Kurier der Kaiserin, der ein König trotz seines Krieges gegen sie nie ihr ein Feind war

Es heißt, Menschen müssen stets aus ihrer Zeit, die sie prägt, heraus verstanden und vor allem in ihrer Zeit beurteilt werden, und das wird besonders verlangt, wenn es um sogenannte historische Persönlichkeiten geht.

Es ist schlecht bestellt um die Gegenwart, wenn im März des Jahres 2017  zum Andienen als Kurier der Kaiserin auf diese Art …

„Selbst Friedrich II., ihr lebenslanger Gegner, zollte ihr zuletzt noch Respekt, als er aus Anlass ihres Todes schrieb: ‚Sie hat ihrem Thron und ihrem Geschlecht Ehre gemacht; ich habe mit ihr Krieg geführt, aber ich war nie ihr Feind.'“

Das führt also der Kurier der Kaiserin des Jahres 2017 zur ihrer Lobpreisung an, den gezollten Respekt eines Königs, der mit ihr Krieg geführt habe, aber nie ihr Feind war. Dies im Jahr 2017 noch anzuführen, ja, es ist schlecht bestellt um die Gegenwart, das noch als ein positives Wort anzuführen, er habe mit ihr Krieg geführt, aber er sei nie ihr Feind gewesen, weil sie habe ihrem Thron und ihrem Geschlecht, also dem habsburgischen Geschlecht Ehre gemacht.

Diese Lobhudeley des Kuriers der Kaiserin ist Sinnbild für das Unverständnis der Zeit, in der dieser Kurier lebt, ebenso Sinnbild des Unverständnisses wie der einer „Reserl“-Tochter untergeschobene Satz von dem Kuchen, den das sogenannte Volk essen solle, wenn es kein Brot habe.

Freilich mußte der König kein Feind der Kurierkaiserin sein, die Knochenarbeit des Krieges hatten andere zu erledigen, Fritzerl und Reserl standen nicht selber auf den Wiesen gegeneinander und schlugen sich ganz allein gegenseitig die Schädel ein. Dennoch waren die Wiesen mit Blut überschwemmt, mit dem Blut der Menschen, die kein Brot und keinen Kuchen … Fritzerl und Reserl hatten das bloße Vergnügen des Krieges für sich allein, auf irgendwelchen Anhöhen gemütlich zu hockerln, umsorgt, reichlich mit Brot, Kuchen und andere Delikatessen versorgt, konnten sie mit ihren Landkarten spielen, auf denen sie die Brotlosen und Kuchenlosen hin- und herschoben, ätsch, und tot sind deine Losen … ganz nach Lust, Laune, Tagesverfassung, spielerischer Freude, Blutdurst, Leibhunger …

Und wenn sie einmal keine frommen Kriegslüste hatten, dann kümmerten sie sich um Integrationsmaßnahmen, wie das Reserl mit ihrem Sohn, die für das heutige Österreich noch Vorbildwirkung …

Fritzerl starb für die damalig Zeit wohl hochbetagt gemütlich und umsorgt in seinem Stuhlchen, und Reserl starb für die damalige Zeit ebenso gemütlich und umsorgt in ihrem Schlösserl, vielleicht auch auf ihrem Sesserl. Sie starben ohne, wie es heißt, Fremdeinwirkung, kein Krieg, den sie anzettelten, raffte sie hinweg, die Kriege, die sie anzettelten, raffte die Brotlosen und Kuchenlosen hinweg. Sie war nicht die einzige, die umhegt, gepflegt … als Octave Mirbeau den unten zitierten Text schrieb, regierte in Österreich ein Greis, der wohl selbst nicht mehr die Brotlosen und Kuchenlosen auf der Landkarte – das wird ihm wohl ein Lakai nach sabbernden Anweisungen …

Diese Lobhudeley ist dermaßen absurd, und besonders absurd ist diese vom Kurier der Kaiserin, das nicht umhin zu kommen ist, in Erinnerung zu rufen, was vor über einhundert Jahren Octave Mirbeau …

Aristokratie - Octave Mirbeau - Gedächtnistafel für Redaktionen.jpgDas Grausame schreckt nicht ab. Im Gegenteil, ja, es ist schlecht um die Gegenwart bestellt. Dient das noch zur Glorifizierung von solchen Figuren, die nicht zum Gaudium der Brotlosen und Kuchenlosen, damit sie ihr Hungern und ihr Krepieren für die Höfe vergessen, im Hippodrom liefen, sondern die Wirklichkeit und die Welt zu ihrem Hippodrom der Grausamkeit … In allen Redaktionsstuben der Medien, auch der österreichischen Medien, die so ehrerbietig von den Kabinetten des Grauens auch heute noch berichten, sollte eine Wandtafel mit den Worten von Mirbeau angebracht werden, vielleicht bringt das mehr Einsicht, welcher Groteske sie Schreibknechte, welchem Karneval sie Schreibmägde …

„Dazu beitragen, den Völkern zu demonstrieren, daß das Königtum in unserer Zeit etwas völliges Nutzloses, völlig Unmodernes, ja fast so etwas Groteskes ist wie jene alten Ritterrüstungen, die hie und da noch heute die Vorzimmer und Flure in einigen Schlössern reichgewordener Schuster zieren … Eigentlich dürfte es nur noch in den Operetten existieren, obwohl die Librettisten der Ansicht sind, daß dieses Thema schon stark angestaubt ist. Ich frage Sie in allem Ernst: Kommen die Höfe von Österreich, von Deutschland, von Spanien mit der Albernheit ihres Zeremoniells, mit der karnevalesken Pracht ihrer Kostümierungen heute nicht wie törichte Theaterkulissen, wie erbärmliche Inszenierungen für Hippodrom-Aufführungen vor?“

Neues braucht die Stadt, mehr noch das gesamte Land

Heumarkt - Weltkulturerbe

Besonders in Wien fehlt ein Denkmal für Octave Mirbeau, gerade jetzt, da so viele – vielleicht verursachen Furunkel an ihren Gesäßen zu große Schmerzen – meinen, aufstehen zu müssen, zum Hinknien, um die Vergangenheit anzubeten und herbeizubeten, wird schmerzlich ein Denkmal für Octave Mirbeau vermißt, in das für die Schreienden und Rasenden eingraviert ist:

„Und sehen Sie: Sobald es darum geht, eine Gruppe von alten, vermoderten Häusern niederzureißen, die Spitzhacke in Gassen zu schlagen, die mit dem Unrat der Jahrhunderte angefüllt sind, damit die Luft, Licht, Gesundheit eindringt, dann gibt es nur Proteste, Geschrei und Raserei.

Vereine zum Schutz von Kunst und Geschichte formieren sich, lärmende Ausschüsse werden tätig, Zeitungen ergehen sich in den verrücktesten Propaganden, erhitzen sich selbst und gegenseitig in dem Kampf darum, das, was sie auch die Schätze unseres nationalen Erbes nennen, vor dem, was sie als einen Akt des Vandalismus bezeichnen,
zu bewahren.

Am Ende schreckt die Regierung zurück vor der Gefahr, die bei Wahlen immer besteht, eine Sanierung vorzunehmen. Um die Geschichte zu ehren, wird sie jene gefürchteten Infektionsherde bewahren und konservieren. Sie wird sogar noch mehr tun: Sie wird zu ihrer Konservierung einen Konservator ernennen.“

Es muß aber ein mobiles Denkmal sein.

Rettet die Karlskirche - WeltkulturerbeDenn es ist an vielen Orten aufzustellen. Besser noch, um es gleichzeitig aufstellen zu können, gleich mehrere mobile Denkmäler derselben Ausführung. Aktuell ist ein solches aufzustellen: eines vor der Karlskirche im Resselpark, eines auf dem Heumarkt.

Wie viele hätte es schon in den letzten Jahren bedurft, etwa vor dem Karl-Lueger-Denkmal auf dem Karl-Lueger-Platz. Gerade statt Karl Lueger ein stationäres Denkmal für Octave Mirbeau und gleich den Karl-Lueger-Platz umzubennen in Octave-Mirbeau-Platz …

Octave Mirbeau statt Karl LuegerAuch an anderen Orten in Wien wäre das mobile Mirbeau-Denkmal mit dieser Inschrift angebracht gewesen, beispielsweise im Museumsquartier, wo ein Leseturm nicht gebaut werden durfte, oder im Arenbergpark, wo die Flaktürme bleiben mußten, wie sie waren oh, nationales Erbe … vor jedem alten Haus, das nicht … weil schreiend und rasend gemeint wird, es sei zu erhalten …

Diese geistigen Infektionsherde des Glaubens und des Nationalen … wer könne sich da noch wundern, daß alles zurückkehrt, und es kann doch nur eines verwundern, weshalb noch die Furcht vor der Wiederkehr, wo doch so viele für das Bewahren des nationalen und religiösen Erbes rasen und schreien …

Statt Stephansdorf Octave-Mirbeau-LeseturmAuch an anderen Orten in Wien ist das mobile Mirbeau-Denkmal vonnöten. Besonders vor der Stephanskirche auf dem Stephansplatz. Ist der Domabriß nicht längst überfällig, um hier, spät aber doch den Leseturm, der im Museumsquartier nicht errichtet werden durfte, zu bauen, den Octave-Mirbeau-Leseturm, einen Leseturm zu errichten, denn zum Lesen hat die Stadt, das gesamte Land viel – mit dem Entfernen des größten Furunkels hörten augenblicklich die Schmerzen auf und niemand bräuchte mehr für eine menschgemäß nur vorübergehende Erleichterung sich hinzuknien …

Mobiles Denkmal Octave Mirbeau - Gegen Infektionsherde des National und des Glaubens

Als Octave Mirbeau vor einem Schaufenster mit Smartphones steht …

sieht er keine Smartphones an, sondern red rubber, also roten Kautschuk. Und beim Ansehen der Kautschukmuster sieht er im Nu etwas anderes, das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen. Das ist lange her. Über einhundertzehn Jahre. Heutzutage sehen sich Millionen von Menschen im Internet Bilder und Videos vom Eigentlichen, vom Wesentlichen, vom Verbrechen an. Aber wenn die Millionen von Menschen vor den Auslagen stehen, sehen sie das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen nicht, sondern nur Smartphones, und dann stürmen sie sofort die Geschäfte, um den Geschäftskönigen Millionen, Milliarden …

Smartphones in Auslagen

Octave Mirbeau braucht keine Collage dazu, um das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen zu sehen, wenn er in die Auslage mit den Kautschukmustern sieht.  Heutzutage muß eine Collage erstellt werden, um zu zeigen, was tatsächlich zu sehen ist, wenn in Auslagen Smartphones gesehen werden. So arm ist der Mensch des Westens seither geworden, daß es ihm nicht mehr möglich ist, Bilder und Videos im Internet mit der in Auslagen ausgestellten Ware in Verbindung zu bringen. Heutzutage im Westen, in der ach so kreativen Zeit.

Als Octave Mirbeau vor der Auslage steht, und das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen sieht, gab es einen Menschen, der Geschäftskönig genannt wurde. Leopold von Belgien, verheiratet mit einer Habsburgerischen aus dem tirolerischen Österreich. So reich ist der Mensch des Westens seither geworden, daß es viele Geschäftskönige gibt. Und es gibt wohl nicht wenige Geschäftskönige, die immer noch ganz begierig darauf sind, mit einer Frau aus der Familie Habsburg aus dem tirolerischen Österreich verheiratet zu werden. So nichts hat sich seither im Westen verändert. Aber das ist nicht das Schlimme, eine Frau aus der Operette … Das ist hier auch ganz nebensächlich.

Als Octave Mirbeau vor der Auslage steht, geht es um den Kongo. Und auch heute geht es um den Kongo, nicht nur um den Kongo, aber auch und weiter um den Kongo, wenn in den Auslagen das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen zu sehen ist. So nichts hat sich seither verändert, daß es nicht notwendig ist, über seltene Erden, über Kobalt, über Smartphones zu schreiben, um das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen in die Auslage zu stellen. Nur weil es heutzutage andere Produkte sind, muß nicht so getan werden, als hätte es einen Fortschritt gegeben.

Heutzutage ist ebendas Smartphone der Hauptkautschuk.

Über das Eigentliche, das Wesentliche, das Verbrechen kann auch über einhundertzehn Jahre später geschrieben werden, indem einfach zitiert wird, was Octave Mirbeau schreibt, über den Kautschuk. Freilich muß die heutige Einfalt berücksichtig werden, und also stets, wenn Kautschuk genannt wird, Smartphone hinzugeschrieben werden. Korrekter wäre es, Kobalt, seltene Erden … aber die Einfalt, die Kombinationsmängel des westlich gebildeten Menschen … sonst aber, wie bitter für die heutige Zeit der ständigen Weiterbildung und Fortbildung, muß nichts geändert, nichts hinzugefügt werden.

„Der rote Kautschuk [Smartphone]

Dieses Schaufenster wirkt harmlos; der Laden macht einen friedlichen Eindruck. Und doch beginnen mich diese Muster allmählich zu faszinieren. Schließlich kann ich meine Augen nicht mehr von diesen Kautschukstücken [Smartphonestücken] lösen. Warum gibt es keine erläuternden Bilder, keine Photos in diesem Schaufenster? … Meine Phantasie ersetzt sie im Nu.

Ich denke an die Wälder, an die Seen, an das Märchenhafte dieses Paradieses voller Sonne und Blumen … Ich denke an die kindlichen Neger, an die bezaubernden Neger, die zu den gleichen Freundlichkeiten und den gleichen Roheiten wie die Kinder fähig sind. Ich erinnere mich an jenen Satz eines Forschungsreisenden: ‚Sie sind hübsch und sanftmütig wie jene Kaninchen, die man abends am Rande der Wälder sieht, wie sie sich putzen oder im duftenden Grase spielen.‘ Was ihn im übrigen nicht daran hinderte, sie zu töten … Ich sehe die vollendeten Bronzen der Frauenkörper und die Kleinen mit ihren geblähten Bäuchen umherrennen. Ich sehe große Teufel, so schön wie antike Statuen, über einen Lendenschurz, über Glasperlenschmuck ungeduldig mit den Füßen stampfend um Uhren, um Phonographen, um all den erbärmlichen Nippes drängen, den wir für sie herstellen; sich in die Brust werfen, hin- und herschwanken, als würden sie sich lustig machen, sich lustig machen über uns oder über sich selbst; den Kopf hin und her wiegen wie Kinder, die sich genieren. Ich sehe an ihren Frauen, die den Karessen der Weißen zugänglich sind, die linkische Gebärde einer Bäuerin, die ein Städter vor Freude zum Erregen bringt.

Und auf einmal sehe ich über ihnen – und sie bedrohend – die Peitsche des Händlers, des Kolonisten und des Beamten. Ich sehe nur noch solche, die mit dem Revolver in der Faust zur Arbeit geführt werden und so brutal wie die Soldaten in unseren afrikanischen Strafkolonien behandelt werden und die hundemüde, die Haut übersät mit Striemen, weniger zahlreich als sie aufgebrochen waren, von der Arbeit zurückkehren. Ich sehe Hinrichtungen, Massaker, Folter, unter denen, wahllos durcheinander, blutüberströmt, Athleten aufschreien, die gefesselt sind und gekreuzigt werden, Frauen, deren Martern ein abscheulich wollüstiges Schauspiel bieten, Kinder, die, die Hände schützend über ihren Kopf haltend, mit ihren kleinen krummen Beinen unter ihren hervortretenden Bäuchen die Flucht ergreifen. Ganz deutlich habe ich in einer grauen Scheibe, in einer schwarzen Kugel den zu hübschen Rumpf einer vergewaltigten und enthaupteten Negerin erkannt und habe darin auch verstümmelte Greise gesehen, die im Sterben liegen und deren ausgetrocknete Glieder knacken. Und ich muß die Augen schließen, um den Anblick all dieser Greuel zu entgehen, zu denen sich diese Kautschukmuster [Smartphonemuster], die dort so reglos, so neutral daliegen, urplötzlich belebt haben.

Dies sind die Bilder, die eigentlich fast jeder Pneu, der vorrüberrollt, und fast jedes in seinen isolierenden Mantel gehüllte Kabel erwecken müßte. Aber man weiß nicht immer, woher der Kautschuk [Smartphone] stammt. Hier weiß man es: Er stammt aus dem Congo. Er ist tatsächlich jener red rubber, der rote Kautschuk [Smartphone]. In Antwerpen landet davon nicht ein einziges Gramm an, das nicht in Blut getränkt ist.

Im tropischen Amerika, in Malaysia, in Indien ist die Ausbeutung der Kautschukpflanzen [Smartphoneerden] nur eine landwirtschaftliche Industrie. Im Congo ist sie dagegen die schlimmste Ausbeutung der Menschen. Zu Beginn hat man nur die Rinde der Bäume eingeritzt wie in Amerika und in Asien, doch dann hat man, als die Händler aus Europa und die Industrie ihren Bedarf immer mehr erhöhten und die Handelsgesellschaften, die den Reichtum des Königs Leopold ausmachen, immer höhere Einkünfte benötigen, schließlich die Bäume und die Lianen ganz ausgerissen. Nie liefern die Dörfer genug von diesem kostbaren Rohstoff. Man peitscht die Neger aus, da einen die Ungeduld packt, wenn man sie so gemählich arbeiten sieht. Die Rücken übersäen sie mit blutigen Tätowierungen. Entweder sind sie Faulpelze, oder aber sie verstecken ihre Schätze irgendwo. Expeditionen werden organisiert, die jeden Winkel durchsuchen, alles beschlagnahmen, ganze Stämme gefangennehmen. Man nimmt sich Geiseln, die jüngsten unter den Frauen, ja sogar Kinder, mit denen man sich ja wohl noch vergnügen darf, um sich ein wenig zu beschäftigen, oder Greise, an deren Schmerzensschreien man etwas zu lachen hat. Man wiegt den Kautschuk [Smartphone] vor den versammelten Negern ab. Ein Offizier schlägt in einer Notizkladde nach. Es genügt bereits eine Nichtübereinstimmung von zwei Ziffern, und schon fließt das Blut, und ein Dutzend Köpfe rollen zwischen den Hütten.

Und wir brauchen immer noch mehr Pneus, immer noch mehr Regenmantel, immer noch mehr Vernetzungen für unsere Telephone, immer noch mehr Isolationsmaterial für die Kabel der Maschinen. Also ritzt man genauso, wie man die Rinde der Pflanzen einritzt, die Haut der beklagenswerten Eingeborenenrassen ein, und mit der gleichen Roheit, mit der man die Lianen ausreißt, reißt man dem Land seine menschlichen Pflanzen aus.

Zum Teufel mit den Engländern, die eifersüchtige Kerle sind und es dem König Leopold nicht verzeihen, daß er sie an der Nase herumgeführt und bestohlen hat! Zum Teufel mit den Zeitungsschmierern und Radaumachern! Wenn an all unseren Pneus [Smartphone], an all unseren Kabeln Negeblut klebt, dann ist das doch ein gutes Geschäft! Können wir die niederen Rassen denn besser mit unserer Zivilisation verbünden, sie enger in die Bedürfnisse unseres Handels und unseres Lebens einbinden? … Außerdem sind Leopolds Paläste, seine Launen, seine Reisen, seine Sinnenfreuden kostspielig. Muß man nicht auch die Dividenden der Aktionäre erhöhen, die Zeitungen bezahlen, damit sie den Mund halten, das Interesse des belgischen Parlaments wachrütteln, damit e dafür stimmt, und das Interesse der anderen Regierungen einlullen, damit sie über diese Greuel die Augen verschließen?

Aber das ist egal. Wenn ich König Leopold noch einmal begegne, während er sich in Monte Carlo, in Trouville oder in der Rue de la Paix herumtreibt, wenn ich unterm Glase sein Auge strahlen sehe, während er die Schmuckschatullen eines Juweliers betrachtet, die Bluse oder die Lippen einer vorübergehenden Dame taxiert, wenn ich die zu reife Begleiterin einer sehr hübschen Demoiselle in einem Restaurant an den Champs-Élysées dem Souverän etwas ins Ohr tuscheln sehe, dann werde an dieses Schaufenster hier denken, und dann wird mit die Lust zu lachen vergehen …

‚Wir haben auch noch ganz wundervolles Elfenbein …‘, meinte der Mann im Gehrock zu mir, während er mich zurück bis zur Tür begleitete.“

Prozgenta

Inri - Wir sind das Volk - Prozgenta.jpg

„Der französische Laizismus ist, glaube ich, nicht unser österreichisches Modell. Wir wollen nicht eine Gesellschaft, in der religiöse Zeichen einfach verschwinden.“

Das sagt der Kardinal, auch, im Zuge der Erregungen um Foulards, wie gelesen werden kann in

Die Angst des Kardinals vor dem „Burkaverbot“.

Ob dies die Ansage ist zur Gründung der Prozession gegen die Entkreuzung des Abendlandes (schlicht und kurz: Prozgenta)  und wann werden die ersten Märsche auf dem Stephansplatz oder anderswo im tirolerischen Österreich … mit dem Kardinal voran, der ein Kreuztransparent mit dem Slogan inri – prozgenta – wir sind das volk in die Höhe …

Die Angst des Kardinals vor dem „Burkaverbot“

Mit einem „Burkaverbot“ geht es auch dem Kreuz an den Nagel

Es gibt Menschen, die könnten dem Kardinal, wie es auf einer recht in Ruhe gelassenen Homepage gelesen werden kann, „ins Gesicht speiben“, weil er, wie sie meinen, gegen ein Burkaverbot … so vulgär wie das ihr Meinen ist, so gering ist das ihr Verstehen. Denn. Sie verstehen nicht, daß der Kardinal verstanden hat, mit einem „Burkaverbot“ geht es auch seinem Kreuz an den Nagel.

Das ist für den Kardinal gesinnungsgemäß keine Beruhigung, unter sich Menschen zu wissen, die seinem Kreuz die Stange halten – der Kern des Wollens dieser Menschen ist das Gewinnen von Wahlen, und die Zeit von einer Wahl zur anderen ist kurz. Bereits die nächste Wahl könnte diese Menschen, die heute noch für den Kardinal seinem Kreuz die Stange halten, aus ihren gewichtigen Positionen …

Das Kreuz. Sichtbares Zeichen für …, ach es muß nicht neu formuliert werden, nur zu wiederholen, zu wiederholen ist es ständig, wie auch der Kardinal ständig seinen Katechismus wiederholt, und damit zum Ausdruck bringt, er und sein Kate… sind den Gesetzen des Staates über – insbesondere den Gesetzen, die die Gleichstellung und die Gleichbehandlung von Mann und Frau …

Duzdar zu Österreich: „Frauenrechte stehen über der Religion“.

Chef einer gesetzesbrecherischen Organisation eines Glaubens

Blick-Gebot für den Mann erübrigt jedwedes Gebot der Verhüllung gegen die Frau.

Schönbornstandard oder die unerträgliche Propaganda der gewollten Gesetzesunwissenheit

Wie wirkt das Kreuz?

Und eben erst hat der Kardinal wieder einmal bestätigt, was er von Gesetzen hält, die er nicht in seiner Urfassung des Korans findet, wie in der Collage gelesen werden kann:

„Vielleicht bekommen dadurch auch die positiven Argumente für den Zölibat und für die traditionelle lateinische Praxis mehr Glaubwürdigkeit.“

Frank und frei sagt er es heraus, es kümmert ihn nicht, beispielsweise das Gleichbehandlungsgesetz … ob es in diesem Land je noch dazu kommen wird, daß ein leitender Angestellter eines Organisierten Glaubens sich nicht über die Gesetze des Landes …

„Lateinische Praxis“ … Es gibt diesen Mythos der großen zweiten Sitzung, die einst in einem Grätzel von Rom … Der Fortschritt dieser Sitzung ist eine Legende, aber sogar diese scheint an dem Kardinal … in welcher Zeit er wohl leben mag? Vielleicht in der von Octave Mirbeau. Und die ist auch schon … es ist schon über 110 Jahre her, daß Mirbeau schrieb:

„So wie in unserer wilden und wehklagenden Bretagne, wo der religiöse Geist in gewissem Sinne alles versteinert hat; wie im österreichischen Tirol, wo an jeder Wegbiegung, an jeder Kreuzung, einfach überall Heiligenbildnisse …“

Durch Österreich fuhr Octave Mirbeau nicht, mit seinem Automobil mit dem Kennzeichen „628-E8“, um das ihn heute in Österreich so mancher Herrenfahrer wohl beneidete … er, Mirbeau, hätte sonst vielleicht geschrieben: wie im tirolerischen Österreich

„Überall Prozessionen, Glockengeläut, überspannte, mittelalterliche kulturelle Zeremonien … Altarschmuck selbst in den häuslichen Schlafzimmern, gebeugte Rücken, gefaltete Hände … und anmaßende, brünstige und raffgierige Priester und Furcht verbreitende Bischöfe mit Inquisitionsgesichtern. Überall auch jene Literatur, deren mystische Erotik sich so gut mit der frommen Inbrunst verbindet und sie verherrlicht … Wer niemals …. beigewohnt hat … in ein wahres Irrenhaus verwandelt hatte, der kann nicht begreifen, zu welchen Exzessen, zu welchem Irrsinn die Religion … die arme Seele der Menschen zu führen vermag … Es war König … der sein Carnet mit dämonischen Bischöfen, seinen Mönchen, seinen Henkern und mit einer Nonne auf dem Schoß, in den Folterkammern das Blut der Ketzer fließen und ihr Fleisch peinigen ließ …“

Wie gut wäre es gewesen, wenn Mirbeau auch durch Österreich gefahren wäre. Was hätte er nicht alles zu Österreich geschrieben, was er etwa zu Belgien, wie dieses obige Zitat … Thomas Bernhard hat es versucht, aber Bernhard war kein Mirbeau; er konnte es auch nicht sein, weil Mirbeau schon, auch, der ganze Thomas Bernhard war, und sein gesamtes Werk hätte Bernhard in einem Satz unterbringen können: Wenn Sie Bernhard lesen wollen, lesen Sie Octave Mirbeau. Diesen Satz als Gesamtwerk hat Bernhard nicht geschrieben, wie er auch wohlweislich vermied, Mirbeau je zu erwähnen –  die berühmte Geschichte vom Schmiedl und Schmied …

Es hätte wohl nichts daran geändert, daß einhundertzehn Jahre später in diesem tirolerischen Österreich ein Kardinal immer noch unter sich Menschen weiß, die seinem Kreuz … vielleicht aber, es ist Frühlingsbeginn und ein Frühlingsanfang erlaubt es, Hoffnung zu äußern, vielleicht bringt die nächste Wahl Menschen in Positionen, die dem leitenden Angestellten auch dieses Organisierten Glaubens höflich, aber bestimmt seinen Platz zuweisen, ihm die Gesetzesbücher des Landes auf seinen Koran legen, aber der Frühling ist in diesem Land keine Zeit der Hoffnung, und es ist zu fürchten, es kann nur noch schlimmer werden, wenn jene mit der oben erwähnten Homepage …

Kreuz - Sägespäne - Pellets.jpg