Jetzt noch d‘ Kerzn, dann sans Waach!

Von den ersten zwei Reden in Zeiten von Corona I wurde schon erzählt.

Das sind die Reden vom „Wiederaufbau“ …

Die dritte Rede soll in Erinnerung an den Dreiteiler „Mutig in die neuen Zeiten“ nun dem dritten Kapitel über die Reden in Zeiten von Corona I Inhalt sein. Drei Kapitel, deren Haupttitel „Mutig in die neuen Zeiten“ …

Das Kapitel über die zweite Rede hätte bereits genannt werden können: „Im Reich der Reblaus“ …

Über die dritte Rede, ein paar Tage später ebenfalls gehalten vom Büronachbarn am Ballhausplatz, am 8. Mai ’20, könnte in einem Kapitel unter der Überschrift „Alexander Van der Bellen kehrt heim“ oder „Und jetzt, Van der Bellen – jetzt noch d‘ Kerzen, dann sans Waach!“

Alexander Van der Bellen kehrt heim – in die christschwarze Partei, deren Wähler er einst war, und er findet sich in einer Zeit wieder, als es wohl tatsächlich notwendig war, zu appellieren, „an dieses Österreich zu glauben“ …

„Gerade in Zeiten so großer Herausforderungen ist es wichtig, an unser Österreich zu glauben.“

Denn. Es reicht ein Blick in die Ergebnisse der Umfragen durch die Jahrzehnte über die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer höhere Akzeptanz Österreichs als Nation, über das absolute Bekenntnis der Zugehörigkeit, die über die absolute Anerkennung Österreichs als „Heimatland“, um sagen zu können, ein derartiger Appell ist so notwendig wie ein K…

Die „großen Herausforderungen“, nun, kaum größer als die Herausforderungen etwa nach der Finanzkrise mit seinem BIP-Rückgang von 3,8 Prozent in 2009, und nun, für 2020 die Prognose von einem BIP-Rückgang von 5,5 Prozent – eine Steigerung der „großen Herausforderungen“ um 1,7 Prozent … Und dennoch im Zentrum, so auch gestern wieder in der gleichnamigen Fernsehsendung, das schaurigwohlige Bild von der „größten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren“ … Was würde ein tatsächlicher Vergleich der 1930er Jahre mit den Zeiten von Corona I über die „großen Herausforderungen“ von 2020 aussagen? Würden für diesen Vergleich tatsächlich die konkreten Zahlen aus den 1930er Jahren in Österreich herangezogen werden: Die Arbeitslosigkeitsraten unter Berücksichtigung der „Ausgesteuerten“, die enormen Einbrüche bei den Exporten, der massive Niedergang der Industrieproduktion und so weiter und so weiter und so fort … Und das alles zusätzlich noch in äußert prekären politischen, gesellschaftspolitischen und weltanschaulichen Verhältnissen, die …

An welches „Österreich zu glauben“ also appelliert Alexander Van der Bellen? An dieses, das nun gar modern als „Team Österreich herausfordernd die Situation“ für sich …

„Waach“ gemacht müssen sie werden, für den Kraftakt der nun besonders geforderten „Solidarität“ – deren Lied auch Alexander Van der Bellen so herzerwärmend anstimmt …

„So sind wir.“ Und. „So sind wir nicht.“ Alexander Van der Bellen weiß einzuteilen.

Und. Wie es wirklich war, in den Zeiten von Corona I, wird in Jahren in Büchern zu lesen, vielleicht sogar in einer diesmal mit „So war es wirklich“ betitelten Fortsetzung … Bei dieser Rede von Alexander Van der Bellen und schon bei der Rede von seinem Büronachbarn fiel unweigerlich dieses Buch „Und keiner sang die ‚Reblaus‘. Die Wahrheit über Leopold Figl, Andreas Hofer und andere österreichische Mythen“ von Konrad Kramar und Georg Mayrhofer ein.

Alexander Van der Bellen mit seinem figlschen Appell und sein Büronachbar, für den Figl ein Vordenker …

„Die Geschichte von der Reblaus und dem österreichischen Staatsvertrag glaubt jeder über die berühmte Karikatur von E. H. Köhler mit der Bildunterschrift ‚Und jetzt, Raab – jetzt noch d‘ Reblaus, dann sans waach!‘ zu kennen. Diese Szene kann aber so gar nicht stattgefunden haben, ‚einfach aus dem Grund, dass an dem Abend, als die österreichische Delegation in Moskau den Staatsvertrag verhandelt hat, der arme alte und damals schon gesundheitlich schwer angeschlagene Außenminister Figl um 8 Uhr ins Bett gegangen ist, weil er wie üblich seine ziemlich hohe Dosis Alkohol bereits intus hatte und schlicht und einfach nicht mehr stehen konnte‘, erzählt Kramar und legt auch gleich die Quellen seines Wissens offen: ‚Sie finden das nicht nur in den Aufzeichnungen seines Widersachers, des SPÖ-Vizekanzlers Schärf, sie finden es in vielen Biografien über Figl – versteckt, ein bisschen unterspielt, aber es ist da. Figl ist am nächsten Tag in der Früh aufgestanden und hat gefragt: War irgendwas letzte Nacht?, und hat vom Schärf brühwarm serviert bekommen, ja, es war was, wir haben den Staatsvertrag ausverhandelt.‘

Im verklärten Blick auf die Vergangenheit wird alles besser, größer und heldenhafter. Um nationale Identität zu stiften, wird nur selten auf die trockenen Fakten der Geschichtsbücher verwiesen, viel öfter wird die Realität in anekdotischer Form serviert.“

Es wird schon fleißig gekocht, daß nach den servierten Gängen Unabhängigkeitserklärung, Staatsvertrag gleich der nächste Gang serviert werden kann: Corona I …

Dabei. Wie leicht es stets war und wie leicht es stets ist, den Strom abzudrehen, die Herdplatten kalt zu lassen, das Kochen von Mythensuppen einzustellen, davon erzählt auch das Buch von Konrad Kramar und Georg Mayrhofer …

„Um voreiliger Verehrung, etwa als ‚Aufdecker der Nation‘, entgegenzuwirken, geben sich Konrad Kramar und Georg Mayrhofer betont bescheiden. Den im Buch angeführten Wahrheiten haben sie keineswegs mühselig nachspüren müssen, sämtliche Quellen wären jederzeit und jedermann zugänglich, in den meisten Fällen sogar in erfolgreich publizierten Büchern nachzulesen. ‚Es will offensichtlich nur nicht wahrgenommen werden‘, so ihr Schlusswort.“

Es will offensichtlich nur nicht wahrgenommen werden …