Hans reicht, was Hänschen gelernt

Halbwahrheiten, Meinungsblasen, Propaganda, Euphemismen, Fake News, Verschwörungstheorien […]

ist auf dem Umschlag zu lesen, damit wäre alles vom Buch von Konrad Paul Liessmann gesagt, fiele dazu nicht eine weitere tiefdenkende Persönlichkeit und eine ebenso große kennende der Tierwelt ein, nämlich Markus Krall

Die Brücke ist eine Sache des Menschen. Die Natur kennt keine Brücken. Tiere folgen vielleicht ihren Bahnen, aber sie legen keine Wege an, noch weniger Brücken.

Lauter lügen, auf Seite 242 ist das zu lesen, geschrieben von Paul Konrad Liessmann, und er zitiert hier zu seinem Beistand Georg Simmel, der wußte, was Konrad Paul Liessmann noch weiß: „Der Wegebau ist eine spezifisch menschliche Leistung; auch das Tier überwindet fortwährend und oft in der geschicktesten und schwierigsten Weise einen Abstand, aber dessen Anfang und Ende bleiben unverbunden, es bewirkt nicht das Wunder des Weges. Im Bau der Brücke gewinnt diese Leistung ihren Höhepunkt.“ Und auch Friedrich Nietzsche hat zur Brücke etwas zu sagen, das zitiert ebenfalls wissend Konrad Paul Liessmann, und er, Liessmann, folgert: „Der Mensch benützt nicht Brücken, sondern er selbst wird zur Brücke, auf der andere an ein anderes Ufer gelangen werden. Was es aber bedeuten mag, den Menschen selbst als Brücke zu nehmen, hat niemand so eindringlich in Worte gefasst wie Franz Kafka“

Aber, Ameisen bauen ebenfalls Brücken, auch eine Ameise wird selbst zur Brücke, auf der andere Ameisen an das andere Ufer gelangen —

Lauter lügen, Konrad Paul Liessmann, Paul Zsolnay Verlag, 1. Auflage 2023, mit freundlicher Unterstützung der Stadt Wien

[U]nd wie sagte doch Jean-Claude Juncker, der sich gerne als moralische Instanz gab: „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ Haben wir das schon vergessen? Und als es darum ging, gute Stimmung für Flüchtlinge zu erzeugen, scheuten auch sogenannte Qualitätsmedien nicht davor zurück, jenseits der Fakten von […]

Konrad Paul Liessmann, auf Seite 18; zwei Jahre davor hat Jean-Claude Juncker auf Nachfrage auch dieses Zitat erklärt. Wer dieses Zitat von Jean-Claude Juncker sonst noch recht verbreitet, sind jene auch aus der Gesinnungsschaft, denen es wohl eine rechte Ehre war, ihn, Liessmann, als Mitunterzeichner des „Briefes der 800“ zu haben, mit dem sie gegen das Gendern unterschrieben,

wohl auch deshalb, wie Konrad Paul Liessmann auf Seite 18 wieder einmal auf das Gendern kommt und schreibt: „[D]ie Nonchalance, mit der in Genderdebatten Verweise auf biologische Fakten ignoriert und ins rechtskonservative Eck abgeschoben werden.“

Lauter lügen, Konrad Paul Liessmann, Paul Zsolnay Verlag, 1. Auflage 2023

Wirklich konsequent vertraten lediglich Augustinus und Immanuel Kant die Auffassung, dass es unter keinen Umständen erlaubt sein könne, zu lügen, da damit der menschlichen Kommunikation, die auf Vertrauen beruht, der Boden unter den Füßen weggezogen würde.

Unter keinen Umständen, so Liessmann auf Seite 22, könne es erlaubt sein, zu lügen; Augustinus auf Pferden allerdings

und Putin wird diese Auffassung von Kant ganz und gar teilen, dem er in Dankbarkeit für das Gelernte sein Haus …

Die „Kritik der reinen Vernunft“ als nicht mehr zeitgemäß zu verdammen, weil sich in Immanuel Kants vorkritischen Schriften Formulierungen finden, die heute den Tatbestand der rassistischen Äußerung erfüllten, mag ein Beispiel dafür sein, wie sehr ein moralischer Anachronismus blind machen kann gegenüber jenen Erkenntnisssen und Einsichten aus vergangenen Tagen, die sich alles andere als überlebt haben.

Lauter lügen, Seite 92. 2020 erhielt Dr. Susanne Schröter, zu der Konrad Paul Liessmann

Das kann nur bedeuten, dass das Andere der Freiheit, der Zwang, die Unterwerfung, als beglückende Norm empfunden wird. Zum Störenfried des Common Sense wird, wer sich dieser Norm nicht einmal widersetzt, sondern darauf verweist, dass es in diesen und ähnlichen Fragen unterschiedliche Zugangsweisen gibt, die jeder für sich entscheiden und verantworten könne. Das Anliegen des Studenten passt ins Bild. Nur ein Beispiel: Im Jahr 2019 forderten selbsternannte Antirassisten, dass ein Symposium an der Universität Frankfurt, das von der renommierten Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter organisiert worden war, abgesagt und die Professorin entlassen werden sollte, da unter anderem auch die Islamkritikerin Necla Kelek eingeladen war. Der Vorwurf des antiislamischen Rassismus war in diesem Zusammenhang zwar vollkommen unzutreffend, er zeigt aber, dass die Denunziation, die sich als Empörung tarnt, mittlerweile in bestimmten Kreisen zum Common Sense geworden ist.

auf Seite 146 schreibt, den „Immanuel-Kant-Preis“ der „Initiative Aufbruch 2016“ … nun, zu Susanne Schröter könnte viel geschrieben werden, aber es muß nicht, denn, in der heutigen Zeit ist es leicht, sich selbst zu informieren. Ein Wort, das allenthalben vorkommt, im Zusammenhang mit Susanne Schröter, ist: Kontroverse. In Österreich vielleicht von Interesse, das soll erwähnt sein, sie folgte 2018 einer Einladung des kleinen Gebirgsjägers zu einer „nicht öffentlichen Konferenz ‚Europäische Werte, Rechtsstaat, Sicherheit‘ unter Leitung des damaligen österreichischen Innenministers“, der sich dafür ihr gegenüber dankbar … Nicht alle folgten der Einladung des kleinen Gebirgsjägers, aber wenn ein scheinbar mächtiger ruft, sind Willfährige stets bereit. Wer im Gesinnungsbund des kleinen Gebirgsjägers tatsächlich willkommen ist, davon erzählen die Eingeladenen von derartigen Zusammenkünften, mögen diese Konferenz oder anders genannt werden, nicht immer so hochtrabend,

manchmal schlicht wie kurz „Podiumsdiskussion“ … Dr. Susanne Schröter erhielt den „Immanuel-Kant-Preis“ und gleich dazu das „neue Buch des Aufbruch-Mitgründers Alexander Mitsch“ … Was zu lesen vorgesetzt wird, wenn nach Alexander Mitsch gesucht wird, u. a. m. seine Forderungen: „Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe“, „Einschränkung der „Frühsexualisierung in Bildungseinrichtungen“, „deutliche Reduzierung von Abtreibungen“, mit Roland Tichy in der „Stiftung Meinung & Freiheit im Vorstand“ …

Alexander Mitsch und die „Werteunion“ — auch so eine Geschichte, und mit der „Werteunion“ noch einmal bei Markus Krall angelangt, noch so eine Geschichte mit der „Werteunion“ … eine weitere Geschichte „Werteunion“ und „AfD“, all das braucht hier nicht erzählt zu werden, es ist leicht, all dem selbst nachzugehen — Übrigens, 2022 erhielt den „Immanuel-Kant-Preis“ Birgit Kelle, in österreichischen Fernsehanstalten recht beliebt … am 7. März 2024 war es wieder einmal so weit —

und sie recht gelobt von Andreas Unterberger

Auf Seite 147 fällt ein Name auf – Richard David Precht … Konrad Paul Liessmann hebt an mit einem Bericht über eine „Utopie-Konferenz, die auf Initative von Richard David Precht im Jahre 2018 an der Universität Lüneburg stattfand, um dann über seine Lieblingsmeinung Bildung … Der „ewige Schwätzer“, wie ihn Jürge Kaube nennt, hat seine Professur in Lüneburg aufgegeben, nach seiner Äußerung bei Markus Lanz …

Denken vor dem Reden könnte helfen: Show-Philosoph Richard David Precht verplappert sich antisemitisch. Lanz findet das „richtig“ – und das ZDF liefert eine Entschuldigung, die keine ist. Welchen Beruf hat Richard David Precht? Schwer zu sagen, denn er besteht aus nichts als Meinungen, Meinungen zu allem Möglichen. Was immer ihm durch den Kopf gegangen ist, und sei es erst Minuten her, spricht er selbstgewiss aus. Das hat ihm, Verfall der Begriffe, den Ruf eines Philosophen eingetragen. Tatsächlich personifiziert Precht aber den Small Talk, der unter dem Titel „Öffentlichkeit“ beansprucht, auch ein Big Talk und also von Gewicht zu sein. So unterhält er sein Publikum. Bildung, Corona, Ukraine, Medien, Israel – es gibt kein Gebiet, auf dem Precht nicht mit scharfen, obgleich kenntnisarmen Meinungen hervortritt. Corona nichts anderes als Grippe, Trump wird 2020 wiedergewählt, Moskau steht binnen vier Tagen in Kiew.
Jürgen Kaube

Man fragt sich allerdings, warum dafür wieder einmal die Sprache geschunden werden muss. Wäre es nicht einfacher, schon den Grundschülern den Unterschied zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht klarzumachen, und sie zu einer stilvollen und sensiblen Verwendung des generischen Maskulinums zu ermuntern, die ohne HIntergedanken auskommt und im Bürger natürlich das Mitglied einer politischen Gemeinschaft erkennt, ohne Abstufung und ungeachtet seines sexuellen Selbstverständnisses?

Lauter lügen, Seite 60.

Was Hänschen gelernt, mehr braucht Hans zu lernen nimmermehr. Über das „generische Maskulinum“ hat Konrad Paul Liessmann wohl alles für ein ganzes Leben in seiner Grundschulzeit gelernt. Und das in einer Zeit, in der das „generische Maskulinum“ …

Wo kommt das generische Maskulinum, der liebste Gender-Streitapfel im Deutschen, eigentlich her? Wurde der geschlechtsunspezifisch gemeinte Gebrauch des Maskulinums irgendwann einmal bewusst eingeführt? So war es nämlich im Englischen, wo 1850 per Gesetz festgeschrieben wurde, dass als generisches Personalpronomen nicht das bis dahin übliche they (das inzwischen seine Rückkehr feiert) zu verwenden sei, sondern das aus dem Maskulinum stammende he. Aus Formulierungen wie „anyone may live their dream“ wurde: „Anyone may live his dream“. Ein vergleichbares „patriarchales normatives Ergreifen“ gab es bei uns nicht, stellt Ursula Doleschal in ihrer Rückschau der deutschen Grammatikschreibung vom 16. bis ins 21. Jahrhundert fest. Allerdings war das generische Maskulinum wohl auch nicht seit jeher so in Gebrauch, wie wir es heute kennen. Für die generische, also geschlechtsunspezifische Bezugnahme auf Personen kannten die Grammatiker der Renaissance noch ein geschlechtsneutrales „genus commune“. In der Aufklärung ab dem 18. Jahrhundert wurde das Neutrum in ähnlicher Funktion beschrieben. Spätestens Mitte des 20. Jahrhunderts wurden dann aber Neutrum-Ausdrucksweisen wie „Vater und Mutter sind jedes ein Mensch für sich“ als altmodisch empfunden und der generisch-maskuline Sprachgebrauch setzte sich stärker durch („jeder ein Mensch für sich“). Erst dann finden sich auch systematische Beschreibungen des generischen Maskulinums in den Grammatiken.
Martin Krohs

Auf der Rückseite

Halbwahrheiten, Meinungsblasen, Propaganda, Euphemismen, Fake News, Verschwörungstheorien […]

des Schutzumschlags ist zu lesen, damit ist alles, was im Buch …

Lauter lügen … Nicht unzitiert aber kann gelassen werden, das ist wirklich das Letzte, das doch noch zu zitieren ist, was auf Seite 36 Konrad Paul Liessmann schreibt:

Einer der verhängnisvollsten Gemeinplätze der Gegenwart besagt, dass Sprache Wirklchkeit schafft. Dieser schrängen Vorstellung verdanken wir das Binnen-I, die Gendersternchen und die Säuberung der Sprache von Begriffen, die als verletztend empfunden werden. Sprachpolizeiliche Maßnahmen lassen die Realität allerdings ungeschoren und fungieren deshalb eher als Gesinnungsnachweis und Feigenblatt für Machtansprüche aller Art. Zu diesen Strategien gehören aber auch standardisierte Formulierungen, die durchaus wohlmeinend eine Wirklichkeit suggerieren, die es nicht gibt. Dazu zählt die Aufforderung, dass Menschen auf Augenhöhe kommunizieren sollten, um Dominanzansprüche zu vermeiden und ein diskriminierungsfreies Zusammenleben ermöglichen.

Es muß dafür nicht die nun doch schon weiter zurückliegende Vergangenheit herangezogen werden, um zu zeigen, wie „Sprache Wirklichkeit schafft“, „Gesinnungsnachweis“ ist, als feigenblattlose Machtansprüche fungieren, gerade in Österreich ist dies müßig, wird hierfür nur als Beispiel die in Sprache abgefaßte „Denkschrift“

„Let’s make America great again“, eine inflationär gebrauchte Formulierung der Gegenwart, die bereits Ronald Reagan vor bald 45 Jahren in seinem Wahlkampf verwendete, und was für eine Wirklichkeit durch diese Formulierung als Beispiel geschafft wurde und weiter werden will, vor allem gepaart mit der Formulierung „America first“, nachgesprochen von vielen in anderen Ländern, die ihr Land ebenfalls first , hat Konrad Paul Liessmann nicht unrichtig beschrieben,

es ist eine Wirklichkeit, die es nicht gibt, aber gesinnungsgemäß auf Sprache erritten werden will …

Recht zum Einsatz kommen auch standardisierte Formulierungen, mit denen eine Wirklichkeit geschafft werden soll, die es nicht gibt, wie, sie seien gegen ihn — von ihm nicht als generisches, sondern als natürliches Maskulinum verwendet –, weil er für … und, auch immer wieder das Herbeireden einer Wirklichkeit, die es nicht gibt: „Einfach ehrlich“ —

Lauter lügen, ein ganzes Buch; es wurde jetzt immer von einem Buch gesprochen, aber es sind Zeitungsartikel, nur Zeitungsartikel, bloße Zeitungsartikel zu einem Buch gebunden. Das ist nichts Ungewöhnliches, Zeitungsartikel zu binden, das wird wohl jede Redaktion auch heute noch machen, ihre Artikel binden, zwischen zwei Deckeln, für den Archivkeller … Zeitungsartikel, nach dem Motto, das ein Schriftsteller einst als Buchtitel nahm: „Was der Tag mir zuträgt“, im Dialekt gesprochen: „Was der Dag …“

Er sei, ist auf dem Schutzumschlag zu lesen, „ein großer Philosoph unserer Zeit, ein Universalgelehrter, der wahnsinnig informativ …“

PS Die in Schutzpapier eingewickelten Zeitungsartikel wurden in einem Waggon auf der Reise von Wien nach Villach von einer Reisenden vergessen; das wurde aber zu spät bemerkt, um sie, die in Wöllersdorf ausstieg, noch darauf aufmerksam machen zu können, sie habe vergessen, ihre Lektüre wie ihre Heute und ihre Jause wieder in ihren Rucksack zu packen. Es wird wohl auch so etwas wie ein freudsches Vergessen geben, aber es ist müßig, spekulieren zu wollen, weshalb sie lauter lügen vergessen …