Es wird mit Hinweis auf das Gesetz gemäkelt, Norbert Hofer maße sich widerrechtlich an, auf Wahlplakaten bereits zum Bundespräsidenten sich zu erheben.
Wesentlicher aber ist nicht die gesetzliche Frage, sondern – und dennoch wurde kein Gedanke darauf verschwendet – was will die FPÖ und Norbert Hofer damit aussagen.
Wenn vom freiheitlichen Traum eines elitären Reiches des teuren Philosophen aus dieser Gemein-Schaft ausgegangen wird, die derzeitige Demokratie also in eine meritokratische Aristokratie der Verdienstvollen überführen zu wollen, offenbart sich die Aussage dieses Plakates gänzlich.
Norbert Hofer wurde von Verdienstvollen ausgewählt. Norbert Hofer sieht sich selbst als einen Mann der vollen Verdienste. Somit wurde die Wahl in dieser Gemein-Schaft bereits lange vor dem 24. April und dem 22. Mai 2016 verdienstvoll durchgeführt, ganz nach dem Leitspruch, der nun auf einem Plakat für Norbert Hofer steht: „Das Recht geht vom Volk aus“. Darunter steht: „Ein neues Amtsverständnis“ und „Norbert Hofer“ – „Bundespräsident“.
Korrekt allerdings wäre es nach diesem freiheitlichen Traum eines elitären Reiches zu plakatieren:
Ein neues Ohne-
wahlrecht
Das Recht geht von Verdien-
streichen aus
Norbert Hofer
Bundespräsident
Auch wenn diese Gemein-Schaft fühlt, das Volk zu sein, von dem das Recht ausgeht, und sie ihren Bundespräsidenten bereits ausgewählt hat, so daß für sie am 22. Mai 2016 keine Wahl mehr stattfinden muß, bleibt es ihr momentan noch nicht erspart, sich mit dem ihrem Traumreich widerspenstigen realen demokratierechtlichen Gegebenheiten herumzuschlagen und so zu tun, als gäbe es neben ihr als Volk noch ein Volk, sogar eines, das wählen darf, das jetzt sogar noch am 22. Mai 2016 wählen darf zwischen zwei Menschen, obgleich sie, das verdienstreiche Volk, bereits ihren verdienstreichen Hofer zum Bundespräsidenten auswählte, bleibt es ihr also noch nicht erspart, so zu tun, als spräche sie dem verdienstlosen Volk irgend ein Recht auf irgend eine Wahl zu, und so muß die FPÖ unzensuriert am 12. Mai 2016 schreiben:
„‚Das Volk hat immer recht‘ scheint nicht immer zu gelten
Da hat sie wohl so manchem Grünen, Roten und Schwarzen aus der Seele gesprochen. Denn solange ‚richtig‘ gewählt wurde, also SPÖ, ÖVP und die Grünen als Beiwagerl, überschlugen sich die Parteienvertreter förmlich mit dem Standardsatz: ‚Das Volk hat immer recht.‘ Nicht nur das: Wählen schon mit 16 war für alle ein wichtiger Schritt in der Demokratie. Und jetzt: Wählen soll nur dürfen, wer die Prüfung zur ‚Wahlreife‘ besteht?
Undemokratisch, wenn es um die eigene Haut geht
Wie lächerlich ist denn das? Was sollte da geprüft werden? Wer erstellt die ‚Reife‘-Kriterien? Wer prüft? Vielleicht ein gänzlich ‚Unabhängiger‘ wie VdB? Gibt jemand an, die FPÖ zu wählen, fliegt er dann durch? Macht jemand das Kreuz bei der SPÖ, ist dann die Wahlreife gegeben? Jetzt, wo sich die Mehrheitsverhältnisse und damit auch die Machtverhältnisse verändern, kommen Leute anscheinend auf die skurrilsten Ideen, wie man das vielleicht noch verhindern könnte. Vorgebliche Demokraten können ganz schön undemokratisch sein, wenn es um die eigene Haut geht.“
Das also verstehen Verdienstreicher unter rechter Demokratie. Für sie ist es zu verurteilen, sind andere zu maßregeln, die es sich anmaßen, etwa über das Wahlrecht nachzudenken, obgleich sie allein als verdienstreiches Volk das Recht haben, das Recht ausgehen zu lassen.
Übrigens, der Begriff der Meritokratie im freiheitlichen Traum eines elitären Reiches geht auf Michael Young zurück, der eine Satire schrieb, die Meritokratie als Negativ-Utopie beschrieb. Die Grundlagen freiheitlicher Träume sind also die Satire und das Negative. Wem fällt da nicht gleich das Sprichwort ein von dem Schlechten, aus dem nie etwas …
Übrigens, der nach dem freiheitlichen Traum bereits ausgewählte Bundespräsident und der den Freiheitlichen teure Philosoph eint wohl nicht nur die Liebe zum Trachtenaufmarsch in Prunkräumen, sondern auch die Diagnose über Antifaschismus und Faschismus, wobei der Freiheitlichen teure Philosoph für seine Diagnose auch Horst Wessel heranzieht, während der nach dem freiheitlichen Traum bereits ausgewählte Bundespräsident lediglich auf Ignazio Silone verweist, allerdings ohne François Bondy zu erwähnen.
Abschließend kann also zusammengefaßt geschrieben werden. Am 22. Mai 2016 wird eine Wahl abgehalten, in der es so leicht wie noch nie sein wird, sich zu entscheiden. Denn. Das eine verdienstreiche Volk hat bereits seinen Verdienstreichen gewählt und daher braucht dieser keine einzige Stimme mehr. Dieses Volk hat sich ihr Rechte … Und das andere Volk, das mit Verdiensten nicht so reich versorgt ist, kann seine Stimme für die demokratische Tradition abgeben, die vor allem u.v.a.m. die Errungenschaft eines bedingungslosen Wahlrechts für alle auszeichnet.
Pingback: Norbert Hofer, Bundespräsident der „primitiven Hetze“ | Prono ever
Pingback: Ein Aphorismus: Caspart, Glavinic, Fleischhacker, Servus. | Prono ever
Pingback: Wahlen, Abstimmungen, FPÖ und direkte Demokratie – Ab wann die Schweiz kein identitäres Vorbild mehr ist | Prono ever
Pingback: Das etablierte Elitensystem stellt sich freundlich vor: Hofer. Gerwald FPÖ Hofer. | Prono ever