Direktor Meyer auf der Probebühne

„Günter Kaindlstorfer: „Das regt mich wirklich auf?“

Robert Meyer: „Die derzeitige europäische Politik. Die Art und Weise, wie man mit Fremden umgeht. Der schreckliche Rechtsruck, nicht nur in Österreich, überall leider in Europa und, wie wir jetzt in Brasilien gesehen haben, selbst dort.“

Im Oktober 18, auf der Probebühne der Volksoper, in der in wenigen Tagen „Der Zigeunerbaron“ zur Aufführung gelangen wird, und nachher, in der Premierenfeier, was für wunderbare Gespräche es geben wird, getragen von den zwei Hauptwörtern der Stellungnahme der Direktion Meyer: „Aufklärung und Humanismus“ …

Eine Premierenfeier, in der vielleicht das eine oder andere Mal darauf angestoßen werden wird, daß in Österreich der „schreckliche Rechtsruck“ jetzt vorüber sei, mit den Grünen in der Bundesregierung, unter einem Bundeskanzler …

… „die Art und Weise, wie man mit Fremden umgeht.“ Das regte Robert Meyer auf, der gerne Gedichte von Brecht lese, für den Homo faber von Frisch der beste Roman aller Zeiten sei, und der weitermachen will, als Direktor der Volksoper zu Wien in Österreich …

Wie anders hingegen der Umgang in der Volksoper unter Meyer mit Menschen, die für viele nach wie vor „Fremde“ zu sein haben, etwa für den Innenminister, der auf den Beistand des Bundeskanzlers sich verlassen kann, in der Volksoper sind sie in „besten, höchst umsichtigen Händen“

„Der schreckliche Rechtsruck.“ Das regte Robert Meyer auf. Als ob es in Österreich je eines „schrecklichen Rechtsrucks“ bedurft hätte. Nun, welch ein Glück, ist es mit diesem Ruck vorbei. Die Grünen sind in der Bundesregierung, unter einem Bundeskanzler, angetreten, den Kompaß der Rechtssprechung zu polen …

Es hat schrecklich geruckelt, nun aber kein Ruck mehr, nur mehr ein einwandfreier, gemütlicher ruhiger Flug mit dem Österreich, dessen von Frivolität wieder gereinigter Treibstoff nur noch Aufklärung, Humanismus, Bildungbürgerinnentum …

Wunderbar wird es nun wieder sein, in diesem Österreich, mit dem wieder alle zur Premiere fliegen werden, am Letzten dieses Monats 20, wie einst – lang oder kurz vor dem „schrecklichen Rechtsruck“ – nach Mörbisch in das Land des Lächelns …

Robert Meyer, der immer irgendein Buch in Hirnarbeit habe, wird den berühmten Ruf „Nach Moskau!“ kennen. In Österreich lautet dieser Ruf, und jetzt nach dem „schrecklichen Rechtsruck“ wohl wieder so laut wie zuvor, von den sogenannten Hohen und Höchsten in diesem Staate, von der sogenannten Staatsspitze je nach Standplatz abwärts oder aufwärts: „Nach Mörbisch!“

Österreich hat also diesen „schrecklichen Rechtsruck“ überstanden. Er kam in diese Turbulenzen, ganz ohne eigenes Zutun. Er flog nur, wie stets, seine gemütliche österreichische Route, als plötzlich ganz unversehen, ganz unverschuldet es recht heftig in ihm zu ruckeln begann. Aber tapfer schnallten sich wieder alle an, wieder brachten sich und alles in Sicherheit, harrten wieder aus, wußten wieder mit Zuversicht, es wird vorübergehen, alles geht einmal vorüber, und es wird wieder die geliebte unvulgarisierte Zeit kommen, in der weitergemacht werden kann, wie zuvor, in der Österreich wieder von den besten, höchst umsichtigen Händen gelenkt werden wird …