Der Muttermalstein wurde von fast allen Seiten bereits betrachtet. Wie gelesen werden kann. Und von keiner Seite kann gesagt werden: das ist die schöne Seite.
Der Rundgang ist nun fast abgeschlossen. Es fehlt einzig noch, die Seite mit dem Zitat von Friedrich Hölderlin zu betrachten: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“
Als Goebbels im Sportpalast zum „totalen Krieg“ aufruft, das ist 1943, in dem Jahr, als die deutsche Mutter zum Baden geht, während Zwangsarbeiterinnen die Bombenschäden beseitigen, wird auch die Friedrich-Hölderlin-Gesellschaft in Tübingen gegründet, deren Schirmherr ist Joseph Goebbels, Wortmassenverbrechensminister, bekannt dafür, „seinen Hölderlin“ für Massenmord und Massenverbrechen zu plündern.
Und nun, am 01.10.18, entschleiert der zurzeitige Sportminister in Österreich die sitzenden Badende auf Trümmern mit einem Zitat von Friedrich Hölderin, der dem zurzeitigen Innenminister in Österreich ein Vorbild … Ein Vorbild, mit dem sich der Minister nicht messen wolle, auch wenn er sich selbst in Versen schon versuchte …
Wie wäre es aber mit dem Messen im Verschicken von Post aus den Ministerien? Damals gab es die Feldpost, und heute gibt es die, wie diese gesinnungsgemäß genannt wird, die E-Post. Die Feldpost, das waren noch Bücher, Gedichte etwa von Friedrich Hölderlin, die E-Post hingegen – lyrisch ist sie nicht. Die E-Post kann sich soher nicht mit der Feldpost messen, aber im Zweck, im Zweck, der die Mittel …
Es will nicht darüber spekuliert werden, weshalb gerade Friedrich Hölderin wieder herhalten muß, um Trümmer zu zieren. Vielleicht deshalb, weil es etwas mit „verfolgten Christen“ zu tun hat. Der Hölderlin-Vers ist ja aus dem Gedicht „Patmos“ … Und die Badende blickt hin zum Liebenberg, und muß sich wohl gar verfolgt und in Gefahr wähnen …
Einerlei, was der gesinnungsgemäße Antrieb war, einen Hölderlin-Vers in den Muttermalstein zu ritzen, es ist ein Dank abzustatten, der Dank dafür, die Gelegenheit erhalten zu haben, ein Gedicht von Günter Eich vorzutragen:
Latrine
Über stinkendem Graben,
Papier voll Blut und Urin,
umschwirrt von funkelnden Fliegen,
hocke ich in den Knien,
den Blick auf bewaldete Ufer,
Gärten, gestrandetes Boot.
In den Schlamm der Verwesung
klatscht der versteinte Kot.
Irr mir im Ohre schallen
Verse von Hölderlin.
In schneeiger Reinheit spiegeln
Wolken sich im Urin.
Geh aber nun und grüße
die schöne Garonne
Unter den schwankenden Füßen
schwimmen die Wolken davon.
NS Das gesinnungsgemäße Credo, der gesinnungsgemäße Anspruch an die Kunst in diesem Bunde ist: „Das Wahre, das Gute, das Schöne“. Diese Forderung an die Kunst wird nicht erfüllt, selbst dann, wenn die Fechtenden dieser Kunstauffassung den Auftrag zu einem Kunstwerk erteilen, wie auch diese Badende auf der Mölker Bastei belegt. An dem Mal der badenden Mutter ist nichts Wahres, ist nichts Gutes, ist nichts Schönes.
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