Gegenwart, die Lücke

Das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung hat in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Universität Graz konkrete Themenfelder und Forschungslücken zur Geschichte der Südweststeiermark im NS-Regime erhoben und präsentiert nun erste Ergebnisse dieser Arbeit. Mit dem Entschluss der Region Südweststeiermark, das Erinnern bzw. Gedenken an die eigene Geschichte während der NS-Zeit mehr in den Fokus zu nehmen, wird ein wichtiger und gleichzeitig herausfordernder Schritt gesetzt. Während sich die öffentliche Gedenkkultur zur NS-Zeit in Österreich stark auf das KZ-System Mauthausen sowie die Ballungszentren mit ehemals großen jüdischen Gemeinden konzentriert, kommt es viel seltener zu einer entsprechenden Auseinandersetzung auf lokaler oder regionaler Ebene in ländlich geprägten Raum. Als Ergebnis der Pilotstudie wird nun erstmals eine Themenkarte mit 19 ausgewählten Erinnerungsorten zu NS-Geschichte der Südweststeiermark der Öffentlichkeit präsentiert. Die Karte umfasst zum Beispiel das KZ-Subkommando Schloss Lannach, das KZ-Außenlager Aflenz, den Kloepferbrunnen in Eibiswald […]

Während also das Ludwig-Boltzmann-Institut mit seiner Presseaussendung am 16. Jänner 2024 seinen mit „April 2023“ datierten Abschlussbericht vorlegt, ist Hans Kloepfer auf den Grazer Schloßberg zurückgekehrt, also die Büste von ihm, mit einer Zusatztafel, die in Zusammenarbeit …

ehe aber Hans Kloepfer als Beispiel für die Lücke zur Geschichte der Gegenwart eingegangen wird, ist noch etwas aus der Presseaussendung des Ludwig-Boltzmann-Instituts zu zitieren:

Die Leiterin des LBI für Kriegsfolgenforschung, Univ.-Prof.in Dr.in Barbara Stelzl-Marx, unterstreicht die Bedeutung dieses Projekts: „Diese Themenkarte ist ein wichtiger Wegweiser durch die NS-Vergangenheit in der Südweststeiermark, die als Region von Widerstand und Verfolgung, aber auch von Kollaboration und Anpassung geprägt war. Sie dient zur Orientierung und Verortung von NS-Erinnerungsorten, die vielfach auf den ersten Blick unsichtbar sind.“ NR Bürgermeister Joachim Schnabel, Vorsitzender der Region Südweststeiermark, betont: „Neben einem umfangreichen Überblick über den Forschungsstand wurden weitere mögliche Vermittlungsmaßnahmen ausgearbeitet. So sind beispielsweise Vorträge und Diskussionsabende in der Region geplant, Projekte mit Schulen oder eine Medienkooperation zum Thema.“ Die stellvertretende Vorsitzende der Region, Labg. Mag. Bernadette Kerschler verweist darauf, dass „die professionelle Aufarbeitung der NS-Zeit ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt für unsere Region ist. Nur wer sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, kann Verantwortung für die Zukunft tragen

„Nur wer sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, kann Verantwortung“ in die Zukunft verschieben, Gegenwart ohne Verantwortung genießen.

Gegenwart: Lücke — Vergangenheit: forschungsreich.

„So sind beispielsweise Vorträge und Diskussionsabende in der Region geplant, Projekte mit Schulen oder eine Medienkooperation zum Thema[,] die professionelle Aufarbeitung der NS-Zeit[.]“ Als ob das nicht geschehen würde, wie im Kapitel, geschrieben im Februar 2023, gelesen werden kann, zum Beispiel auch mit Schulen: „Kloepfer, seine Gedichte und ich“ …

Das Ludwig-Boltzmann-Institut schließt eine „Lücke“, indem es auf seine „Faltkarte“ schreibt:

Der Arzt und Schriftsteller Dr. Hans Kloepfer war seit 1. Mai 1938 Mitglied der NSDAP mit der Nummer 6.109.231. Für die „Volksabstimmung“ am 10. April 1938 verfasste er propagandistische, auf die Landbevölkerung abzielende Wahlaufrufe. Bei seinem Begräbnis 1944 ließen Adolf Hitler und Joseph Goebbels auf seinem Grab Kränze niederlegen.

Als ob das nicht gewußt würde, daß Hitler und Goebbels Kränze zu Ehren Kloepfers, aber Millionen von ihnen zum Morden und zum Erdmordet-Werden Befohlenen mit einem, wenn sie überhaupt einen hatten, wenn sie überhaupt selbst einen zu ihrer industriellen Ermordung mitnehmen durften, nicht von ihnen geschickten Rosenkranz sich begnügen mußten, wie im Kapitel, geschrieben im Februar 2023, zu lesen ist, und wie in der Gegenwart der Jugend die Gedichte Kloepfers nahegebracht werden, brachte einst Kloepfer selbst der Jugend seine Gedichte nahe, mit so lyrischen Titeln wie „Der Führer“ …

Hans Kloepfer ist, wird am 23. September 2023 von einer Tageszeitung berichtet, zurück am Grazer Schloßberg, seine Büste, um genau zu sein, und für eine parlamentarische Partei war und bleibt er nie weg, leidet mit ihm, wenn sie lesen muß,

Kloepfer wird in seiner Heimatregion nach wie vor als Menschenfreund und Mundartdichter verehrt, von vielen aber aufgrund seiner deutschnationalen Einstellung und Sympathie für das Nazi-Regime verachtet.

daß er „verachtet“ wird, „aufgrund seiner Sympathie für das Nazi-Regime“ … Seine „Sympathie“ hatte nichts, wie von dieser landläufig angenommen wird, Passives, sondern war äußerst tatkräftig, Symphathie als Wegbereitung für … wie in einem weiteren Kapitel, geschrieben im Februar 2023, zu lesen ist,

daß er „verachtet“ wird, „aufgrund seiner deutschnationalen Einstellung“, oh, wie muß das dieser parlamentarischen Partei mit ihrem federführenden Präsidenten NR III unendliche Schmerzen zufügen, als würde mit Kloepfer auch sie „verachtet“ werden, ist ihr doch diese Einstellung Parteiprogramm …

Die Stadt Graz arbeitete seitdem behutsam an einer Kontextualisierung, was der FPÖ entschieden zu lange dauerte.

„Was der FPÖ entschieden“ …

Ist in dieser Tageszeitung am 23. September 2023 ebenfalls zu lesen, es dauere dieser parlamentarischen Partei entschieden zu lange, das kann verstanden werden,

daß es dieser Liebhaberin der Lyrik,

daß es dieser Versschmiedin,

daß es dieser Festung der Literatur,

daß es dieser Gedichten nachsteigenden Gebirgsjägerin

im Morgengrauen,

oh Kontextualisierung, eine besondere Kontextualisierung wird in diesem Jahr 2024 geschehen, nah zu Graz, in Wien, wenn dann ein wieder herausgeputzter bildhauerischer Nationalsozialist zu Füßen seines Denkmals seinem Denkmal die Hand reichen wird, seinem gesäuberten Denkmal,

das um 3,5 Grad schiefgestellt sein wird … ein Bier mit dreikommafünf Grad Alkoholgehalt ist nicht mehr als ein Leichtbier, demnach ist ein Denkmal mit 3,5 Grad Schieflage nicht mehr als eine Leich…

Irgendwo am Grazer Schloßberg, es kann nicht weit weg von Kloepfer sein, die Grabverse des Josef Friedrich Perkonig für den „ewige[n] Deutsche[n], der aus seinem Grabe sieht der „Nibelunge Not“ — am Schloßberg in

Graz, dieses in die österreichische Lücke tief getriebene steiermärkische Loch zur Geschichte der Gegenwart …

Es wird in einem weiteren Kapitel, das noch zu schreiben ist, von einem Mann zu erzählen sein, der bereits vergessen wurde, obgleich er in mehr als einem Kapitel seine Auftritte bereits hatte, nun aber im Zusammenhang mit der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft und ihren Instituten sich wieder vordrängte, aufdrängte, ihn wieder in einem Kapitel …