Heuriges Fest der Freude – Die entstimmten Uneingeladenen, und dazu Musik von der hitlerischen Gottbegnadetenliste

Ein Blick auf das Programm des diesjährigen Festes der Freude zeigt wieder einmal, in Österreich ist die Welt noch in Ordnung. So werden es viele empfinden. Denn. Ein Zigeuner oder eine Zigeunerin ist nicht eingeladen, zu sprechen.

Bildungskorrekte werden jetzt wohl die Anführungszeichen einmahnen, aber Anführungszeichen und Zigeuner gehören in Österreich nicht zusammen, und es kann erspart werden zu schreiben, Zigeunerinnen und Anführungszeichen Zigeunerinnen sind in Österreich nur als Zigeuner

Einmal kam die Welt in Österreich fast in Unordnung. Aber ein Zigeuner durfte dann doch nur das tun, was ein Zigeuner tun darf: Musizieren. Also nicht reden. So blieb die Welt in Österreich recht in Ordnung. Es war nicht der 8. Mai. Aber auch auf dem Heldenplatz. Ein Gedenken an …

Und wer keine Stimme hat, hat kein Recht, etwa auf ein Denkmal in dieser Stadt, mit allen Namen der Ermordeten im Porajmos. Dabei gibt es einen Platz in Wien, dafür geeignet wie kein zweiter: KL-Platz.

Wie fein in Österreich es verstanden wird, zu gedenken.

Wie dem Programm des heurigen … Wie (das ist bis auf ein Wort gestohlen) ein großer Heuriger, nur getragener — Wie recht in Österreich die Welt in Ordnung ist, zeigt auch die Musikauswahl des heurigen Festes: Richard Strauß, der, wie Thomas Mann ihn beispielsweise nannte, „hitlerische Komponist“, Richard Strauß, der Musikant auf der hitlerischen „Gottbegnadetenliste“; Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow, in dessen Werk, einfach wie kurz gesagt, das Antisemitische nicht fehlt, mit diesem einen Werk Vergleiche zu Wagner … so fein zu gedenken wird in Österreich verstanden; Wagner wäre für das Fest der Freude dann doch zu … Rachmaninow, der es vermittelte, daß Iwan Iljin 1938 in die Schweiz übersiedeln und sich bei Zürich niederlassen konnte … Iljin, von dem werden Sie inzwischen gehört haben, Iljin ist der Kopf oder der halbe Kopf des Kriegsherrn, für dessen Gas und wohl auch Geschenke er in Österreich …

Damit wieder am Anfang angelangt, bei den Menschen, denen ihre richtige Bezeichnung ihrer Ethnie verwehrt wird, bei den Menschen, denen sogar Anführungszeichen nicht zugestanden werden, bei den Menschen, die mit einem Geschlecht, mit dem männlichen, nach österreichischem Brauchtum auszukommen haben, Menschen, die wieder fliehen müssen, diesmal aus der Ukraine, die dabei Erfahrungen der ganz und gar nicht feinen Art machen, als wollten sie über das Mittelmeer, zu ihren im Land gemachten Erfahrungen der noch viel weniger feinen Art nun zusätzliche unfeine Erfahrungen auf ihrer Flucht aus diesem Land; Menschen also, die Zeitzeuginnen sind, Menschen also, die Zeitzeugen sind, Menschen also, mit welchem Geschlecht auch immer, das sie für sich als das richtige erkennen, Menschen also, zum Zeitzeugnis verurteilt, aber in diesem Land, so großzügig ist dieses Land, davon befreit, Zeugnis zu geben.