Den Frauen das Zettelchen, den Männern das Ämtelchen

Vorbereitungen für die Bundespräsidentschaftwahl in ganz Österreich. Wichtig ist, daß sich die Wählerinnen und Wähler zurechtfinden, daß alles reibungslos funktioniert. Sieben Kandidaten treten an. Eine Frau hat sich nicht beworben.

„Eine Frau hat sich nicht beworben.“

Das verkündet die staatliche Fernsehanstalt am Vorabend der Männerschaftswahl, der Wahl in Österreich im Herbst.

Dies ist eine Verleumdung der Frauen.

„Eine Frau hat sich nicht beworben.“

Ein Verleumdungsgeschenk an die Männer, die nun, ist es doch zur Bundesmännerwahl verkündet in der Hauptnachrichtensendung der staatlichen Fernsehanstalt um 19.30 Uhr am 8. Oktober ´22, mit sich zufrieden sagen werden können, es sei nicht ihre Schuld, nicht der Männer Schuld, die Frauen selber werden wohl ein Einsehen haben, daß dieses gar schwere Amt nur ein Mann —

„Eine Frau hat sich nicht beworben.“

Aber brav, wie es modern heißt, wird gegendert, oh, und die Großzügigkeit, der Stimmzettel wird ihnen nicht vorenthalten, das wird ihnen zugetraut, einen Zettel auszufüllen, schließlich, das kennen und können sie, auf Zettel die Einkaufsliste zu schreiben, und wie einfacher hingegen muß es doch für sie dann sein, einen Stimmzettel … sie brauchen nicht einmal selbst zu schreiben, bloß ein Kreuz …

„Eine Frau hat sich nicht beworben.“

Es ist eine Leugnung der Wirklichkeit. Denn. Es haben Frauen sich beworben. Es haben Frauen ihre Kandidaturen für das Amt der Bundespräsidentin bekanntgegeben. Nur, diese Wirklichkeit ist eine Wirklichkeit, die dem Manne nicht gefällt, mag er in Redaktionsstuben hocken, mag er in einem Schlafzimmer hocken, diese Wahrheit, daß Frauen sich beworben haben, muß mannesmutig weggeredet werden, und dafür, die Wahrheit wegzureden, gibt es in Österreich an Erfahrungen reich —

Frauen, die sich beworben haben, können nicht antreten, weil sie nicht die dafür nötigen Unterstützungserklärungen bekommen haben.

Bei Berücksichtigung, was die antretenden Männer, die die dafür notwendigen Unterstützungserklärungen bekommen haben, vertreten, hätten auch die Frauen allemal die erforderlichen Unterstützungserklärungen bekommen müssen.

Bei Berücksichtigung, womit die Männer, die medial breiteste Unterstützung erfuhren, die medial mit Aufmerksamkeit reich beschenkt wurden, antreten, hätten auch die Frauen ebenfalls breiteste mediale Unterstützung erfahren müssen, hätten auch die Frauen ebenso medial mit Aufmerksamkeit reichlich beschenkt werden müssen.

So aber, wie diese Präsidentschaftswahl gelaufen ist, wurde nach uralten Auszählreimen verfahren: Den Frauen das Zettelchen, den Männern das Ämtelchen.

Mit Blick auf die antretenden Männer hätte sich also durchaus eine oder zwei oder drei der kandidierenden Frauen es sich mit Leichtigkeit verdient, antreten zu können, zur Wahl am morgigen Sonntag des Herrn in Mehrzahl.

Drei Frauen und sieben Männer hätten es dann gar auf den Stimmzettel bringen können, zehn Frauen und Männer, die für das Amt der Bundespräsidenten, die für das Amt des Bundespräsidenten … eine Auswahl, mit der Österreich nichts gewinnen kann, eine Auswahl, mit der Österreich nur noch alles verspielen kann, eine Auswahl, mit der Österreich nur noch mehr verlieren wird.