Nicht nur Soldateska

Bundesheerbauer, wie sich Michael Bauer, Sprecher des österreichischen Verteidigungsministeriums selbst nennt, informiert am 1. Februar 2021, daß Johann Gaiswinkler von seiner Verteidigungsministerin suspendiert wurde. Aus der von dem Bundesheerbauer verlinkten Pressemitteilung ist der Grund zu erfahren:

Verteidigungsministerin Tanner: „Ich bin schockiert über die Äußerungen des Brigadekommandanten Gaiswinkler. Seine private Meinung sei ihm unbenommen und steht ihm auch zu. Ein Anstreifen mit nationalsozialistischem Gedankengut werde ich jedoch keinesfalls dulden. Ich habe daher unverzüglich nach Befassung der diesbezüglich relevanten Stellen, die vorläufige Dienstenthebung von seiner Tätigkeit als Brigadekommandant angeordnet.“

Wie streifte der Brigadekommandant am nationalsozialistischen Gedankengut an? Er trug ein Shirt mit einem Gedicht.

Er, Gaiswinkler, folgt damit bloß der Tradition des österreichischen Bundesheeres in seiner Liebe zu Blumen und zur Literatur, von der auch der Sprecher des österreichischen Verteidigungsministeriums, der Bundesheerbauer, erfüllt ist, wie er etwa durch seine „Serie #nichtnursoldat“ zum Ausdruck bringt.

Die Serie #nichtnursoldat ist nun zu Ende. Ich habe versucht, in 96 Porträts eine breite Palette von Malern, Komponisten, Wissenschaftern, Schriftstellern, Forschern und Musiker vorzustellen. Alle von ihnen waren auch Soldaten. #Bundesheer

„96 Porträts“, was für eine „breite Palette“: darauf recht viel Habsburg, recht viel Marschmusik, Operette, Rotlicht-Milieu und eben Literatur …

Bundesheerbauer porträtiert sie so, als wären sie die Ehrenwertesten, die es verdienen, ihrer zu treu zu erinnern, Menschen wohl auch dazu zu motivieren, sie wieder zu lesen, dabei vielleicht eine Operette von Lehár zu hören …

Franz Lehár ist einer von den 96.

Unvergessen will dem Bundesheerbauer auch Rudolf Hans Bartsch sein. Unvergessen zu machen, ist eine recht fordernde Aufgabe, ist doch zuerst alles vergessen zu machen, das diesem ehrenreichen Unvergessen zuwidersteht.

B. erschoss seinen des Nachts randalierenden Hausmeister und wurde in Untersuchungshaft genommen. Franz Karl Ginzkey bat Max Stebich, nun Geschäftsführer der RSK Wien, um Hilfe. Stebich kontaktierte Hanns Johst, der wiederum beim Gericht in Wels intervenierte. Ende Juli 1939 wurde B. freigelassen; hier bricht der Vorgang ab. Nach Kriegsende stand der 1915 veröffentlichte Roman Der Flieger auf einer Verbotsliste. Gemeinsam mit Max →Mell erhielt B. 1951 den erstmals vergebenen Peter-Rosegger-Preis des Landes Steiermark.

Auch Franz Karl Ginzkey ist einer der bundesheerbauerischen 96. Von gleicher Gesinnung wie Bartsch …

Ginzkey, Bartsch, als wäre der Herr Bundesheerbauer ein Redakteur der „Zur Zeit“ … Das kommt augenblicklich in den Sinn, nicht nur wegen Ginzkey und Bartsch.

Auch seine Erinnerung an einen Revolutionär, Messenhauser, von 1848, auf das Jahr die identitäre Parlamentspartei und für kurz gewesene Regierungspartei wie keine andere Partei in Österreich sich exklusiv beruft

Es ist vielleicht auch bundesheerbauerischer Ausdruck der Sehnsucht nach Dichtern der Bekenntnisse, wie es noch der von ihm porträtierte Robert Michel einer war, auch Egon Caesar Conte Corti, ebenfalls einer der 96 … Ach, was war das für eine große Zeit der Literatur, als Männer und Frauen der Feder sich nicht scheuten, Bekenntnis abzulegen …

Alois Podhajsky, Leiter der spanischen Hofreitschule von 1939 bis 1964, auch einer der 96, Bundesheerbauer schmückt sein Porträt mit einem Bild, das auch Podhajsky für sein Buch „Ein Leben für die Lipizzaner“ verwendete. Siegfried Stoitzner malte das Porträt von Alois Podhajsky hoch zu Roß … wer hätte ihn treffender malen können, als einer, mit dem die Zeit geteilt wurde, mit dem rechten Gespür, das eben ein Mitglied der NSDAP …

Der Sprecher des österreichischen Verteidungsministeriums ist auch ein Mann, der der Wissenschaft zugetan, das bringt er mit seinen 96 Porträts ebenfalls zum Ausdruck, wenn er etwa Franz Abdon Ulinski vorstellt: Pionier der Raketentechnik und Weltraumfahrt. Mehr muß nicht gewußt werden, scheint Bundesheerbauer zu meinen, beispielsweise das zu wissen, befleckte wohl auch nur das gute Erinnern, daß Ulinski u.a. als Konstruktionsingenieur in den Siebel-Flugzeugwerken in Halle/Saale, Deutschland …

Es wird dem Bundesheerbauer auch nicht vorgehalten werden können, er blende diese Zeit aus, schreibt er nicht klar und deutlich davon, daß einer von seinen 96 Porträtierten 1938 emigrierte, nämlich Hugo von Bouvard …

Seine 96 Porträts scheinen Michael Bauer doch recht gelungen zu sein, darf angenommen werden, bringt er doch das eine oder andere auch lange nach Beendigung dieser seiner Serie „Nichtnursoldat“ allenthalben zur Wiederverbreitung.

Für sein eigenes Porträt auf der Plattform des Unternehmens Twitter, mit dem er sich als derzeitiger Sprecher des von Klaudia Tanner geführten Verteidigungsministeriums vorstellt, reicht ihm ein Zitat von Johann Wolfgang Goethe:

Die größten Vorteile im Leben überhaupt wie in der Gesellschaft hat ein gebildeter Soldat.

Goethe, auch ein Dichter, von dem die identitäre Parlamentspartei und für kurz gewesene Regierungspartei recht gern Gebrauch …

Es heißt, Menschen sind stets auf der Suche nach einem krönenden Abschluß einer Aufgabe. 96 Porträts. Klingt das nicht nach Unvollständigkeit? Nach einer nicht ganz nach einer erfüllten Aufgabe? Ob Michael Bauer ab und an Zweifel kommen, für einen wahren krönenden Abschluß seiner Aufgabe, die er sich mit dieser Serie selbst stellte, fehlten in Wahrheit doch vier Porträts, nur vier Porträts auf einhundert Porträts, um ausrufen zu können: Es ist vollbracht. Aber welche vier Soldaten noch? Dafür kann ein Rat gegeben werden: Schlag nach bei Shakespeare, Andreu

Eine recht besondere Herausforderung stellte wohl das einhundertste Porträt dar, für das ein Mann, um zu noch einem infrage Kommenden zu raten, der in zwei Kriegen Soldat, aber nicht nur Soldat war, sondern Schriftsteller, Maler … Das wäre wohl die absolute Krönung einer solchen Serie der 100, diesen Mann zu porträtieren, ohne davon zu schreiben, daß er …