Im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes möchte ein Gemeinderat aus St. Veit an der Glan gebeten haben, keine „polemik diesbezüglich…“:
„es geht um kärtnter trachten allgemein… z.b. gailtaler, rosentaler vulgo talschafts- und festtagstrachten … der kärntner ist ja per se keine tracht… bitte daher keine polemik diesbezüglich…“
Es kann verstanden werden, daß im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes, in dem alle eisern im Kärntner Anzug und Blaupunktdirndl stecken, eine Polemik nicht gewollt wird, Polemik unstatthaft ist, Polemik anzuklagen ist als nicht „Erd- und Heimatverbundenheit“ …

Dabei war es gar nicht polemisch, was geschrieben ward; es steht doch geschrieben, was für eine wunderbare Idee das sei, in
Kärntner Trachten: Weltkulturerbe.
Sonderlich ist doch immer wieder, feststellen zu müssen, gerade bei Menschen, die sich aufmachen, die Vergangenheit zu beschwören, aus der Gegenwart eine Vergangenheit wieder zu machen, die Zukunft der Zukunft in der Vergangenheit zu sehen, wie wenig sie von der Vergangenheit wissen, das noch verzeihlich wäre, ließen sie die Vergangenheit ruhen, aber auch, wie wenig sie von der Gegenwart wissen, das nicht verzeihlich ist.
So auch der Gemeinderat aus Sankt Veit an der Glan. Wenn es richtig in Erinnerung ist, wird St. Veit an der Glan als Stadt geführt … so auch der Gemeinderat immerhin von einer Stadt und nicht von einem Dorfe in den Bergen, dessen Bewohner und Bewohnerinnen vielleicht einmal im Jahr hinunter in die Stadt kommen.
Es soll mit dem Wissen um die Gegenwart begonnen werden.
Der Gemeinderat schreibt, es gehe um „kärtnter trachten allgemein“. Es geht auch um den Kärntner Anzug. Dazu hätte er bloß, wie in der Collage zu lesen ist, lesen müssen, was Landesrat Benger schreibt.
Und um das Wissen um die Vergangenheit ist es ebenso karg bestellt.
Der Gemeinderat schreibt, „der kärntner ist ja per se keine tracht…“ — nun, wie leicht hätte es der Gemeinderat heutzutage, sich über die Vergangenheit zu informieren. Ein Naschlagen auf „Wikipedia“ hätte gereicht, um zu erfahren, daß der Kärntner Anzug 1911 „per Dekret der Kärntner Landesregierung zur offiziellen Landestracht für Männer“ …
Möge es von der sogenannten akademischen Diskussion her ein Streitpunkt sein, was eine Tracht und was eine Tracht nicht „per se“ sei, von der Gesetzgebung im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes her ist die Antwort eine eindeutige: „Landestracht“, sogar „offizielle Landestracht“ …
Sonderlich ist der Beweggrund für das Eintreten für die Tracht, 2017 derselbe wie 1911. Was ist in über einhundert Jahren im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes passiert, vorangegangen? Nichts. Bewußtseinsstillstand. Geistiges Im-Kreis-Laufen über einhundert Jahre lang. Seltsam, daß den Im-Kreis-Laufenden nicht längst schon schwindlig geworden ist. Dabei. Allein vom Zusehen des Im-Kreis-Laufens schon unaufhörlich Schwindelattacken …
Es hat sich bestätigt, was in „Kärntner Trachten: Weltkulturerbe“ erst nur vermutet wurde. Wer Kärnten kenne, wisse, es werden alle dafür sein. Und wie in der Collage gelesen werden kann, ist, wie der Landesrat schreibt, die gesamte Kärntner Landesregierung dafür, das Kärntner Trachten als Erbe bei der Unesco …
Alle in der Regierung vertretenen Parteien also, wie auch anders, im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes …
Und wieder wird, wie gelesen werden kann, es dafür Geld geben, Steuergeld … im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes gibt es dafür Steuergeld, mag ein Haider Trachtenreichhauptmann sein, mag wer immer der Trachtenreichhauptmann sein — und nicht einmal ein Grüner wagt es, dagegen zu sein …

Vielleicht ist es ja auch recht gut angelegtes Steuergeld, das Steuergeld für Förderungen von Trachten. Ein Vorbild für ganz Österreich. Wenn es, wieder einmal, so richtig losgeht, mit Einsparungen, mit Kürzungen, wie eben in Oberösterreich begonnen, wenn die Menschen nichts mehr haben werden, dann bleibt ihnen der Stolz auf die Trachten, ruhig versammelt um den Tisch, wie vor bald einhundert Jahren von Albert Egger-Lienz gemalt.
Ein System, das nicht nur im heiligen Trachtenreich brauen Stoffes funktioniert. Ein System auch unvergessen für Menschen von außerhalb.
Eben erst ist einer in das österreichische Parlament eingezogen …
Maximilian Krauss: „Unvergessen“ System Haider
Und einer, jetzt noch Landesrat im heiligen Trachtenreich braunen Stoffes, könnte bald Minister werden, einer der recht nicht vergessen wird, sollte er Minister werden, was er im heiligen Trachtenreich brauen Stoffes gelernt …
Leer wird die Schüssel nicht sein, das wäre Panikmache, sie wird recht gut gefüllt sein — mit nahrhafter Brennsuppn …
PS Nach der Aufzählung des Landesrates wurde darauf vergessen, die „Watschen“ zur Beantragung der Adelung durch die Unesco aufzunehmen. Denn.
Zur Tracht gehören die Watschen, der Tritt
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