Ehrenbürger, christschwarzer Ehrenobmann Kunschak und sein Müllner-Denkmal für einen Ehrenbürger auf dem Karl-Lueger-Platz

Am letzten Montag wurde nicht nur ein Dollfuß-Museum-Mann angelobt, auch der österreichische Rundfunk tat sich mit einer ebenso besonderen Leistung hervor, einen Bericht über das Lueger und ein Interview mit Veronika Kaup-Hasler zum Lueger zu senden, ohne die Lueger-Denkmal-Schaffenden, deren Geschichte und deren Wirken in Österreich auch nach 1945 ungebrochen …

Die Lueger-Schaffenden wurden von der Stadträtin für Kultur und Wissenschaft im Interview ebenfalls nicht erwähnt, auch ihr ging es einzig um Lueger. Sie verzichtete wenigstens darauf, die Leistungen von Karl Lueger für Wien seinem Antisemitismus gegenüberzustellen, aber die Verrechnung seiner Leistungen mit seinem Antisemitismus passierte ohnehin unmittelbar zuvor im Bericht, in dem Lueger u. v. a. m. dafür gelobt wurde, er habe Wien modernisiertVor bald einhundert Jahren aber wurden bereits seine Leistungen realistischer beurteilt, und das Lueger war Menschen damals schon ein Debakel …

Karl Lueger wurde 1900 zum Ehrenbürger der Stadt Wien. Er wird es wohl noch sein, seit 121 Jahren …

Leopold Kunschak, der Lueger-Schaffende wurde 1946 zum Ehrenbürger der Stadt Wien, wurde der „Streicher von Österreich“, ein extremer Antisemit, zum ersten Ehrenbürger nach Auschwitz ernannt. Er wird es wohl noch sein, seit 75 Jahren …

Eine Ehrenbürgerinnenschaft ist nicht nur eine für die Ausgezeichneten passive persönliche Ehre, mit ihr sind auch aktive Nachsicht für die Ausgezeichneten und Entschuldigungen für die Ausgezeichneten verbunden, wie die von dem ersten Bundeskanzler in Österreich nach der Shoah für Leopold Kunschak …

Als am 17. April 1945 im Wiener Schottenstift die ÖVP gegründet wurde, war Kunschak für ein paar Monate ihr erster Parteiobmann (abgelöst durch Leopold Figl; Kunschak wurde Ehrenobmann). Im selben Jahr war Kunschak erneut Mitglied des Wiener Gemeinderates und bis 1946 Vizebürgermeister der Bundeshauptstadt. Von 1945 bis 1953 war er zudem Präsident des österreichischen Nationalrates und Gründungsmitglied des ÖAAB (Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund). Im Jahr 1945 berichtete das Schweizer „Israelitische Wochenblatt“ von einer Kundgebung in Wien, die gegen die Einreise von polnischen Juden (KZ-Überlebende) stattfand. Das Blatt zitierte eine Rede des Parlamentspräsidenten und Ehrenobmannes der ÖVP Kunschak, in der er verkündet hatte, er sei immer Antisemit gewesen und werde dies auch weiterhin bleiben. Außerdem hätten in Österreich weder einheimische noch fremde Juden etwas zu suchen. Auch die New Yorker Zeitung „Aufbau“ berichtete von dieser antisemitischen Versammlung und nannte Kunschak 1946 den „Streicher von Österreich“.

Das ist nicht in einem in Österreich erschienenen Buch von einem österreichischen Historiker zu lesen, sondern in einem in Deutschland veröffentlichten Buch von einem deutschen Historiker: Handbuch des Antisemitismus, Band 8, herausgegeben von Wolfgang Benz.

Leopold Kunschak erlernte in Wien das Handwerk des Sattlers. Da sein Vater früh verstorben war, musste seine Mutter ihn und seine Geschwister alleine aufziehen. Sein Bruder Paul erschoss am 11. Februar 1913 den sozialdemokratischen Politiker Franz Schuhmeier. Im Jahr 1892 gründete Leopold Kunschak den christlichsozialen Arbeiterverein und war bis 1934 dessen Vorsitzender. Ab 1904 war er Mitglied des Wiener Gemeinderates und nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie von 1919 bis 1920 Mitglied der konstitutierenden Nationalversammlung. Ab 1920 war er Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat. 1919 legte Kunschak einen Gesetzesentwurf vor, der Juden von der „deutschen Mehrheit“ vollständig separieren sollte, und bezeichnete Juden als „Seuche unserer Zeit“. Anfang 1936 propagierte Kunschak eine leicht abgeänderte Version, die frappant an die 1935 erlassenen „Nürnberger Rassegesetze“ erinnerte. Im April 1920 kam es zu antisemitischen Ausschreitungen an der Universität Wien, im Zuge derer auch die jüdische Mensa verwüstet wurde. Zudem gab es gewaltsame Übergriffe gegen jüdische Studierende. Kunschak verteidigte die Ausschreitungen und bezeichnete Juden als „Eiterbeule am Körper unseres Volkslebens“. Die „Ostjuden“ verglich er mit Heuschrecken, die das Land überfallen würden. Falls Juden nicht freiwillig auswandern würden, so verlangte Kunschak, sollten sie in Konzentrationslagern interniert werden.

Als es galt, die österreichische Unabhängigkeitserklärung zu verfassen, war Kunschak mit dabei, am 27. April 1945 – wer wäre auch recht geeigneter gewesen, an der Legende Österreichs mitzuschreiben als er, in der Blaimschein …

Von diesem Lueger-Schafffenden war, wie kann es auch in Österreich anders sein, an diesem Montag österreichischer Kultur nicht die Rede, geredet hat, wer auch sonst, ein österreichischer Historiker, der sich mit seiner Zusatztafel zum Lueger österreichisch verschwieg, was zu einem weiteren Lueger-Schaffenden zu sagen, zu schreiben ist.

Zu diesem Bildhauer, sollte er es noch nicht sein, wäre ein erster Anwärter auf eine Ehrenmitgliedschaft der wienerischen Touristik, nur noch dies. Es hätte, wenn es dazu noch gekommen wäre, durch sein Mitwirken noch weitere Denkmäler in Wien gegeben, mit denen sich nun eine Stadträtin wohl auch noch zu befassen hätte. Diese Denkmäler wären wohl auch so schön oder noch schönerer wie das Lueger geworden, das eine vielleicht mit einem Buch, aus dem eine Großsängerin der Klassik ihr Wissen …

Das Bundesdenkmalamt kam in diesem montäglichen Bericht auch zu Wort, und wer Österreich kennt, kann sich heute schon vorstellen, welche Debatten es in ein paar Jahrzehnten in Wien geben wird, wenn es um ein Denkmal gehen wird, das erst vor kurzem in Wien errichtet wurde, und auch das Bundesdenkmalamt bei diesem wieder ein gewichtiges … Was dieses erst kürzlich errichtete Denkmal mit dem Lueger eint, ist, beide sind Parteipolitdenkmäler

Das einst schon sehr teure Lueger wird auch jetzt wieder wohl viel Geld verschlingen, für seine sogenannte Kontexualisierung

Kunschak verteidigte seinerzeit innerparteilich die 30 bis 40 Millionen, die das Lueger – aber, einfach wie kurz gesagt, Wahlkämpfe damals wie heute kosten halt …

Was es damals nicht gab, sind virtuelle Massenkundgebungen wie heute, aber dafür gab es gesinnungsgemäß beispielsweise das Wiener Rathaus für diese mit Festreden von etwa einem Leopold Kunschak geadelten Massenkundgebungen der Hetze, des Antisemitismus, der Halbwahrheiten, dem unbedingten Schwur zur habsburgischen Familie …