Friedrich Hölderlin – Kraft durch Freude

Von ihren Taten nähren die Söhne der Sonne sich; sie leben vom Sieg, mit eignem Geist ermuntern sie sich, und ihre Kraft ist ihre Freude.

Das schreibt Hyperion an seinen deutschen Lieben, an Bellarmin, im ersten Band, vor bald 225 Jahren veröffentlicht. Es gibt Stellen in diesem Briefroman, die Männern rasch als Beweise gelten, Friedrich Hölderlin sei einer der ihren, die, wie es paulinisch heißt, auch mit Männern … Noch unmißverständlichere Stellen dafür sind zu finden in dem bald vor 200 Jahren erschienenen Briefroman – „Phaeton“, der „Hyperion“ von Friedrich Wilhelm Waiblinger …

Von den Zeilen Hölderlins nähren sich die Männer im Krieg von 1914 bis 1918, nähren sich die Männer im Krieg von 1939 bis 1945, die ihnen in ihre Tornister gepackt, die sie wohl sättigen sollen, wenn das Brot aufgegessen, die sie wohl wärmen sollen, in den Kriegswintern, wenn sie ohne geheizte Unterkünfte auf Feldern kauernd mehr wachend als schlafend eisige Nächte …

Von den Zeilen Hölderlins nähren sich auch Männer heute noch, wie die von „Nordglanz“. Und was für Männer das sind, das braucht nicht in Berichten vom Verfassungsschutz nachgelesen werden; es reichen dazu schon die Titel ihrer Lieder, wie „SS marschiert in Feindesland“, „Wir sind das deutsche Afrikakorps“: 2021 … Ein Lied von ihnen hat im Titel die hölderlin’schen „Söhne der Sonne“ mit dem mehr als deutlichen Refrain „Heil den Asen“. Und schwarz muß ihnen als deutliches Zeichen auch die Sonne sein. Zu ihren einschlägigen Liedern verkaufen sie auch Leibchen – zu erwerben so gar recht bequem von Jeff Bezos …

Von den Zeilen Hölderlins nähren sich Frauen und Männer auch heute noch, die sie in Stein schlagen lassen, der ihnen ein einschlägig gesinnungsgemäßes Denkmal ist. Jahrzehnte zuvor nährte sich auch ein Mann mit Klumpfuß von Hölderlin, zu dessen Schirmherrn er sich erhob …

Und ihrem zurzeitigen Anführer, für kurz Innenminister, ist Hölderlin ein Vorbild …

Was für eine Zeilenteilung über Jahrzehnte! Die Nordglanz-Mannen nehmen sich „Söhne der Sonne“ und Jahrzehnte zuvor nehmen sich die Frauen und Männer um den Klumpfuß „ihre Kraft ist ihre Freude“, ändern diese Zeile ein wenig nach ihrem Geist und schicken unter diesem Titel Urlaubsdampfer …

Die Nordglanz-Mannen nennen ihre Propaganda eine „ariosophische“ … ohne Männer aus Österreich hätten sie keine „ariosophische Propaganda“, vielleicht nicht einmal eine „Propaganda“ …

„Phaeton“ ist in Österreich berühmt – Phaeton von VW ist in Österreich berühmt, recht berühmt seit den Tagen, als diesen ein Mann fuhr, der vielleicht den Phaeton von Waiblinger kannte, so bildungsbürgerlich die Frauen und Männer dieser identitären Parlamentspartei und für kurz gewesenen Regierungspartei sind, und er wollte damit, daß er einen Phaeton fuhr, auf eine diskrete Art sein „Phaeton-Geheimnis“ offenbaren, „das keines war“,wie eine Tageszeitung schrieb …

Es gibt Zeilen in diesem Briefroman von Friedrich Hölderlin, die alle oben Genannten gesinnungsgemäß weigern, sich von diesen zu nähren …

Und siehe, mein Bellarmin ! wenn manchmal mir so ein Wort entfuhr, wohl auch im Zorne mir eine Träne ins Auge trat, so kamen dann die weisen Herren, die unter euch Deutschen so gerne spuken, die Elenden, denen ein leidend Gemüt so gerade recht ist, ihre Sprüche anzubringen, die taten dann sich gütlich, ließen sich beigehn, mir zu sagen : klage nicht, handle! O hätt ich doch nie gehandelt ! um wie manche Hoffnung wär ich reicher ! – […]

Ich habe nichts, wovon ich sagen möchte, es sei mein eigen. Fern und tot sind meine Geliebten, und ich vernehme durch keine Stimme von ihnen nichts mehr. Mein Geschäft auf Erden ist aus. Ich bin voll Willens an die Arbeit gegangen, habe geblutet darüber, und die Welt um keinen Pfenning reicher gemacht. Ruhmlos und einsam kehr ich zurück und wandre durch mein Vaterland, das, wie ein Totengarten, weit umher liegt […]

Wie haß ich dagegen alle die Barbaren, die sich einbilden, sie seien weise, weil sie kein Herz mehr haben, alle die rohen Unholde, die tausendfältig die jugendliche Schönheit töten und zerstören, mit ihrer kleinen unvernünftigen Mannszucht !

Das ist der Gewinn, den uns Erfahrung gibt, daß wir nichts Treffliches uns denken, ohne sein ungestaltes Gegenteil.

Mögen die alle oben Genannten sich nähren von den Zeilen, die sie von Hölderlin sich zum Nähren nehmen, aber die alle Anderen beherzigen das Gegenteil ihrer ungestalten Sprüche.