Kurz ist es her, daß eine Tageszeitung in Österreich wieder einmal, diesmal unter dem Titel „Das Lueger-Denkmal wackelt weiter“, berichtete, dieses christschwarze Propagandadenkmal auf dem KL-Platz solle nun doch einmal umgestaltet werden …
Nach den Vorstellungen der Kommission soll der gesamte Lueger-Platz zu einem „Ort der Reflexion“ umgestaltet werden. So müsse der „Dr.-Karl-Lueger-Platz“ umbenannt werden, die Statue auf der Spitze des Denkmals solle ihren Ehrencharakter verlieren und vom Denkmal entfernt werden.
Daß der Kommission wieder Oliver Rathkolb angehörte, ist verständlich und nachvollziehbar. Oliver Rathkolb hat sich wohl allein schon durch seine Zusatztafel, die bis zum heutigen Tage im Respektabstand zum Parteipolitdenkmal steht, dafür empfohlen.
Wenninger: Wir könnten hier auch ein Denkmal für die antisemitischen Randale errichten, die im Anschluss an eine Lueger-Veranstaltung im Dezember 1895 stattfanden. Nach dieser Rede im Prater zog ein Mob an 2.000 Personen durch die Leopoldstadt und griff Menschen an, die für Juden gehalten wurden.
Florian Wenninger, der sich „überwiegend mit Zeitgeschichte beschäftigt“, ist im Beitrag auf „Wikipedia“ über ihn zu lesen, schlägt vor, in der Zeitgeschichte zu bleiben, also in 1895 …
Das ist in Österreich der Zeitgeschichte sehr viel, noch mehr Zeitgeschichte, und Florian Wenninger hätte vorgeschlagen, „wir könnten hier auch ein Denkmal für die antisemitischen Randale errichten, als ein Mob“ auf der Gänseweide Juden und Jüdinnen verbrannte, vor 600 Jahren; das Urteil zu Verbrennung von 233 Menschen wurde am 12. März verkündet; 537 Jahre später, an einem 12. März, machte der Bundespräsident den Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart zum Bundeskanzler …
Das Vorarlberger Tagblatt hingegen hatte bereits für die Ausgabe vom 12. März ganze Arbeit geleistet: Das Hakenkreuz ziert die Titelage; der Aufmacher lautet „Der Sieg des Nationalsozialismus in Österreich“; als Zwischentitel wird die Parole „Ein Volk, ein Reich, ein Führer!“ skandiert, auf Seite 3 ist das Loblied von Ottokar Kernstock auf Das Hakenkreuz abgedruckt. Und man berichtet über eine „unglaubliche Provokation in Wien“: dass Demonstranten die Hakenkreuzwimpel von einem Kraftwagen herunterrissen und „im Straßenschmutz zertraten“.
Das konnte in einem Artikel einer Tageszeitung unter der Schlagzeile „Der Tag, an dem Österreich verschwand“ zum 12. März gelesen werden … ein Werk von Kernstock und Müllner heute noch, 106 Jahre später, ein beliebtes Motiv zur Erinnerung an Besuche in Wien …
Josef Müllner, zu dem Oliver Rathkolb nichts einfiel, jedenfalls für seine Zusatztafel auf dem KL-Platz.
Zu dieser hätte ihm fiel einfallen können. Wer beispielsweise sich für dieses Denkmal stark machte, etwa der spätere Nationalratspräsident — der Nationalratspräsident als Mob oder der Mob als Nationalratspräsident …
Nachdem die Arbeiten schon begonnen haben für ein Denkmal mit allen Namen, an einem anderen Platz in der Stadt, wurde wieder einmal die Gelegenheit verabsäumt, hier auf dem KL-Platz ein Mahnmal mit allen Namen der durch Shoah und Porajmos Ermordeten zu etablieren, also auf dem Platz, wo das Parteipolitdenkmal für Karl Lueger steht, der nicht nur für jüdische Menschen ein recht mitfühlendes christliches Herz … Diese Gelegenheit ist vertan.
Was aber die Umbennung des Platzes betrifft, ist es noch nicht zu spät. Den Karl-Lueger-Platz umzubennen in „KL-Platz“. Seine Initialen genügten, um zu verdeutlichen, wohin sein Denken führte, seine Initialen wurden zur Abkürzung für gegen Menschen errichtete …

Nachdem es das Denkmal mit allen Namen der in der Shoah Ermordeten auf einem anderen Platz in Wien geben wird, ist ein gemeinsames Mahnmal mit allen Namen der in Shoah und Porajmos Ermordeten nicht mehr möglich …
Oder, eine weitere Möglichkeit, den Kopf von Karl Lueger durch den Kopf von Leopold Kunschak zu ersetzen. Zur Verdeutlichung der Kontinuität luegerischer Denke, die nicht mit dem 8. Mai 1945 endete. Aber auch als Zeichen, mit der Zeitgeschichte in Österreich wenigstens im Jahr 1945 angekommen zu sein. Und als ein Zeichen der Hoffnung, eines Tages, auch in Österreich, Gegenwart in die Zeitgeschichte …

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