf dem Boden die österreichische Justiz liegenzulassen, und dabei mit dem Handy zu spielen, wie der andere „türkise Überzeugungstäter“, den Schallenberg wohl genauso wie sich selbst als „türkisen Überzeugungstäter“ beschreiben würde, es im Parlament immer tat …
Eine zu merkende erste Tat von Alexander Schallenberg an seinem ersten Tag als Bundeskanzler im Parlament in Österreich, ebenso seine zweite Tat an diesem seinem ersten Parlamentstag als Bundeskanzler, ausgesandt in das Parlament zur Verteidigung von zwei „türkisen Überzeugungstätern“ … Zwei erste Taten, die einander bedingen, in Statistiken möglicherweise als eine Tat gewertet …
Der Frontstaatler nun als Bundeskanzler, der für dieses Amt recht viele Kompetenzen mitbringt, alle angeeignet im Ballhausstüberl, in dem recht gelehrt wird, etwa dies, daß ein Staat ohne Krieg ein Frontstaat ist, ein Land im Krieg keine Fronten hat, bloß Männer, die aufzufordern sind, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, auch deshalb, weil sie noch keine Taten setzten, an denen sie bisher je gemessen hätten werden können, sondern bisher nur nach ihren Werten handelten, an denen je sie nicht …
Und zu seinem „türkisen Überzeugungstäter“, für den er an seinem ersten Tag als Bundeskanzler in das österreichische Parlament zu seiner Verteidigung ausrückt, ist nichts mehr zu sagen. Es reden jetzt andere aus dieser deren Partei, mehr als genug bereits.
Es gibt von Franz Grillparzer den Vers über Menschen in Österreich, sie würden sich ihren Teil denken, und die anderen reden lassen. Die, die jetzt reden, haben lange genug die „türkisen Überzeugungstäter“ reden lassen. Allerdings ist daran zu zweifeln, ob sie in dieser Zeit etwas dachten.
Nun aber ist der Vers von Grillparzer überholt.
Sie denken selbst, sie reden selbst.
Und Medien schreiben mit, nehmen auf, und veröffentlichen, was sie denken und sich selbst reden lassen:
Schritt von Sebastian Kurz aus dem Kanzleramt hinaus … nur ein erster gewesen sein … Eine baldige Rückkehr als Kanzler … jedenfalls kein Thema sein, zumindest nicht aus Sicht der Landeshauptleute und zumindest nicht für die ÖVP … Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner … davon gesprochen, dass die strafrechtlichen Vorwürfen „lückenlos“ aufgeklärt werden müssen. Und Wallner sprach auch von „roten Linien“, die diese darstellen würden. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer wurde am Abend in der „Kleinen Zeitung“ dann konkreter. Er rechne nicht mit einer baldigen Rückkehr von Kurz und auch nicht damit, dass seine Partei Kurz in absehbarer Zeit wieder als Spitzenkandidaten bei einer Wahl ins Rennen schicken werde.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter ist nach dem Rücktritt Sebastian Kurz‘ (beide ÖVP) als Bundeskanzler weiter auf Distanz zu ihm gegangen … fand er nun, dass die Vorwürfe doch zu schwer wiegen würden, sagte er am Dienstag der „Tiroler Tageszeitung“. Und betonte, „ein Schwarzer“ zu sein. Dass Kurz in die zweite Reihe zurückgeht, wurde mit uns Landeshauptleuten so vereinbart. Es gibt schwerwiegende Vorwürfe, die man nicht wegwischen kann. Platter hielt außerdem fest, dass er „ein Schwarzer“ sei. Er habe mit der türkisen Bundes-ÖVP „schon immer andere Anschauungspunkte gehabt“ … mit Kurz ins Gericht ging der schwarze Tiroler Arbeitskammerpräsident Erwin Zangerl. Kurz solle sich komplett zurückziehen, forderte er. „Für einen Neuanfang in der ÖVP und in der Bundesregierung sollte alles absolut besenrein übergeben werden“.
Die strafrechtlichen Vorwürfe gegen Sebastian Kurz und sein Team dürften erst schön langsam durchsickern, ebenso die Details der internen Kommunikation. Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner … ringt um die Contenance: Die Vorwürfe müssten restlos aufgeklärt werden, sagt sie. Via Facebook ließ sie aufhorchen: „Die Chats zeichnen ein Bild, das wir so nicht stehen lassen wollen und können.“
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hatte bereits seiner Einschätzung Ausdruck verliehen, dass bis zum Ende der Legislaturperiode nicht mit einer Rückkehr von Sebastian Kurz zu rechnen sei. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner kann wenig mit dem Ton in seinem Umfeld anfangen: „Das ist nicht der Stil der Partei. Wo man’s kann, muss man es abstellen.“
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