Bei der Frage, wie viele Stimmen würde Grosz wohl bekommen können, als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten – so viele wie Hofer, so viele wie Rosenkranz, so viele wie Scrinzi, so viele wie Burger –, hätten noch weitere … aber ein Mann soll noch namentlich doch erwähnt werden; würde er, Grosz, so viele Stimmen wie Burghard Breitner bekommen können?
Burghard Breitner, ebenfalls ein Mann des Buches.
Burghard Breitner (1884–1956) – Chirurg und „Engel von Sibirien“, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes 1950 sowie Bundespräsidentschaftskandidat 1951, Rektor der Universität Innsbruck 1952/53 und Schriftsteller. Die Benennung einer Straße nach ihm im Innsbrucker Stadtteil Reichenau anlässlich seines 10. Todestages 1966 sollte die Erinnerung an einen angesehenen und hoch geschätzten Arzt aufrechterhalten. Mehr als 50 Jahre später muss aber gefragt werden: Will und kann man Burghard Breitner nach wie vor auf diese Art gedenken? Dem prominenten Mediziner, der als Klinikvorstand von 1932 bis 1955 zu den an der Innsbrucker Universitätsklinik für Chirurgie zwischen 1940 und 1945 durchgeführten Zwangssterilisationen offiziell „ermächtigt“ und damit für diese verantwortlich war? Das zentrale Ziel der nationalsozialistischen Gesundheitspolitik war die Schaffung eines „gesunden Volkskörpers“ – der durch die Ausgrenzung und Verfolgung von Menschen geschaffen werden sollte, die als „minderwertig“ angesehen wurden. Neben der Internierung in Konzentrations- oder Arbeitserziehungslagern sowie der euphemistisch als „Euthanasie“ bezeichneten Ermordung von Menschen mit (angeblichen) Beeinträchtigungen, wurden Zwangssterilisierungen zur Verhinderung der Fortpflanzung eingeführt. Anders ausgedrückt: Der NS-Staat fällte die Entscheidung darüber, wer eine Familie gründen durfte. Derartige Bestrebungen existierten in Österreich sowie in vielen anderen Ländern bereits lange vor der NS-Diktatur. Während es etwa in den USA oder Skandinavien bereits Sterilisationsgesetze gab, wurde im Dritten Reich 1934 und mit 1. Jänner 1940 auch im „angeschlossenen“ Österreich das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN) eingeführt. Darin waren die „Erbkrankheiten“ definiert, die zu einem Zwangseingriff führen sollten: „angeborener Schwachsinn“, „Schizophrenie“, „manisch-depressives Irresein“, „erbliche Fallsucht“, „erblicher Veitstanz“, „erbliche Blindheit“, „erbliche Taubheit“, „schwere erbliche körperliche Missbildung“ sowie „schwerer Alkoholismus“. 1935 wurden zusätzlich die „freiwillige Entmannung“ von homosexuellen Männern sowie Schwangerschaftsabbrüche bis zum sechsten Schwangerschaftsmonat aus medizinischen und eugenischen Gründen legalisiert. Bevor ein Erbgesundheitsgericht über eine Zwangssterilisierung entschied, wurden Intelligenzprüfungen, medizinische Untersuchungen, Erkundigungen bei Arbeitgeber*innen, Orts- und Sicherheitsbehörden, Gesundheitseinrichtungen und Schulen angestellt. Im Gau Tirol-Vorarlberg gab es Erbgesundheitsgerichte in Innsbruck und Feldkirch sowie als Berufungsinstanz das Innsbrucker Erbgesundheitsobergericht. Zur „freiwilligen Entmannung“ war dagegen lediglich das Attest eines Amtsarztes notwendig, das die zu erwartende „Befreiung von einem entarteten Geschlechtstrieb“ bescheinigte. Real handelte es sich dabei keineswegs um eine freiwillige Maßnahme: Drohungen mit der Todesstrafe oder der Deportation in Konzentrationslager führten ebenso zu Anträgen, wie Aufforderungen von Behörden an Vormünder, einen entsprechenden Antrag für ihre Mündel zu stellen.
Das ist über Burghard Breitner auf der Website der Universität Innsbruck zu lesen. Und das Untere auf der Website FBI:
Bei der Bundespräsidentenwahl am 6. Mai 1951 stellte die Vorgängerpartei der FPÖ, der VdU Dr. Burghard Breitner als Kandidaten zu Wahl. Er erzielt 15,41 Prozent und rund 660.000 Wählerstimmen. Der Kandidat des Verbandes des Unabhängigen (VdU), Dr. Burghard Breitner, war Arzt und erfreute sich als „Engel von Sibirien“ großer Popularität, da er im 1. Weltkrieg als Arzt – dort selbst in Gefangenschaft – in Russland tätig war. Er erreichte über 15% der Stimmen.
Das wäre nicht Österreich, würde nur das identitäre Bildungsinstitut liebevoll an Burghard Breitner erinnern, auch andere, etwa der Landesverband des tirolerischen ÖRKs erinnert zum fünfzigsten Todestag des Kandidaten ehrend an den „Engel von Sibirien“, und auch für das Rote Kreuz gibt es Jahre, von diesen es zum „Engel“ nichts gibt, das berichtenswert wäre …
Burghard Breitner, ein Mann des Buches.
Und wo brachte Breitner seine Bücher unter? Zum Beispiel im Verlag von Amon Franz Göth. Er, der Sohn im Familienverlag, soll der Onkel von einem gewesen sein, der vor vier Jahren in Ungarn verstarb. Ob Onkel oder nicht nach dem Verwandtschaftsrecht, ein Blutsgesinnungsonkel wird Göth ihm recht gewesen sein.

Der Blutsgesinnungsonkel, ein Reiter aus Passion, wie es sie auch in der Gegenwart weiter gibt. Nicht ein talentierter und angstfreier Reiter scheint einer zu sein, trotz seiner offensichtlichen Liebe zu Pferden, aber, so wird nun auch seit Wochen in Österreich spekuliert, werde er oder werde er nicht – in den Sattel auf festem Bodenrücken steigen, um mit ins Rennen um das Amt der Bundespräsidentin …
Allerdings, ritte er um das Amt der Bundespräsidentin, ohne Stocker-Stellung zuvor, dann wäre er ein tollkühner Reiter.
Er, der Lyriker in der Nachfolge Hölderlins, der von tiefem Humanismus erfüllte Philosoph, und doch, so scheint es, ohne ein selbstverfaßtes Buch, kein vom Stocker-Verlag ausgegebenes Buch noch von ihm.
Vielleicht seine Maxime: Er redet seinen Teil, und läßt die anderen schreiben.

Wie viele Stimmen würde er ohne Bescheid seines Tauglichkeitsgrades der Stocker-Stellung bekommen können? So viele wie Breitner, wie Burger, wie Hofer, wie Rosenkranz, wie Scrinzi? Einfach wie kurz gesagt, er würde selbst von Grosz um Längen geschlagen werden, kann dieser, Grosz, doch auf weitere liebevolle Worte von Stocker bauen, und dann wohl nicht nur am Wochenende, sondern an jedem Werktag.
Das Buch „Freiheit, ohne Wenn und Aber“ ist laut Verlagsaussendung ein „flammendes Bekenntnis zur Freiheit, eine Bestandsaufnahme dieses Zeitalters der Unfreiheit aber vor allem eine Handlungsanleitung, wie wir uns unsere Freiheit zurück erkämpfen“. Das Vorwort wurde von Claudia Haider geschrieben. „Wir freuen uns, nach den ersten beiden Büchern ,Was zu sagen ist’ und ,Im Karussell des Wahnsinns’, nun das dritte Buch von Gerald Grosz verlegen zu dürfen. Mit mehr als 100.000 Abonnenten auf YouTube und knapp 300.000 auf Facebook hat Grosz eine enorme Reichweite. Sein erstes Buch ist bereits in der vierten Auflage“, so Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker, Chef des gleichnamigen Leopold Stocker Verlags.
Und wie recht muß nun, so knapp vor dem Rennen um das Amt der Präsidentin, die Freude sein, das vierte Buch am Ende dieses Monats Mai 2022 ausgeben zu dürfen, dessen Titel in freier Erinnerung: Eine Zeit des Sauber, eine Zeit der Keit —
Für dieses Kapitel wurde, muß eingestanden werden, zu viel vorgenommen. Es hätte auch noch etwas zu Karl Paumgartten, einem weiteren Mann des Buches, seinen vom Stocker-Verlag ausgegebenen Büchern und auch zum Kurier des Deutschland aufgenommen werden sollen, aber, auch das muß eingestanden werden, ermattet von der Erinnerung an die sich Anstellenden um das Amt der Bundespräsidentin durch die Jahrzehnte Österreichs bleibt bloß der Kapitelabbruch — —
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