Prozessionen

Prozession am Samstag, 15. Jänner in welchem Jahrhundert, in welchem Jahrtausend kann nicht so kurz und einfach beantwortet werden; eines nur ist gewiß, im dritten Jahrtausend, im 21. Jahrhundert ist 22 …

Ob diese Prozession Herbert Achternbusch dazu verführt hätte, aus dieser und allen dieser gleichenden Prozessionen einen Film, doch wieder einen Film zu machen?

Er machte wohl und brauchte keinen neuen Film aus diesen Prozessionen zu machen.

Denn.

Dreifaltigkeitskorona oder Heilt Jesus oder Herbert, wie immer dieser Film sich nennen will, ist bereits der vollständig abgedrehte Film der Prozessionen. So manche Herbertine, wie der Film, sind doch etliche Marschierrollen und Rederollen mit Frauen besetzt, sich auch nennen könnte wollen, wird still für sich den Film Wir waren Helden nennen, in glorifizierter Erinnerung with transfigured face from defiles

Ein paar Fotos aus dem Video, alle der Sequenz Prozession #w1501 entnommen, geben allein schon einen tiefen Einblick, worum es in diesem völlig abgedrehten Film geht. Das Moderne an solchen Prozessionen: daß auch für diese Prozessionen sogenannte Hashtags – verwendet werden. Hashtag, unübersetzt verwendet im Deutschen. Was bei den vielen Bedeutungen sowohl von hash als auch von tag dieses zusammengesetzten Wortes alles an Übersetzungen einfallen könnte — vielleicht einmal eigens ein Kapitel dazu, in dem von Faschieren, Haschen, Verpatzen, Zerhacken, Fangen, Doppelkreuzschlag …

Es soll bereits geplant sein, mit Standfotos aus dem Prozessionsvideo ein großes Altarbild zu schaffen, um das herum eine Kirche zu bauen. Uneinigkeit soll nur über den Standort der Kirche noch herrschen. Nicht wenige sollen dafür sein, wegen des Nahbezugs zu Nürnberg die Kirche doch in Nürnberg zu bauen, nicht wenige sollen dafür sein, die Kirche doch in einem der Orte, aus denen die zu Sendboten auserkorenen Herberte stammen, zu bauen, als Dank an sie, daß sie senden und senden und senden und alles abermals senden, als Preisung ihrer Sendungen, als Opfergabe auch an deren Schöpfer, die alle sind, die sich in den Schöpfern als deren Schöpferinnen … noch ehe aber der erste Ziegel gesetzt, soll aber einmütig der Name der Kirche schon beschlossen worden sein:

Dom in Korona der Dreifaltigkeit

Eifrig bereits sollen Frauen und Männer daran sein, Fotos zu selektieren, die für das Altarbild im Koronadom genommen werden könnten. Das Altarbild soll freilich von einem schöpferischen Menschen dann gestaltet werden, von einem aber, der bereits Zeugnis seines gesinnungsgemäßen Schaffens ablegte, dessen Name allein schon eine Zeit auferstehen läßt, in der Plätze noch Anger, Städte noch Dörfer und Dörfer schon Städte, in der einem jedem Menschen der von der Vorsehung ihm zugewiesene Platz lebenslängliche Bestimmung, sichere Verwahrung, haltende Orientierung und nie zu lösende Richtschnur in der Korona der Dreifaltigkeit …

Die Letztauswahl der Fotos für das Altarbild soll freilich – so soll es entschieden und kann im Land, in dem die Freiheit der Kunst über allem schwebt, nicht anders sein – der Künstler, der auch, so soll das Ansinnen von einigen sein, eine Künstlerin wird dürfen sein, treffen, die, sollte der hohe Auftrag wieder an ihn ergehen, vielleicht, ihre Kunstfreiheit sich ganz und gar nehmend, auf die Fotos verzichtet, ein gemaltes Bild noch einmal malt, ganz so, wie er einmal schon die …

Wie letztlich das Altbarbild auch aussehen wird mögen, ob es oben gezeigte Videostills des Defiles geklebt haben wird, oder auch nicht, eines wird mit Bestimmtheit fehlen, das bei Altarbildern immer fehlt, eine Zusatztafel mit den Erklärungen, was die Fotos zeigen, was mit ihnen erzählt wird.

Auf einer Zusatztafel, die es auch im Koronadom nicht geben wird, würde das Altarbild so erklärend beschrieben werden müssen, wofür beispielhaft eine digitale Zusatztafel mit Verlinkungen zu weiteren und vertiefenden Informationen dienen soll, unter der Annahme, die oben gezeigten Videostills wären das Altarbild:

Standfoto „Nürnberger Prozess“: Ein stets wiederkehrendes Sehnsuchtsmotiv, oftmals auch als „Nürnberg 2.0“ bezeichnet …

Standfotos: „Impfung macht frei“: Mit diesen werden mehrere Sehnsüchte beschworen: Auferstehung des Österreichers, Wiederkehr des Koronaumstrahlten als Führer, auf daß ihnen gemeinsam eine Kirche zu errichten befohlen.

Standfoto Südstaatenflagge: Sehnsuchtsfahne der Herrenmenschen, auf daß die Sklavinnen wieder die sind, die für sie rechtmäßige Sklaven, und nicht sie, zu denen sie meinen, wieder einmal gemacht zu sein.

Standfoto „Für Gott Freiheit Vaterland“: Wäre auch „Ehre“ bei diesem Spruch angeführt, wären alle burschenschaftlichen Wahlsprüche … Nicht alles auf einem Altarbild kann erklärt werden. Manches bleibt ein Rätsel. Wie um diesen Spruch. Wurde auf „Ehre“ einfach vergessen? Ist „Ehre“ ein Wert, den die Prozessionistinnen nicht besitzen? Wollte bloß vermieden werden, es könnte gesagt werden, auch das noch gesagt werden, die Prozession sei burschenschaftlich

Standfoto Pelzmantel mit Inschrift „Gott schütze Herbert Kickl, den einzigen wahren Diener des Volkes!“ … Nicht alles auf einem Altarbild ist auch erklärenswert, manches bloß zum Anschauen, zum Staunen, ein Titel einer Novelle aus dem Österreichischen könnte zu diesem Videostill einfallen und animieren, diesen ein wenig abzuändern: Volk im Pelz

Standfoto Diener und Dienerin des parteieigenen Senders in gemeinsamer Prozessionsinterviewandacht … Ein Videostill, das keiner Erklärung bedarf.

Standfoto einer Prozessionsrednerin im Moment ihres Schweigens. Alles, das sie durch ihr Schweigen zum Ausdruck bringt, ist von ihr mit Fakten belegt.

Standfoto Ochsengeschirrte Männer mit Kuhglocken: Sie nehmen an den Prozessionen teil, um ihre allmächtige Dreifaltigkeit zu bitten, Städte in Dörfer wieder, in Almdörfer zu wandeln.

Standfoto „Nein! zum Impfzwang“: Die Zeichnung dazu zeigt eine junge Frau, der von einer alten Frau eine Spritze angeboten wird. Es ist ein altes Motiv. Nur, statt einen Apfel diesmal eine Spritze. Darüber hinaus keine Neuerung. Die Verführerin zur Spritze muß eine Frau sein, weil es in der Impfpflichtbundesregierung in Österreich keinen Mann, nur Frauen gibt, und als Frau darf sie und kann sie nichts anderes sein als eine Hexe, mit einer Nase, aber mit einer Nase, damit sofort alle wissen, woher die Hexe … So weit paßte das Bild mit der Frau als Hexe, etwa zu den ochsengeschirrten Männern, aber daß alle Schneewittchen … Es muß bei diesem Standfoto um ein noch viel älteres Motiv handeln. Bei dem es auch um einen Apfel geht, der nun gewandelt zur Spritze, aber nicht um die Verführung zur Spritze, sondern um eine Warnung – Warnung vor Erkenntnis …

Standfoto Mutter und Tochter schenken Polizisten weiße Rosen: Das Kind wird für gesinnungsgemäße Gesten mißbraucht. Und auch die weiße Rose, einst Symbol des Widerstands, wird mißbraucht …

Zwei Standfotos mit je zwei Herberte: Wenn die Inhalte gehört wurden, könnte eine Frage noch offen sein, nämlich die nach der Redereihenfolge. Das aber ist nicht mehr zu klären, welcher Herbert und welche Herbertine wann sprach, welche Herbertine auf welchen Herbert …

Der eine Herbert spricht dies:

— Die Bühne betreten
um mit Eich gemeinsam
diejenigen gegen die
Mächtigen zu verteidigen
die sich sölba nit wehrn
kennan
Liebe Freinde
ich versprech Eich
so wahr ich hier stehe
wir werdn weitermochn
für unsera Kinda
für unsere Würde
für unser Österreich
und wenn es sein muß
bis zum letzten Atemzug
bis wir unsere Freiheit wieda hobn

So also der eine Herbert.

Und der nächste oder der vorherige Herbert, der vollbärtige Herbert, der sich Andrä rufen lassen soll, psalmisch:

— Schafe
Wir sind die Wölfe
Wir verlassen den Wald
Und gehen auf die Straße

Und wir tragen sie mit Stolz all diese Narben
Gezeichnet in zwei Jahren mit verschiedenen Farben
Aber wir sind bereit
Auch für die nächste Zeit
Denn wir gaben diesen Eid
Lieber stehend sterben
Als kniend schweigen

Ob in Deutschland, ob in Österreich sind vor allem Männer auf der Suche nach ihrer Identität, und in der Wandlung zum vierbeinigen Wolfskörper erhoffen sie für sich ihre identitäre Erfüllung.

Es sollen diese Psalmen so inhaltsreich im Koronadom in Endlosschleifen tagaus und nachtein ertönen, nur während des Hochamts nicht.

Standfoto Armstreckübung: Andrä Herbert sagt Armstreckübungen an und zeigt Armsteckübungen vor, unterstützt dabei von einem Herbert …

Frei
Heit
Hu
Hu
Frei
Heit
Hu
Frei
Heit
Hu
Frei
Heit
Hu
Frei
Heit
Hu
Frei
Heit
Hu

Diese Armstreckübung soll im Koronadom einer jeder Messe Höhepunkt sein. Zu Beginn des Hochamts vorgebetet und vorgezeigt und am Ende der Messe der von allen unter Armstreckungen gebetet zum feierlichen Auszug …

Die Bedeutung des Psalms? Es soll der Freudenpsalm als Dank an Hu, den Schöpfungsgott aus einem recht alten Reich, sein, in der Sprache des Dialekts. Standardsprachlich würde der Dank nicht so freudig und dankbar tief aus dem Herzen kommend klingen: Frei heute!

Standfotos Reichskriegsflagge: Von den Plätzen unten bis zu den Gipfeln oben muß die Reichskriegsflagge mit, ist diese doch wärmende Winterkleidung denen im Volke im Pelz, deren Pelz noch nicht fertig maßgeschneidert … Als Leibwäsche darunter genügt manchen ein T-Shirt, und so manch abgehärtetem Soldat genügt auch im Winter ein Shirt vollauf, das ihm Flagge seiner Gesinnung …

Soldaten aber, die des Volkes Pelzes nicht würdig, werden in Geckoanzüge gesteckt, auf daß sie …

Standfoto Holzpferd: Auch Prozessionen dieser Art fühlen sich der Tradition im Lande verpflichtet und sie führen ein Holzpferd mit. Es ist zugleich Ausdruck ihres offenen Geistes, ihrer Toleranz, ihrer endlosen Fähigkeit zum Aufsaugen aller Einflüsse. Denn. Das Holzpferd ist von ihnen von ihnen gänzlich gesinnungsfernen Demonstrationen übernommen, die es in Österreich vor rund 35 Jahren gab. Wenn es ein sogenanntes Alleinstellungsmerkmal für Prozessionen dieser Art in Österreich gibt, das die Prozessionen in Österreich von Prozessionen in anderen Ländern unterscheidet, dann ist es das Pferd.

Es sollen manche der Prozession bedauert haben, daß ihr recht größter Dichter nicht mehr unten ihnen weilt. Er, gestorben fern der Heimat nah.

Was für Prozessionsverse aber hätte er ihnen wahrlich geschenkt. So soll mit Schwur schon beschlossen sein, daß die Hauptlesung eines jeden Hochamts im Koronadom seine Pferdeverse …

Standfoto „Kauft nicht bei Impf Faschisten“: Auch mit diesem Psalm wird auf eine Tradition gesetzt, die vor allem in Österreich gepflegt wird, diese Aufforderung ist auch eine Aufforderung, woanders, weil gekauft muß werden, einzukaufen, und zwar in Deutschland …

Standfoto „Österreich ist frei. Jesus ist König!“: Es wird nicht nur an einem Tag in diesem Land ausgerufen, daß Österreich frei sei, sondern an vielen Tagen im Jahr, und alle diese Tage erzählen ihr Freisein von Österreich …

„Jesus ist König!“ Diese Forderung ist ebenfalls eine recht alte Forderung, die allenthalben erhoben wird, einen Toten, von dem nach rund zweitausend Jahren nichts mehr existiert, den Würmer in zweitausend Jahren tausendmal ratzeputz aufgefressen haben, zum König zu machen. Mit dieser Forderung wandelt sich die Prozession zum polnischen Parlament, das auch schon einmal einen von Würmern mit Haut und Haar Verschlungenen zum König

Standfoto „Seht eure Schuld ein und dreht um!“: Die Bedeutung dieses Psalms wird unterschiedlich gedeutet. Manche wollen darin die Fähigkeit zur sogenannten Selbstreflexion erkennen, mehr noch, zur Selbstkritik. Diese Deutung ist jedoch sehr umstritten.

Standfoto „?Warum? ?Macht? ?Ihr das?“: Auch bei diesen Fragen kommt es zu unterschiedlichen Deutungen. Wenige allerdings wollen in dieser Frage eine sogenannte selbstkritische Frage erkennen …