Aber wer sich der Gegenwart nicht stellt, wiederholt die Geschichte.

Wolfgang Sobotka, Nationalratspräsident, wird mit dem recht guten Gefühl Lackenbach verlassen haben, seine Pflicht, seine Gedenkpflicht erfüllt zu haben, fortan wird niemand ihm und seiner zurzeitigen Regierung vorwerfen können, auf die Menschen zu vergessen, die einst …

Bewegt – wie kann auch anders eine Gedenkrede gehalten werden, als bewegt? –, sprach er, der Nationalratspräsident, davon, wie darüber berichtet wird:

Das offizielle Österreich habe sich nach dem Zweiten Weltkrieg lange schwer getan mit der leidvollen Geschichte der Roma und Sinti, meinte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). „Das Leidvolle daran ist, dass sich die Österreicher ja lange Zeit mit ihrer Geschichte sehr schwer getan haben. Aber wer sich seiner Geschichte nicht stellt, den stellt irgendwann die Geschichte“, sagte Sobotka.

Sich bewegt zu zeigen, das sind die einzigen Kosten, die Gedenken verursachen. Sonst fallen beim Gedenken keine Kosten an.

Und der gegenwärtige Landeshauptmann wird zitiert mit einem ebenfalls bemerkenswerten Satz:

Auch im Burgenland wurde das dunkelste Kapitel der Geschichte lange ausgeblendet sagt Landeshauptmannn Hans Niessl (SPÖ).

„Ausgeblendet.“ Das Ausblenden kennzeichnet Gedenkveranstaltungen wohl am deutlichsten. Ausgeblendet wird beim Gedenken stets die Gegenwart. Und so ist der Satz von dem Nationalratspräsidenten über die Geschichte ein falscher Satz. Richtig lautet der sobotkaische Satz

„Aber wer sich seiner Geschichte nicht stellt, den stellt irgendwann die Geschichte.“

daher:

Aber wer sich der Gegenwart nicht stellt, wiederholt die Geschichte.

Gedenken an ermordete Sinti und Roma - Lackenbach - November 18

Wie bei keinem anderen gegenwärtigen Umgang trifft dieser Satz beim gegenwärtigen Umgang mit den Menschen zu, die im gegenwärtigen Europa Diffamierungen, Benachteiligungen, Verfolgungen, Pogromen und Morden …

Es wird im gegenwärtigen Umgang mit diesen Menschen, vor allem im Umgang mit diesen Menschen Geschichte wiederholt.

Ein Vorreiter der Geschichtswiederholung ist ein Innenminister, der ein Herzenskamerad der Regierungspartnerin der Partei des Nationalratspräsidenten ist.

Und die Frage, die dieser Innenminister geklärt haben will, beschäftigt auch eine Partei, die der Regierungspartnerin der Partei des Nationalratspräsidenten in einer Herzensgesinnungsgemeinschaft nahe …

Wer sich nicht der Gegenwart stellt wiederholt die Geschichte

Das sind also, kurz zusammengefaßt, gegenwärtige Parteien, die sich der Gegenwart nicht stellen wollen, weil sie aus der Geschichte nicht herauswollen, weil sie aus der Geschichte nicht herauskönnen, weil sie, im schlimmsten Fall, Geschichte auf die barbarischste Art und Weise wiederholen wollen.

Der Satz, wer der Gegenwart sich nicht stellt, wiederholt die Geschichte, kann auch erweitert werden. Wer der Gegenwart sich nur opportun stellt, stellt sich der Gegenwart nicht. Und das trifft auf den gegenwärtigen Nationalratspräsidenten zu, der aus regierungstechnischen Erfordernissen ach gar plötzlich für die Umbenennung eines Preises …

Hierzu reicht der Hinweis, daß die gesinnungsgemäß zensurierte Website der Regierungspartnerin der Partei des Nationalratspräsidenten wieder einmal, nicht irgendwann in der Vergangenheit, sondern am 18.11.18 gegen George Soros … und welchen Begriff dieser Name in diesen Gesinnungsbünden abgelöst hat, das muß kein weiteres Mal ausgeführt werden …

Wer der Gegenwart sich nur opportun stellt, stellt sich nicht der Gegenwart. Wer der Gegenwart sich nicht stellt, wiederholt die Geschichte.

Mit dieser kurzen Zusammenfassung könnte dieses Kapitel enden. Aber es gibt doch eines noch, das besonders zu erwähnen ist, und das ist das Talent im Burgenland für Inschriften für Menschen, denen der Nationalratspräsident nun bestimmt mit bewegter Anteilnahme und vielleicht sogar mit belegter Stimme gedachte.

Von einer Inschrift wurde erst vor kurzem erzählt, von einer Inschrift auf einer Tafel, die nicht irgendwann in der Vergangenheit aufgestellt wurde, sondern in diesem Herbst. In Kemeten.

Die Inschrift in Lackenbach, vor der nun der Nationalratspräsident stand, bestätigt nur ein weiteres Mal das Talent in diesem Land, besondere Inschriften verfassen zu können.

„Sie mussten leiden und sterben nur weil sie anders waren
Hier stand in der Zeit von 1940 – 1945
das von den Nationalsozialisten errichtete ‚Zigeunerlager‘

Hier starben Hunderte unter Qualen und Entbehrungen
Von hier aus wurden einige Tausend ‚Zigeuner‘ in Vernichtungslager deportiert
Gewidmet vom Land Burgenland“

Wie tief empfunden. „Sie mussten leiden und sterben, nur weil sie anders waren.“ Wer kann das nicht von sich sagen, wohl ein jeder Mensch, der lebt: leiden und sterben zu müssen. Und empfindet nicht ein jeder Mensch, daß er anders ist, seine Mitmenschen anders als er sind.

Diesen Menschen wurde aber das größte Leid, das gedacht werden kann, zugefügt, diese Menschen aber wurden ermordet, nicht weil sie anders waren, sondern weil sie waren.

Und es wäre ein Ausblenden der Gegenwart, diesen Satz in der Vergangenheit zu belassen.

Diesen Menschen wird Leid zugefügt, diese Menschen werden ermordet, nicht weil sie anders sind, sondern weil sie sind.

Das Land Burgenland, das diese Inschrift widmete, wird es sich wohl hoch anrechnen, diese Inschrift bei einer talentierten Verfasserin in Auftrag gegeben zu haben. Was für ein talentierter Einsatz der Anführungszeichen: „Zigeunerlager“ … „Zigeuner“ … ob es für „Zigeuner“ noch andere Namen gibt?

Das macht einen talentierten Mahnmalschreiber aus. Eine Inschrift verfassen zu können, vor der bewegt und mit ernster Stimme gedacht werden kann, und die zugleich eine tiefe Verbeugung vor dem weltberühmten Landeshauptmann …

Nicht nur das Burgenland ist reich mit Inschrifttalenten gesegnet, das ganze Land ist es, wie eben erst wieder bewiesen, mit der Tafel auf der Melker Festung …

Wer sich der Gegenwart nur opportun stellt, stellt sich der Gegenwart nicht

 

Stets bäuchlings, geschrieben in Österreich – Trilogie der Schmutzromane mit Epilogen und Appendix

Der dritte Roman stellte gar keine Fragen mehr. Befreit von allem. Auch davon, einen Klappentext noch zur Gänze eigens verfassen zu müssen. Denn. Dieser Roman nimmt sich, was er für seinen Klappentext zu benötigen meint, einfach aus dem von Demur,

Demur - Ein Schmutzroman - Bernhard Kraut - 2015

dem zweiten Schmutzroman, dessen Klappentext sich so ganz nebenher noch eine Korrektur gefallen lassen muß. Ist in diesem die Rede davon, der dritte und letzte Schmutzroman wird „Österreich“ heißen, ist nun sein Titel „Prono ever, geschrieben in Österreich“.

Prono ever geschrieben in Österreich - Roman - Bernhard Kraut

Ein genauerer – muß zugestanden werden – und passenderer und somit der einzig richtige Titel, auch deshalb, weil dieser ihn weder als einen positiven noch negativen Heimatroman ausweist. Denn. Stets bäuchlings ist trotz der in Österreich bevorzugten Körperstellung keine spezifisch österreichische Haltung und schon gar nicht eine ureigene österreichische Schöpfung, die einen Titel Österreich je rechtfertigte … das könnte bloß von einem Menschen geschrieben werden, der beispielsweise diesem Land in Liebe oder Haß oder in Haß und Liebe … Weder patriotischen noch nicht-patriotischen Menschen kann und wird dieser Roman je in irgendeiner Form …. Geschrieben in Österreich, das trifft es exakt.

Eine zweite Korrektur muß sich Demur gefallen lassen. Wirklichkeit wird durch Gegenwart ersetzt. Das trifft es auch genauer. Denn. Geschrieben von und vor allem, mehr, ausschließlich für die Gegenwart, und nicht für die Geschichte … Es ist tröstlich, eine zweite Niederlage und die Beschämung je nicht mehr erleben zu müssen, Material für die Aufarbeitung der … Von der Gegenwart irgendwo in der Welt aufgestellt, auf einem Flecken, der allein schon im Erdenzeitenlauf für eine lächerlich kurze und im Multiversum in nicht einmal meßbarer Zeit Österreich heißt, willkürlich, zufällig, bedeutungslos. Kein Zorn deshalb gegen die Gegenwart. Keine Dankbarkeit deshalb gegen die Gegenwart. Es ist ohne Belang. Es kann geblieben werden, wo auch immer, es kann weggegangen werden, von wo auch immer und wohin auch immer – es ist einerlei. Deshalb damit je zu hadern … das ist immer ein Grund, in der Sekunde das Leben aufzugeben.

Im Gegensatz zu Demur hat Stets bäuchlings, geschrieben in Österreich auch nichts mehr übrig für Veröffentlichungskonventionen, für Traditionen des Publizierens. Der dritte Schmutzroman verzichtet soher auch auf ein Titelblatt, und ebenfalls auf den Klappentext – die Gegenwart hat keine Vorderseite und keine Rückseite, keinen Schutzumschlag, sie schlägt als Wirklichkeit …

Es wird hier von einem zweiten und einem dritten Schmutzroman geschrieben. Dann muß, darf zurecht angenommen werden, es doch auch einen ersten Schmutzroman gegeben haben. Ja, den gibt es. Es ist „Gefangen, auch im Erinnern“.

Gefangen auch im Erinnern - Schmutzroman

Die erste Auflage war, wie zu erinnern ist, noch keine Schmutzausgabe – ganz traditonell und konventionell von einem Verlag herausgebracht und brav mit einer hehren Idee präsentiert im österreichischen Parlament … Die Fortschreibung aber dieses Romans, wie gelesen werden kann, ist bereits auf dem Weg zum Schmutzroman, nicht nur von seinem Inhalt her, sondern auch von seiner Nichtgestaltung, von dem Unwillen, für eine zweite und also erweiterte Auflage einen Verlag je noch …

So fügen sich nun diese drei Romane in der Auflösung zu einer Trilogie der Schmutzromane … Die Gegenwart stieg also noch einmal ein, zum dritten Mal, mit ihren Menschen, die aus dieser Gegenwart gekannt werden, die sie zu den Figuren ihres Romans machte. Die Gegenwart stieg auch wieder aus, zum dritten Mal. Es wird der Gegenwart aber kein vierter Einstieg mehr … Genug von dem Diktat der Gegenwart.

Es sind noch Romane diesseits der, auch dieser Gegenwart zu schreiben, vor allem der für Jahre unterbrochene Roman ohne einen, wie es traditionell und konventionell genannt wird, Inhalt, und in einer Sprache, die kein Mensch auf dieser Welt spricht, ist wieder hervorzuholen, zu einem Abschluß zu bringen – der erste wirkliche und begehbare Roman für alle Lebewesen … In 1155 Kapiteln Seiten erzählt die Gegenwart in Prono ever, written in Austria von einer Gegenwart, die naturgemäß, aber auch menschgemäß nicht die einzige ist, die es gibt, mit diesen ihren Menschen. Soher die angemessenste Form, einen Zeitroman noch zu schreiben, also nichts mehr zu konstruieren, nichts mehr zu erfinden, nichts mehr sich auszudenken, um etwas über die Gegenwart noch zu sagen, sondern es der Gegenwart zu überlassen.

Prono ever, geschrieben in Österreich war von seiner ersten Zeile an nie etwas anderes als ein Roman. Wenn auch fälschlicherweise angenommen wurde, es handle sich um einen „Blog“. Es wurde zwar die Technik verwendet, die üblicherweise für einen Blog verwendet wird, aber es wurde niemals daran gedacht, einen Blog zu schreiben, sondern immer nur daran, diesen Roman schreiben zu lassen. Wenn „Roman en carte postale“

Kraut Bernhard roman en carte postale

erschienen sein wird, mit dem dann endgültig die Technik, die sonst für Blogs verwendet wird, aus dem Haus geschafft sein wird, wird genauer verstanden werden können, weshalb diese Technik für diesen, aber nicht nur für diesen Roman ihren Reiz, mehr noch, ihre Notwendigkeit und Berechtigung hat. Zugleich muß noch geschrieben werden, daß Prono ever niemals, wie angenommen werden könnte, als Fortsetzungsroman gedacht war. Das hätte einer Zuversicht, aber auch eines Planes für Jahre bedurft. Das gibt es nicht. Die Zuversicht. Die Pläne. Die Jahre.

Das ist die Gegenwart. Und in dieser sind weitere, etwa die elende Gegenwart der Vorhaben, der zurückgestellten Werke, für deren Ausführungen noch Jahre oder Jahrzehnte veranschlagt werden, um beispielsweise vielleicht diesen noch, möglicherweise wenigstens noch diesen sprachlosen und inhaltslosen … Und was auch diesen Zeitroman zu einem Schmutzroman macht, ist menschgemäß zuerst die Gegenwart, die ihn schrieb, und dann auch die Technik, mit der seine 1155 Kapitel in ein Buch überführt wurden. Die Konvertierungsprogramme gehören ebenfalls zur Gegenwart und erzeugen durch die Fehler, wie sie durch die automatisierte Konvertierung passieren, ein weiteres Bild der Gegenwart. Von der Gestaltung her ist der Roman schmutzig, durch die automatisierte Konvertierung sind zahlreiche Fehler in den Roman gekommen, die es davor nicht gab.

Freilich. Alles hätte händisch bereinigt werden können. Die Fehler hätten händisch korrigiert werden können. Der Roman hätte händisch ansehnlich gestaltet werden können. Aber damit wäre bloß die schmutzige Gegenwart beschönigt und also verfälscht worden.

Es wurde eine ISBN-Nummer – 978-7375-3650-9 – angefordert, um unter dieser Prono ever, written in Austria für immer auffindbar und bestellbar zu machen … Das allerdings wäre absurd, die Gegenwart läßt sich unter keiner Nummer finden und bestellen. Mit einer Veröffentlichung von Stets bäuchlings als sogenanntes E-Book unter dieser Nummer bei diesem Unternehmen, bei dem die ISBN-Nummer erworben wurde, hätte wohl mit der Zeit Geld eingenommen werden können. Aber mit dieser Gegenwart, wie sie sich in Prono ever zeigt, will kein Geld verdient werden. Es ist eine Gegenwart, die nicht zu bestellen, sondern abzubestellen ist, und das geht nicht über eine Nummer, sondern …

Aber um etwas abbestellen zu können, ist es auch notwendig, es zu kennen, sich also in diese schmutzige Gegenwart zu begeben … Aus diesem Grunde ist es hier veröffentlicht – als Einstieg zum Ausstieg:

Trilogie der Schmutzromane

Gefangen, auch im Erinnern

Demur

Prono ever, written in AustriaProno ever written in Austria Epilogues - BK

Epiloge – Stets bäuchlings, geschrieben in Österreich

Appendix

Satzbuch der Tage des Herrn Underberg

Tagebuch Underberg - Unterberger AndreasEs hat nicht alles aus dieser Gegenwart Aufnahme gefunden. So fand ein langes Kapitel dieser Gegenwart der Diktate zu Aussagen von und zu einem Journalisten, der in Österreich einen gewissen Ruf hat, auch den, ein (ja sogar ein großer) Journalist zu sein, keinen Eingang … Auch deshalb, darf vermutet werden, weil dieses von den Schmutzromanen ohnehin durchgeschleust worden wäre – direkt zum Ausgang …

Trilogie der Schmutzromane mit Epilogen und Appendix