Kaum ging es recht los, mit dem Coronavirus, war es schon besiegelt, wie die Menschen sich zu verhalten haben werden, ihnen verordnet.
Kaum war es losgegangen, mit dem Coronavirus, wurde schon das Eis der Zivilisation aufgeschlagen, dazu brauchte es keinen Eispickel, keine Axt, ein Kindereisschaber reichte dazu vollkommen.
Regierungen verfielen dem Rausch des Befehlens, um eine Regierung eines Landes dafür beispielhaft zu nennen, die des Staates Österreich. Wie seltsam das anmutet, in einem Land, in dem ständig von Demokratie geredet wird, und kaum gibt es ein medizinisches Problem, fällt der Regierung nichts anderes ein, als augenblicklich mit Dekreten, mit Strafen, mit einschneidenden Beschränkungen zu reagieren, zu befehligen, als wären alle Menschen in diesem Land auf sie vereidigt, darauf vereidigt, ihr blindlings stumm zu folgen.
Wenn das medizinische Problem bisher, das seit den Iden des März recht losging, mit dem Coronavirus, etwas zeigt, so deutlich und so kenntlich und nie mehr übersehbar, dann dies, es braucht nicht einmal einen Kindereiskratzer, um das Eis der Zivilisation wegzuschaben, es reicht der kleine Nagel des kleinen Fingers eines Vorschulkindes vollkommen.
Aber es ist nicht die Regierung allein, die meint, mit dem Verdonnern zum absoluten Gehorsam, mit dem Befehl zum totalen Gleichschritt ein medizinisches Problem lösen zu können, während es andere Wege gäbe, ein medizinisches Problem zu lösen, gäbe es Demokratie und Zivilisation tatsächlich in diesem vollen Ausmaß, wie auch von dieser Regierung behauptet und spätestens jetzt, seit es losging, mit dem Coronavirus, permanent selbst widerlegt, durch ihr reflexartiges Heranziehen von Mitteln, die für den Zweck, ein medizinisches Problem zu lösen, je länger dieses medizinische Problem dauert, ungenügend sind, ständig von ihr selbst widerlegt wird, durch ihren reflexartigen Einsatz von Mitteln, die einer demokratischen Zivilisation absolut nicht entsprechen; es ist nicht die Regierung allein, die sich dem Rausch des Befehlens hingibt, sondern auch zu viele, die ihren Befehlen folgen, als wären sie auf sie vereidigt, als hätten sie ihr den Schwur absoluten Gehorsams geleistet und gleich Vorzugsschulkindern leisten sie darüber hinaus mehr noch als ihnen befohlen, durch freiwillige Aktivitäten, die der Befehlshaberin Regierung dienlich, nützlich zum Einhalten der Regierungsdekrete und Ruhighalten der Menschen. Dafür wird alles in die Schlacht geworfen, was je nur in die Schlacht geworfen werden kann, unbrauchbar zwar zum Lösen eines medizinischen Problems, aber hochwillkommen als Schalmeienmarschtakte, Menschen leichter in den Gleichschritt zu bringen, auch die Literatur wird dafür in die Schlacht geworfen. Kaum ging es mit dem Coronavirus los, wurde sogleich prominent „Das Dekameron“ in Stellung gebracht, mit dessen Botschaft, sich zurückzuziehen, zu warten, die Zeit regierungsergeben sich zu vertreiben, mit erzählten Geschichten brav sich still zu beschäftigen, ruhig zu bleiben, das verordnete Schicksal dankbar hinzunehmen, sich nicht zu erheben, die „eigenen vier Wände“ nicht zu verlassen, nicht einmal an ein Aufbegehren zu denken zu wagen, zu vergessen, je etwas von demokratischer Zivilisation gehört zu haben, und zurückzukehren, geordnet, wenn es denn wieder erlaubt wird …
Und es gibt noch ein „Dekameron“. „Die Lügen der Nacht“. Von Gesualdo Bufalino.
„Einmal habe ich, sagte Frater Cirillo, „ein Buch aus den Flammen gerettet, im Schlooß Torrearsa. Ein Buch mit wollüstigen Geschichten, aber im Grunde voller Angst, es hieß Das Dekameron …“
In diesem Dekameron von Gesualdo Bufalino erzählen sich ebenfalls Menschen Geschichten. Sie haben sich nicht freiwillig in die „eigenen vier Wände“ zurückgezogen, der Macht ergeben, sondern sie sind in eine Zelle geworfen, in der sie ihre letzten Stunden mit dem Erzählen von Geschichten zubringen, sie sind in eine Zelle geworfen, weil sie zuvor handelten, für ihre und alle, in keiner Zeit ein zu großes Wort: Freiheit — —
Mit Blick auf die Zeit seit den Iden des März ’20, als es recht losging, mit dem Coronavirus, und mit dem Blick voraus, auf die noch kommende Zeit im Umgang mit diesem medizinisch zu behandelnden und zu lösenden Problem, bleibt nur noch aus den „Lügen der Nacht“ zu zitieren, das damals wie heute, besonders im Angesicht dieses medizinischen Problems, kein zu großes Wort: gültig —
Daraus erwächst mir das Bewußtsein, die vier haben mich nicht nur hintergangen, sondern auch verhöhnt, indem sie mir in allen ihren Geschichten Scharaden und hinterlistige Chiffren vorgaukelten, die alle den ewigen Refrain von Sein und Schein anstimmten, von dem ewigen Maskenball auf Erden, der sich immerwährend dreht und auf dem wir alle tanzen …
NS Dieses medizinische Problem, auch dieses fördert unweigerlich und unentwegt und abertausendfach das Unleidige zutage, was, so beliebt und allgemein, „Verschwörungstheorie“ genannt wird, das das Helle des Tages der Demokratie schwärzt zur Nacht der Zivilisation.
Nur Lügen, und nichts weiter. Nichts sonst, als Lügen.

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