Werbung wirkt, auf die zurück, die sie beauftragen.

„Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft: Gemein-
sam nach vorne schauen.“

Das ist die Werbung der türkis getupften christschwarzen Partei, die in diesem Juli ’21 in den Gassen Österreichs …

Werbung wirkt, auf die zurück, die sie beauftragen.

„Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei. Für jeden, der nicht geimpft ist, ist das Virus ein massives Problem“, warnte der Kanzler im Gespräch mit österreichischen Journalisten.

Das sagt Sebastian Kurz als Bundeskanzler, in diesem Juli ’21. Er muß als Spaziergänger wohl an der oben zitierten Werbung wie von der Tarantel gestochen beeindruckt von dieser Botschaft, die auf ihn sofort gewirkt haben muß, wie sonst, um einen Vergleich heranzuziehen, nur Marienerscheinungen auf Menschen wirken.

Die Pandemie gemeistert, ist vorbei.

Glücklich jene, die noch keinen Menschen mit zweifacher Impfung kennen, für die das Virus massives Problem ist, trotz ihrer, wie es so segensreich heißt, Vollimmunisierung.

Bundeskanzler Kurz (ÖVP) erklärt das Coronavirus zu einem medizinischen Problem des Einzelnen und nicht mehr der Gesellschaft. Eigenverantwortung sei nun gefragt. Wir sind eine liberale Demokratie. Es gibt das Recht, rechtskonform unvernünftig zu handeln. Man kann am Tag zehn Schnitzel essen oder mit 140 Kilo die Felswand hinaufklettern, ohne dass der Staat unten steht und das Seil sichert.

Das erklärt der Spaziergänger, wohl noch ganz in der Wirkung der Gassenbotschaft, im Juli ’21. Die Gassenwerbung wirkt aber nur auf jene, die sie selbst beauftragen.

Nun kommt der Spaziergänger auf die Eigenverantwortung. Genauso wie ein Schuster, der die Reparatur von einem Haflinger-Stiefel verschustert hat, dann zu einer Kundin sagt, sie solle halt selber den Stiefel reparieren. Das ist den Menschen auch zuzutrauen, daß sie die Pandemie, die auch für Vollimmunisierte nicht vorbei ist, in Eigenverantwortung meistern, es nicht verschustern wie …

Wer dem Spaziergänger nach dem Vermeistern wohl den Schummelzettel „Wir sind eine liberale Demokratie“ zugesteckt hat? Ein Theoretiker, eine Philosophin der Demokratie kann es nicht gewesen sein. Das Schnitzelbeispiel hätte kein Verfassungsjurist, keine Staatsrechtlerin zur Erklärung der liberalen Demokratie gewählt. Auch in einer illiberalen Demokratie gibt es das Recht, rechtskonform zehn Schnitzel am Tag – sieht nicht gerade der vom Spaziergänger gelobte Calvinist aus, als würde er in der Felswand am Tag zehn …

Wenn von Beginn an es als das behandelt worden wäre – statt als Schusterin zu vermeistern –, was es ist, nämlich ein medizinisches Problem, und danach auch gehandelt worden wäre im absoluten Einklang mit dem breiten Wissen auf der Höhe der Zeit über das Wesen einer liberalen Demokratie, wäre die Pandemie in diesem zweiten Corona-Sommer eine gemeisterte gewesen. Und beispielsweise Giorgio Agamben hätte „An welchem Punkt stehen wir? – Die Epidemie als Politik“ gar nicht schreiben müssen, oder anders, nämlich als eine anerkennende Analyse einer funktionierenden liberalen Demokratie, einer freien Gesellschaft

„Die Krise bekämpft: Gemein…“

Das ist der zweite Teil des Marienorakels.

Nach der Pandemie Kanzler Kurz jubelt über wirtschaftliche Erholung. Zu Recht? Sebastian Kurz lobt das Krisenmanagement der Regierung, Wirtschaftsleistung und Beschäftigung hätten das Vorkrisenniveau erreicht. Die Aussagen des Kanzlers auf dem Prüfstand

Auch diese Gassenbotschaft verfehlt nicht ihre Wirkung auf den Spaziergänger. Und es ist sogar eine wahre Botschaft: „Bekämpft“.

Ja, die Krise bekämpft, das ist wahr, so bekämpft wie die italienische Fußballmannschaft von der österreichischen Fußballmannschaft …

Sieg!, wird immer noch gejubelt, in Österreich – der Sieg der Niederlage.