Courtshop gangbang at the Vatican

„In der Erzdiözese Wien sorgen Nacktbilder im Rahmen der Ausstellung des Künstlers August Zoebl im Curhaus, dem Pfarrhof der Pfarre des Wiener Stephansdoms, für Verwunderung und Diskussionen bei Katholiken. Die Ausstellung lief seit einigen Wochen und wurde am 7. Januar beendet. Die Bilder waren im Pfarrhof so ausgestellt, dass diese jeder, auch Kinder, sehen konnte. Unter anderem wurde ein Bild von zwei Lesben gezeigt, die sich vor einer Kirche küssen. Auf einem anderen Bild war eine halbnackte Frau zu sehen, die vom Künstler als ‚Das erste Licht im Felsengrab: Ein Mensch‘ beschrieben wird. Das Bild, welches man um 25.000 Euro kaufen konnte, nennt sich ‚Pietá‘. In der Eigenschreibung heißt es dazu noch: ‚Zur Kommunikation der unerhörten Botschaft Auferstehung.‘ kath.net hat gestern die Erzdiözese Wien um eine Stellungnahme ersucht, bis jetzt aber noch keine Antwort erhalten.“

Selbstverständlich kann es ohne einen Kommentar zusätzlich durch die gesinnungsgemäß zensurierte Website der identitären Regierungspartei in Österreich nicht abgehen. Ist August Zoebl für die Kathnet ein Künstler ohne Anführungszeichen, so ist er für die gesinnungsgemäß zensurierte Website kein Künstler, das sollen die Anführungszeichen wohl zum Ausdruck bringen.

„In aktuellen Debatte rund um die katholische Kirche sorgt nun eine Aktion im Stephansdom für die nächste Aufregung. Eine Ausstellung von halbnackten, obszönen und teils homosexuell dargestellten Menschen stößt nicht nur konservativen Kirchenvertretern sauer auf, sondern auch etlichen Katholiken. Verantwortlich zeichnet sich für die fragwürdige Aktion der ‚Künstler‘ August Zoebl.

Erzdiözese schweigt

Er sorgt mit seinen Bildern von nackten Frauen aber auch sich küssenden Lesben derzeit für Kopfschütteln unter Besuchern des Curhauses im Pfarrhof des Stephansdoms. Doch nicht nur die seltsam titulierten Bilder wie etwa ‚Das erste Licht im Felsengrab: Ein Mensch‘ ärgern die Besucher, sondern auch die dafür verlangten Preise. So ist eben jenes Bild etwa ab 25.000 Euro zu haben.“

Preise von Künstlerinnen können nicht ärgern, ein jeder Künstler kann für seine Werke Preise ansetzen, die er eben hoffnungsfroh ansetzt, wie es ihr beliebt, er sich selber mit seinen Werk einschätzt, das durch den Preis Ausdruck finden soll. Freilich überschätzen viele Künstler den Wert ihrer Werke und ihren Wert als Künstlerinnen.

Vielleicht rechtfertigt das Material den Preis von 25.000,00 Euro; ist doch in der Beschreibung irgendwas von „Rand 24 Kt Reingold“ angeführt … denn sonst ist es ein Bild eines Künstlers, das selbst in einem 1-Euro-Geschäft ein Ladenhüter zum Ärger der 1-Euro-Geschäftsinhaberin, es je eingekauft zu haben, nur sein kann, oder nicht zum Ärger, wenn sie es bloß auf Kommission übernommen hat.

Was für abenteuerliche Interpretationen. Von Kathnet und der gesinnungsgemäß zensurierten Website: „Lesben, die sich küssen, halbnackte Frauen, von halbnackten, obszönen, teils homosexuellen dargestellten Menschen, dass diese jeder, auch Kinder, sehen konnte.“

Ein Kuß macht noch keine „Lesbe“.

Vielleicht sind es einfach Frauen, geflüchtet vor ihren Ehemännern und vor deren blutiger Liebe, in einem Moment der Trostsuche, in einem Moment der Sehnsucht nach Zärtlichkeit, die nicht messerkalt wie die ihrer Männer ist.

Was müssen Menschen, auch Kinder, sich in Kirchen seit Jahrhunderten an Nacktheit ansehen. Auch an Obszönität. Vor allem an Obszönität der Gewalt.

Was allein, um ein Beispiel zu nennen, ist in der Hauptkapellenfiliale alles werbend.

„Das jüngste Gericht“.

Wie könnte das ein Mensch, der niemals die Bibel las und deshalb ein glücklicher Mensch genannt werden kann, dieses Deckengemälde interpretieren? Noch nie gelesen. Sagt plötzlich wer, und drängt sich damit selbst als dritte Figur in das Kapitel.

Vielleicht so.

Sagt die ungebetene Figur. Ob gebeten oder ungebeten, soll sie halt trotz ihrer Aufdringlichkeit sprechen.

Vielleicht ist das Gemälde so zu interpretieren. Der angesagteste Koch in einer Stadt serviert seine neueste Essenskreation und nennt diese „Das jüngste Gericht“. Nachdem die Abendgesellschaft es verspeist hat, angeregt und mehr und mehr enthemmt durch die triebfördernden Zutaten seines jüngsten Gerichts, reißen sich Männer wie Frauen ihre Kleider vom Leibe und stürzen sich aufeinander. Eine halbnackte Frau wird von einer vor ihr knieenden Frau betatscht, schickt sich energisch an, sie weiter auszuziehen, drängt heftig vor zu ihrer Scham, um sie endlich mit der … und so weiter und so weiter.

Aber es ist bei weitem nicht das einzige Bild für das eine Interpretation als bibelunkundige Betrachterin … es gibt Bilder, die beispielsweise Männer beim Peitschen zeigen, in einem Outfit, die nur eine Interpretation zulassen, hier finden sich Männer in bestimmten Lokalen zum gemeinsamen Ausflug auf einen Berg ein, um ihre Sado-Maso-Triebe zu befriedigen, und der Triebhafteste unter ihnen ist wohl der Mann mit den geschulterten vernagelten Brettern, der sich von vielen Männern mit Peitschen bedienen läßt.

Es muß der Figur Einhalt geboten werden, ihre Interpretation dieses Gemäldes hier noch weiter auszubreiten. Es braucht keine weitere Figur, die abenteuerliche Interpretationen absondert. Es ist bereits mit den zwei Figuren Kathnet und zensurierte Website hinlänglich erklärt, daß Interpretationen nichts mit den betrachteten Bildern zu tun haben, sondern ausschließlich die Interpretation der Betrachterinnen und also die Betrachterinnen selbst interpretieren, ihre Abgründe offenbaren. Abgründe, aus denen sie nicht herauskommen, es für sie kein Entrinnen aus ihren Abgründen gibt, sie sind in ihren Abgründen begraben, ohne jedwede Aussicht auf Auferstehung.


„Blinder Organist“

Orgelpfeifen lassen sich von einem blinden Organisten spielen

Ein Holzschnitt von Werner Berg aus 1956 mit dem Titel: „Blinder Organist“ und ein Bild von Karl Bauer auf einer Postkarte als Propaganda aus 1933: „Adolf Hitler“ — —

Werner Berg habe, wie auf der Website des gleichnamigen Museums zu lesen ist, „den blinden Organisten der Dorfkirche in zahlreichen Bildern wiederholt dargestellt“.

„Krallen gleich greifen hier die Hände des Blinden ins Nichts und entringen dem dunklen Schwarz eine Welt der Töne.“

Gleich, ob dies eine Interpretation oder eine Aussage von Werner Berg selbst ist über den „blinden Organisten“, wird fortan eines, besonders mit dem bauerischen Portrait „Adolf Hitler“ vor Augen, nicht mehr möglich sein, den „blinden Organisten“ anders als das kenntlichste Portrait von „Adolf Hitler“ anzusehen.

Sich selbst spelende Orgel

Freilich ist dann der Satz von den Krallen umzuschreiben:

Der Blinde mit seinen Krallen in seinem Nichts entringt den Orgelpfeifen sein Gebrüll als einschmeichelnde Töne zum Stoß der Welt in das dunkle Schwarz. 

Es ist dafür gar nicht entscheidend, ob es die bewußte Intention von Werner Berg war oder nicht war, das kenntlichste Bild von „Adolf Hitler“ zu schaffen, dem künstlerischen Menschen bleibt zu oft selbst verborgen, was er eigentlich schafft, welche Einflüsse ihm die Hand führen …

Blinder Organist spielt Orgelpfeife

Karl Konrad Friedrich Bauer, ein Zeitgenosse von Werner Berg, und einer, der zu jener Zeit, auch der Massenverbrechen, nicht unbekannt war, geehrt und ausgezeichnet auch vom massenmörderischen deutschen reich

Der umgeschriebene Satz von dem „blinden Organisten“ trifft auch dann zu, wenn der „blinde Organist“ nicht „Adolf Hitler“ ist, wenn es tatsächlich bloß ein namenloser „blinder Organist einer Dorfkirche“ ist, ihm kein Mensch Modell war, ist der namenlose „blinde Organist“ das kenntlichste Bild für — auch für die Kirche, für jedwede Religion … jede Pfarrerin, jeder Priester, jeder Imam, jeder Rabbiner, gleich wie immer die von Religionen je vorgeschriebene Berufsbezeichnung für ihre Weltblinden lautet, ist der „blinde Organist“, dem sich das „Volk“ als Orgelpfeifen ohne Not anbietet und freiwillig als Orgelpfeifen aufstellt, mit ihnen und auf ihnen zu spielen, ihm zu gewähren, sie zu spielen, die Welt in ein schwarzes Dorf zu verkleinern, in dem ihnen gemeinsam das Dunkle ihr Licht ist, in dem ihnen gemeinsam alles, was die Welt ist, nichts …

Der hochgestellte Kragen des Exhibitionisten ist der hochgestellte Kragen des „blinden Organisten“ der hochgestellte Kragen des „Adolf Hitler der hochgestellte Kragen des „Martin Luther“ der hochgestellte Kragen der …

Martin Luther - Mein leeres Buch.png

Der „blinde Organist“ ist keine Figur der Vergangenheit, keine, die, wie lange Zeit gedacht und mehr noch gehofft wurde, die spätestens mit „Adolf Hitler“ endgültig und endlich aus der Welt vertrieben ist, aber die Hoffnung enttäuscht, wie gewußt wird, zuerst … der „blinde Organist“, gleich welchen Geschlechts, spielt weiter und weiter, und das „Volk“ ist ihm weiter bereitwillig und weiter hingebungsvoll Orgelpfeifen zur Verstärkung seines Gebrülls. Es gibt so viele „blinde Organisten“ in der Welt, allein schon beispielsweise in Österreich, daß nicht zu entscheiden ist, welcher, gleich welchen Geschlechts, für die Gegenwart zu nennen und in die Collage zu kleben ist, so ist es Ihnen, die Sie selbst alle kennen und bereits nach kürzester Überlegung zu nennen wissen, überlassen, einen in die Collage zu kleben, exemplarisch für einen „blinden Organisten“ der Jetztzeit, wie „Adolf Hitler“, wie „Martin Luther“ hier exemplarisch für die Vergangenheit …

Wie sähe ein Bild des „blinden Organisten“, dem das „Volk“, gleich wo auf der Welt, keine Orgel mehr ist, er, gleich welchen Geschlechts, nur mit und sich selbst auf sich spielen könnte, seine Identitäten, von denen der Mensch, wie gewußt wird, mehr als eine hat, ihm die einzigen Orgelpfeifen zur Verstärkung seines Gebrülls …
Blinder Organist ohne Orgel

 

Weltweite Sonderangebote: Krieg, Hunger, Mord

Weltweite Rüstungsausgaben Kriegstote Unterernährte Kinder 01-01-2018-06-04-2018

Es gibt in einer Stadt eine Passage: mit Zahlenreihen in Spiegelwänden.

Passantinnen werden informiert, etwa über:

Rüstungsausgaben weltweit seit 1. Jänner: 401389567690 Euro

401389567690 Euro Rüstungsausgaben nicht seit Anbeginn von Rüstungsausgaben vor Jahrtausenden, sondern seit dem 1. Jänner 2018.

Passanten werden informiert, etwa über:

Kriegstote weltweit seit 1. Jänner: 139957

139957 Ermordete nicht seit Anbeginn der Kriege vor Jahrtausenden, sondern seit dem 1. Jänner 2018. Wie viele Mörderinnen in Pflichterfüllung im Dienste von Staaten waren es, die vom 1. Jänner 2018 bis zum 6. April 2018 139957 Menschen ermordeten? Und wie viele Mörder sind vom 1. Jänner bis zum 6. April 2018 selbst ermordet worden? Dafür gibt es keine in die Passagenspiegel eingelassene Zählwerke.

Passantinnen werden informiert, etwa über:

Unterernährte Kinder weltweit: 92122362

Das soll wohl das Herz rühren. Unterernährte Kinder. Aber Passanten gehen nicht mit ihren Herzen, sondern mit ihren Füßen, unterwegs zu Sonderangeboten. Die Zahlen, die sie interessieren, haben sie bereits im Kopf: die Beträge in ihren Brieftaschen, die Summen auf ihren Konten, die Prozente der Ausverkäufe …

Keine Zahlenreihen in den Spiegeln gibt es, wie viele Menschen weltweit hungern, verhungern, sterben, also durch ein weiteres toleriertes, gesegnetes Morden …

„Alle zehn Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Mangel- und Unterernährung. 815 Millionen Menschen hungern, 2 Milliarden leiden an Mangelernährung.“ 

Diese Spiegelzahlen gibt es nicht. Hingegen die Zahlen darüber, wie viele Menschen in dieser Stadt gerade verliebt seien, wie viele Schnitzel seit dem 1. Jänner verzehrt …

Es ist, so wird es genannt, ein Medienkunstwerk. Passantinnen sollen, ist das Bestreben, in den Informationsfluß involviert …

Die Passanten gehen nicht auf die Spiegelzahlen zu, sie gehen an diesen vorbei, die rechts oder links (abhängig von welcher Seite in die Passage gestiegen wird) die Uferwand sind. Passantinnen sehen nicht nach links, sehen nicht nach rechts, sie fließen mit nach vorne gerichtete Augen in einem grundgesenkten Kopf dem nächsten Ausgang entgegen, der ihnen verheißt ein Eingang zu den Sonderangeboten …

„Direkte (demokratische) Kunst“

In der Ausstellung muß plötzlich beim Lesen von „Direkte (demokratische) Kunst“ innegehalten werden, es drängt sich die Frage auf, die zum Stehenbleiben zwingt, was ist aus all dem geworden, dem „direkt“ schon vor über vierzig Jahren vorangestellt war.

Damals, in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, in Wien, mit dem 1968 gehabten Höhepunkt im Hörsaal, von dem heute, vierzig Jahre später, in Österreich immer noch gezehrt wird, von einem einzigen je gehabten Höhepunkt.

Und dann fällt die Zeile auf: „direct art happing – Die happening-Päpste von Wien BRUS & MUEHL …“ — „Päpste“ … Hätte Otto Mühl zu dieser Zeit in sich hineingehört, hätte er bereits wissen können, was aus ihm werden wird, und was er war, ist er dann geworden, alles, nur eines nicht, ein herzeigbarer Repräsentant für „direkte (demokratische) Kunst“. Es hat schon die Richtigkeit gehabt, unfreiwillig oder, wie es auch gesagt werden kann, unbewußt formuliert, das demokratische von Klammern eingesperrt …

So lange also geht es schon um mit „direkte …“ — Und was ist daraus geworden? Wer trat die Nachfolge an? Wer lutscht immer noch an der „direkten“ Möhre, hält sie zwischen den wölfischen Zähnen dem sogenannten Volke vor die lange, lange Nase?

In Österreich ist es – wozu noch nennen, das jedem Menschen ohnehin bekannt …

Und es fällt noch ein „Aufruf“ auf, von damals, von 1969.

Wenn an die ganzen Ferkeleien mit den völlig wirren Kommentaren gedacht wird, die heutzutage, Jahrzehnte später, in den Dunkelkammern von SM gelesen werden können, gedacht wird, gerade und vor allem auf der Website …, erscheinen plötzlich die Männer von damals, und es waren auch nur Männer, als Vorläufer, als Zeitgenossen von den heutigen Männern, und es sind wieder vor allem Männer, vielleicht mit dem Unterschied, daß heute ein paar Frauen mehr dabei sind, als damals … nein, die heutigen SM-Männer sind die Zeitgenossen von damals, sind in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, in denen Männer wie Wiener, Brus, Nitsch, Bauer …

„Aufruf

klaus und kreisky haben mit ihren organisierten schlägerbanden die macht in österreich an sich gerissen. ihre feile gerichtsbarkeit, diese feme des österreichischen frührentners, hat es zuwege gebracht, alle aufrechten österreicher über die grenzen ihrer heimat zu jagen. in bolzano fand sich ein häuflein der versprengten und beschloß, unter hintansetzung persönlicher interessen, gut und leben für die befreiung der gesamten österreichischen bevölkerung vom terror der austro-terroristen zu befreien. diese männer beschlossen, die österreichische exilregierung zu errichten.“

Von gestern zu gestern … es haben sich seither nur die Namen geändert. Josef Klaus und Bruno Kreisky sind schon lange nicht mehr im Amt. Aber sonst? Ein Inhalt wie 2018, und ist doch schon aus 1969.

Wie rührend sich 1969 die Herren „unter hintansetzung persönlicher interessen“ Ministerstühle zugeschoben haben. Nein, nicht Ministerstühle, sie alle wollten „Kaiser“ sein, „Kaiser für Volksgesundheit“, Militärkaiser“ und so weiter.

Freilich die Vorstellung, bereits im Weitergehen erstmals der perverse Gedanke, sich in eine Zeit der Vergangenheit, in die Zeit vor vierzig Jahren zurückzuwünschen, als es die Ferkeleien nur von einer Handvoll Männer gab, als solche „Aufrufe“ so selten waren, wie die Höhepunkte in den österreichischen Schlafzimmern es heute noch sind. Solche Ferkeleien es nicht in dem Ausmaß einer Sintflut, oder zeitgemäßer, wenn es denn zeitgemäßer ist, solche Ferkeleien es nicht in dem Ausmaß von Postinggushes gab wie heute, in den SM-Kammern.

Und noch etwas verleiht dem perversen Gedanken, in einer, in dieser Vergangenheit der 60er Jahre  des letzten Jahrhunderts zu sein sich zu wünschen, Charme. Diese Männer, nicht alle, sind etwas geworden, haben Karrieren gemacht, im künstlerischen Bereich. Eines jedoch sind sie nicht geworden: Minister, Kaiser, nie sind sie als Regierung angelobt worden – mit ihren Ferkeleien, was für ein bewundernswerter Gegensatz zu den 10er Jahren dieses Jahrhunderts, in denen Menschen mit ihren Ferkeleien jedweder und vor allem moralischer und ethischer Art auf Regierungsstühle gehievt …

Aufruf.png

 

Mann alleen

avenidas y ramas 18 - BK
Im Prater wichsen wieder die Bewunderer

Ein Gedicht von Eugen Gomringer ist zum Mittelpunkt eines Disputes um Kunst und deren Freiheit geworden, es hat nun sogar die Philosophie, zu großes Wort, Konrad Paul Liessmann bewogen, etwas zu diesem Disput beizutragen.

„Die Barbaren sind mitten unter uns. Sie lauern nicht am rechten oder unteren Rand der Gesellschaft, sie gehören nicht zu den Bildungsfernen und Bildungsverlierern, sie kommen nicht aus unterentwickelten Regionen, sondern sie sitzen an den Schaltstellen von Kunst und Wissenschaft, schreiben in Qualitätsmedien, diskutieren an Universitäten, leiten Gemäldegalerien, dominieren die Talkshows. Barbaren sind sie dennoch. Denn im Grunde ihres Herzens verachten sie die Kunst. Unter dem Vorwand, gegen Sexismus und Rassismus zu kämpfen, übermalen sie Gedichte.“

So beginnt Konrad Paul Liessmann seinen Beitrag am 8. Februar 2018 in der „Neuen Zürcher Zeitung“ …

Vollkommen unverständlich, derart zu beginnen. Denn. Gesinnungsgemäß kann es nicht der „rechte Rand“ sein. Diesem würde das dem Gedicht Vorgeworfene gar nicht stören, im Gegenteil, diesem wäre es, in dieser Interpretation gelesen, ein Gebet der gesinnungsgemäßen Männlichkeit. Gesinnungsgemäß kann es nur dann der „rechte Rand“ sein, wenn es gegen die sogenannte Moderne in Literatur und Kunst geht, die Werke also nicht reaktionär blümeln …

Vollkommen richtig. „Die Barbaren sind mitten unter uns.“ Ein Barbar ist ein Mensch, so wurde es einst verstanden, der die Sprache eines anderen nicht versteht, nur, sollte ihm dieses Glück beschieden sein, seine eigene Sprache. Konrad Paul Liessmann versteht die Sprache der Frauen nicht.

Im Prater blühn wieder die Bäume

Konrad Paul Liessmann versteht nicht, wenn Frauen davon sprechen, daß das Gedicht von Eugen Gomringer sie an sexistische Übergriffe, an sexistische Belästigungen erinnert, sie, die Frauen, zum Objekt des Begaffens verpflanzlichen.

Im Gedicht kommen Alleen vor.

avenidas y flores y mujeresIm Gedicht kommen Blumen vor. Und Frauen kommen im Gedicht vor. Auf einer Stufe. Zusammen an den Wegesrand gestellt, zum Bewundern, aber es kann ein abgründiges …

Wie leicht wäre es doch zu verstehen, daß Frauen von Männern nicht mit Blumen in Alleen in eine Reihe gestellt sich sehen wollen.

Aber Konrad Paul Liessmann versteht die Sprache der Frauen nicht. Wie sollte er erst tonlose Blumen verstehen können, die ihm einiges über Männer erzählen könnten. Sie könnten ihm erzählen, daß ihnen Männer wie Basho vielleicht lieber sind als Männer wie Goethe, Männer wie Tennyson ganz und gar ein Greuel, eine tödliche Gefahr, die sich in Gedichten mit ihnen … obgleich Basho, anders übersetzt, auch ein „Bewunderer“, letztlich ein Vereinigungsbegehrer … das könnten die am Rand auf der Prater Hauptallee ihm nicht erzählen, es treibt die Männer nicht die Wissenschaft, nicht die Dichtung in die Alleen, wo sie unruhig wichsen, wenn die Blätter treiben, wenn die Blätter nicht treiben.

Wie oft haben Frauen schon erzählt, auf der Prater Hauptallee an wichsenden Männern vorbeilaufen zu müssen, wenn sie die Prater Hauptallee zur sportlichen Ertüchtigung aufsuchen. (Es erschließt sich nun wie von selbst die tiefe Bedeutung des beliebten Liedes: „Im Prater blühn wieder die Bäume.“)

Es mag Konrad Paul Liessmann ein Kunstfreund sein, ein Gegner der Kunstzensur, aber ein Gegenwartsfreund, ein Fortschrittsfreund, ein Zukunftsfreund kann er nicht genannt werden, und er wird sich viele Freunde gemacht haben, unter den Bewunderern mit den Barbareneiern auf der Prater Hauptallee, mit seiner Unterzeichnung des „Briefes der 800“,

Heinz Mayer bestätigt die Notwendigkeit der Binnen-I-Schreibung – Teil 8 der Komödie in Fortsetzung

mit dem im Grunde nichts anderes gefordert wurde, als die Zensur der Sprache.

Dem Gedicht von Eugen Gomringer gebührt aber die höchste Auszeichnung. Es zieht Konrad Paul Liessmann die Hose aus, und zum Vorschein kommen …

Avenidas y gachósEin Elend ist aber stets das Interpretieren von Gedichten. Wer wird das Gedicht noch übermalen wollen, wenn dabei an die „Bewunderer“ auf der Prater Hauptallee gedacht wird, wie sie hinter Bäumen versteckt ihr kümmerliches und stets nur für Sekunden steifes Glied wichsen und wichsen, die ärmliche Hugo-Boss-Hose bis zu den Wadeln hinuntergelassen, mit ihren entblößten Bierschwangerschaftsstreifenbäuchen  – wer wollte dann nicht auch dieses Gedicht in Goldlettern in einem Goldrahmen an der Wand im besten Zimmer der Wohnung haben.

Männer in Alleen allein. In Berlin – und der Disput geht um das Gedicht auf einer Mauer in Berlin. Stehen sie auch wichsend in den Alleen, und nicht nur in Wien, kann das Gedicht gerade in Berlin auch Erbarmen mit dem „Bewunderer“ hervorrufen, so „alleen“, das Kümmerliche in der Hand, mit sorgenvollem, einsamkeitsgefurchtem Gesicht, das können die Mimik der unverschämten Überlegenheit und die Posen der geilen Frechheit nicht verbergen, mit hilfloser Tonlosigkeit nach Aufmerksamkeit, nach einer Geste, mag diese auch ablehnend sein, der Zuneigung, mit dem Wichszeichen ständig den Satz „Lass mir nicht so alleene da stehn!“ …

Und ob Konrad Paul Liessmann wirklich ein Kunstfreund ist? Vielleicht von sehr alter Kunst. Es wäre stimmig. Kommt er doch auch bei der Philosophie nicht so recht an die Gegenwart heran, bleibt Jahrzehnte davor stehen, wie er so eindrücklich in Salzburg …

„Doch das ist nichts Neues“

… wo er gerade einmal bis …

Alleen und Männer

Übrigens, beim „Brief der 800“ war gesinnungsgemäß die FPÖ die treibende Kraft, also die Partei, in der die Männer meinen, Eier wie Odin (falls dieser überhaupt Eier haben kann) zu haben, und weil es ebenfalls sehr aktuell ist, dürfen die Burschenschaften nicht unerwähnt bleiben. Wie sehr würde sich wohl gerade in diesen Tagen die montagsgemachte identitäre Regierungspartei wünschen, es wäre die heutige Zeit noch eine so recht gute alte Zeit, in der ein Wortführer (gesinnungsgemäß ein Mann) einmal sagt, eine Debatte um die Burschenschaften brauche es jetzt nicht, und augenblicklich ist die Debatte beendet. Wie lange ist das schon her, daß Konrad Paul Liessmann

Rund um und aus Odin Wiesinger dampft es

genau das sagte, in einer Fernsehdiskussion – aber wer hört schon auf …

Das wäre jetzt ungerecht, zu sagen, er werde nicht gehört … es könnte ihm noch ein großer Aufstieg bevorstehen, zum ersten Philosophen, kein zu großes Wort, der FPÖ und der AfD …

Konrad Paul Liessmann - Aufstieg zum führenden Philosophen

Brandstifter bei Biedermanns oder Biedermann bei Brandstifters

Menschgemäß ist es unerhört, ein Stück nicht gesehen zu haben, und dennoch etwas zu diesem Stück zu schreiben, das ein „Volksstück“ genannt wird, während „Schasstück“ als Gattungsbezeichnung in Wahrheit die treffende ist.

Zu dieser Unerhörtheit zwingt aber Peter Turrini selbst, daß es diesmal vollkommen ausreicht, den Inhalt mit kurzen Tonausschnitten erzählt zu bekommen, wie Mitte dieser Woche am Morgen von einem österreichischen Radiosender. Kaum war der Bericht zu Ende, war entschieden, das Stück bietet nichts, in die Josefstadt zu fahren.

Es sträubt sich sogar alles, den Inhalt, wie er berichtet wird, dieses Schasstückes nachzuerzählen. Mit montierten Zitaten aus Zeitungsberichten über die Aufführung am letzten Donnerstag, 25. Jänner 2018, kann dem aber entgangen werden.

Salzburger Kleine Zeitung Standard Krone Tiroler Apa im Frendenzimmer von Peter Turrini

Das Schasstück könnte auch Zeitungsstück, Parlamentsstück, Josefstadtstück genannt werden, oder Standesdünkelverfestigungsstück, Einfallslosstück,  Bildungsbürgerinnenselbstvergewißerungsstück, Bildungsbürgertumselbstbestätigungsstück, Schlachtrufstück gegen die sogenannten Flächenbezirke in Wien …

Das alles fällt dazu ein, wie nun über dieses Stück berichtet wird, von den österreichischen Zeitungen …

„Föttinger verweigert einen Zimmer-Küche-Realismus. Statt in einer lichtarmen Wohnung in Wien-Donaustadt befinden wir uns stets auf der Bühne.“ 

Ach, wie gut wäre dieses Land, wären da nicht diese Menschen in den „lichtarmen Wohnungen“, wären diese Menschen aus den Gemeindebauten nicht so verstockt, so lernresistent, ja, selbst so lichtarm, würden sie nur ein wenig das annehmen können, was täglich in den österreichischen Zeitungen so gut geschrieben wird, über die Menschen, die nach Österreich kommen, alles wird ihnen, den „Alltagsfaschisten“, in den österreichischen Zeitungen so gut erklärt, all die Zusammenhange wirtschaftlicher, politischer, geschichtlicher Natur, Trotzdem wollen sie nicht ablassen von ihren „Vorurteilen“, von ihren „Vorverurteilungen“, sie „formulieren“ so vor sich hin, wollen dabei gar nicht daran denken, „dass Sprache die schärfste Waffe“ …

Täglich also werden sie belehrt, von den österreichischen Medien, wie es recht ist, über Menschen, die nach Österreich kommen, zu denken, wie diesen recht zu begegnen ist, aber in ihren „lichtarmen Wohnungen“ reicht das Licht nur, um ihre eigenen Formulierungen zu schreiben, mit denen von der Donaustadt aus die ganze Welt überschwemmt wird, mit verheerenden Folgen. Allein die auf „Zimmer-Küche“ ersonnene Formulierung „Kampf der Kulturen“ …

Das Stück, ist zu lesen, soll ein „Märchen“ sein.

Ein Märchen muß, wie gewußt wird, immer erst entschlüsselt werden.

Vielleicht aber ist das Stück von Peter Turrini ganz anders zu lesen, von ihm ganz anders gemeint. Bereits der Titel „Fremdenzimmer“ nicht der wirkliche Titel, sondern: Biedermann bei Brandstifters.

Und wenn das „Märchen“ auf andere Weise zu lesen sein soll, will gerne der Inhalt nicht zitiert, sondern entschlüsselt werden, nein, nicht entschlüsselt, das wäre anmaßend, Entschlüsselungsversuche angeboten werden.

Biedermann bei Brandstifters

Es kommt ein Junge in die Bude zu Leuten, die eine Homepage betreiben, da er auf ihrer Seite gelesen hat, bei ihnen könne Sebastian, so heißt der Junge in Wahrheit, sein Handy aufladen.

Gustl ist in Wahrheit der Nachname, und mit Vornamen heißt er Hans.

Der wahre Ort, wo das Märchen spielt, ist nicht eine Zimmer-Küche-Wohnung von „lichtarmen“ Menschen in der Donaustadt, sondern das Parlament

Herta, die in Wahrheit auch anders heißt, trällert im Parlament nicht Lieder von Abba nach, sondern Reden von …

In einem Märchen kann eine Person viele Personen sein. So kann Sebastian einmal der Junge sein, dann auch wieder der Gustl, der Briefträger, der seine Arbeit verlor, dem die Menschen, die nach Österreich kommen, das dringlichste Problem, also dem zurzeitigen Bundeskanzler das größte Problem, wie Gustl eben erst wieder, gestern oder vorgestern, in Tirol deklamiert hat, es gäbe viele Probleme in Tirol zu losen, und das erste von ihm genannte: „illegale Migration“ …

Der Titel kann auch umgedreht werden:

Brandstifter bei Biedermanns

Der Briefträger oder der Junge kommt zu den Biedermanns, die in der nächsten Szene schon Brandstifter wieder heißen können, zum Essen aufs Land, aber, wenn er als Junge kommt, weiß er, bei den Brandstifters bekommt er auch Strom für sein Handy, weil der Gustl, der in Wahrheit anders heißt, ist kein Ungustl, auch wenn ihn jetzt die Krone sogar als „Alltagsfaschisten“

Die „lichtarme Wohnung“ könnte in Wahrheit auch eine bestens ausgeleuchtete Wohnung in einem altehrwürdigen Palais in der Josefstadt, in Hietzing sein, und Herta, die in Wahrheit anders heißt, nimmt nicht nur den Jungen gerne auf, Platz hat sie ja genug

Und während das Handy vom Jungen aufgeladen wird, sieht sich Herta mit Sebastian, der zwar nur einfachste Sätze sprechen kann, aber alles recht genau versteht, was gesprochen wird, den Gustl im Fernsehen an, der ihr, der „Mindestrentnerin“, ihr verlorener Sohn ist …

Gustl heißt, ist zu lesen, mit Nachnamen Knapp. Knapp, der „frühpensionierte Briefträger“, kurz: Bundeskanzler, und der Junge er selbst, als er noch nicht frühpensioniert war, und stets auf der Suche nach Strom für sein Handy, an alle Türen klopfend, bei den Biedermanns, bei den Brandstiftern …

Am Ende des Märchens soll auch ein Flugzeug vorkommen, mit dem der Junge, Gustl und Herta fortfliegen, weit weg. Das freut besonders Gustl, endlich einmal geradeaus, nicht immer im Kreis, und er telefoniert freudig mit seinem Freund Wolfgang Zamanik, ihm gleich aufgeregt das zu erzählen, und auch, was für ein Glück er mit seinem Jungen …

Es ist ein Märchen, ist zu lesen, aber es ist ein Märchen, für das es keinen Schlüssel bedarf, um es zu verstehen, die Tür zu diesem Märchen steht weit offen, es gibt den Blick frei auf eine Bühne, die, ist zu lesen, mehr oder weniger leer sein soll, bis nach hinten, bis zur Brandmauer, nichts als Leere … es scheint, als hätte wenigstens der Bühnenbildner begriffen: Leere kann nur durch Leere dargestellt werden.

Es ist ein Stück für die Menschen, die nicht in der Donaustadt wohnen, nicht im sogenannten Gemeindebau, ein Stück für die Menschen, die es sich behaglich eingerichtet haben, in ihren Redaktionsstuben, in ihren Parteiräumen, in ihren Parlamenten, in ihren Cottage-Zimmerfluchten, in ihren Theatern mit ihren Vorstellungen von den „lichtarmen Wohnungen“ der Menschen, denen sie alle Schlechtigkeit der Welt zuschieben können.

Und spätestens jetzt kann auch verstanden werden, weshalb ein Peter Turrini für einen Christian Benger ein Kulturpreiswürdiger ist, den es nicht schert, wen ein Kulturgremium vorschlägt.

Benger wird wohl in die Josefstadt pilgern, um sich das anzusehen, und dann zufrieden feststellen: Genauso sei es, so müsse die Diagnose der Gesellschaft sein, und wir, also Benger, sind ja recht gut, aber die in der Donaustadt, die sind nicht so, noch mit Tränen in den Augen, ganz gerührt noch davon, den Jungen im Trachtenjanker gesehen zu haben, ist ihm doch der Kärntner Weltkulturebe …

Fremdenzimmer

Mit einem Kanzler Sebastian Kurz Weltspitze in Kunst- und Kulturlosigkeit

Nun will Sebastian Kurz also die erst im letzten Jahr von seiner Partei erhöhte Umsatzsteuer für Beherbergung wieder reduzieren. (Das zeugt eindrucksvoll von der Fähigkeit der kurz’schen Partei, so richtig langfristig, gar weit in die Zukunft hinein zu denken, zu planen …)

Eine Rücknahme der ebenfalls erst im letzten Jahr von seiner Partei erhöhten Umsatzsteuer im kulturellen Bereich, eine Rücknahme der ebenfalls erst im letzten Jahr von seiner Partei und also auch von ihm erhöhten Umsatzsteuer für „Künstler“ fällt Sebastian Kurz nicht ein.

Wie auch?

Es darf mit Recht gefragt werden, ob Sebastian Kurz die Wörter Kunst und Kultur überhaupt geläufig sind.

Denn.

Zu Kunst und Kultur ist von Sebastian Kurz nichts bekannt. Bis auf die Präsentation der Großbauerin, die für ihn, Kurz, stehe für …

Zur Kultur gehört auch die Rede. Und wenn die gar vielen Aussagen von Sebastian Kurz an der Kultur der Rede gemessen werden, begreift Sebastian Kurz von Kultur die Kulturlosigkeit. Und bei der Kunst in jedweder Form gibt es von Sebastian Kurz nichts, mit dem eine Messung möglich wäre.

Es ist für dieses Land auch bezeichnend, daß Kunst und Kultur keine Themen sind, zu denen es mediale Fragen an Kandidaten und Kandidatinnen der Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 gibt. Sebastian Kurz nicht danach zu fragen, nun, bei ihm mag dafür christliche Nächstenliebe ausschlaggebend sein, nach dem Bibelwort: Schonet aber die mit Überforderung Beladenen …

Es richten sich bereits viele, viel zu viele darauf ein, es ergeben sich bereits viele, viel zu viele schicksalshörig einer Vergangenheit, die in der Wahlreklame Zukunft genannt wird, daß Sebastian Kurz der nächste Bundeskanzler … kann ein Land aber wie Österreich, das gar so stolz darauf sein möchte, ein Kunst- und Kulturland zu sein – für den Tourismus gewiß ein hergerichtetes ist, im Verkehr mit Fremden gewiß keines – sich tatsächlich einen Bundeskanzler leisten, dem Kunst und Kultur gar nichts sagen, nichts bedeuten, dem Kunst und Kultur so unverständlich sind wie wohl den meisten Menschen die schwarzen Löcher im Universum, sein gesamtes Universum der Kunst und Kultur Finsternis …

Was für Senkungen neben der Umsatzsteuer fallen Sebastian Kurz noch ein? Es sind die Förderungen. Welche Förderungen zu senken es sein werden, auch sein werden, dazu bedarf es keiner Phantasie. Einem Menschen wie Kurz, dem zu Kunst und Kultur nichts einfällt, kann nur eines sofort einfallen, im Bereich von Kunst und Kultur die Förderungen …

Hierzu paßt auch das von der kurz’schen Partei ebenfalls erst im letzten Jahr mitbeschlossene Auslaufen der Bildungsfreibeträge, der Entfall der Bildungsprämie …

Vor langer Zeit wurde gerne die Formulierung für Unentdecktes verwendet: es gäbe weiße Flecken auf der Landkarte. Im Fall der kurz’schen Partei könnte nach dem 15. Oktober 2017 eine neue Formulierung sich durchsetzen: Dank der kurz’schen Partei ist Österreich heute ein schwarzer Fleck auf der Landkarte, was Kunst, Kultur, Bildung … so ein schwarzer Fleck, wie das kurz’sche Programm bereits jetzt ist. Und wie schwarz die kurz’sche Schwärze ist, Sie sich davon eine Vorstellung machen können, wie schwarz die Zukunft in Österreich werden – ein Blick genügt: Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei …

Und wenn Sie einen Blick auf die kurz’sche Finsternis werfen, denken Sie dabei unbedingt auch daran, wie noch schwärzer es werden könnte, mit seiner identitären Partnerin in der Regierung, mit dieser Parlamentspartei mit ihrem recht ausgeprägten … das muß gar nicht weiter, nicht wieder groß ausgeführt werden, eine Zeile von Josef Weinheber bringt es auf den Punkt, seine Bestellung in einem Kaffeehaus …

PS Wie seltsam doch Künstlerinnen und Künstler sind. Sie dienen sich auch jenen an, denen sie vollkommen egal sind, wollen sie nach wie vor Knechte und Mägde der Macht sein und sogar von jenen, von denen sie sich dafür in günstige Position bringend meinen, sie werden die Macht erlangen, und sei es auch nur eine klitzekleine Macht in einem klitzekleinen Staat. Wie Jiny Lan, die Sebastian Kurz malt, mit dem Parlament als Hintergrund; zutreffender allerdings als Hintergrund wäre der unweit vom Parlament gelegene Volksgartentempel, vor dem eine Figur von Josef Müllner steht zur Kenntlichkeit der geistigen Verfaßtheit in diesem Land damals wie heute …

Jiny Lan malt Sebastian Kurz mit falschem Hintergrund

Haben sie wenigstens einen Schirach dabei?

Es gibt gerade in Österreich, wenn im Dialekt gesprochen wird, eine Vorliebe dafür, das „R“ zu verschlucken, es einzusparen, ungehört zu machen. Im Dialekt würde dann aus Schirach einfach und vielleicht dadurch mit einer erzwungenen winzigen Betonungsveränderung: Schiach.

Und kenntlicher könnte über die Rede von Schirach in Salzburg in diesem Sommer gar nicht geurteilt werden, ohne zu urteilen, es bräuchte bloß im Dialekt über diese gesprochen werden:

— Hast Du die Festspielrede gehört?

— Von Schiach?

— Ja, die Schiach-Rede.

Es sind jetzt viele Touristinnen und Touristen im Land, die sehr neugierig sind, und es könnte eine vom Nebentisch, die ihr Bestellung aufgibt,

— Mozarttrüffeltorte mit Sahne –

— Mit Schlag?

— Sahne.

— Sahne ist Schlag.

— Dann mit Schlag.

fragen: Schiach?

— Häßlich.

— Häßlich heißt er?

— Nein, Schiach.

— S c h i -?

— S c h i 〈r〉 a c h !

— Ah, Schirach.

— Ja. Schi〈r〉ach.

So leicht kann es zu Mißverständnissen kommen, zu Verwechslungen. So leicht machte es sich auch Schirach. Mit seinem Beispiel aus der Türkei. Als er für seinen „Volkszorn“ als Beispiel Mitglieder der AKP-Partei mit dem „Volk“ verwechselte. Und er warnte davor, wie leicht das „Volk“ aufzusticheln sei, er sprach sich massiv dafür aus, das Recht gegen die Macht zu stellen. Nun, in Polen, gehen gerade diese Tage Zehntausende auf die Straße, für eine unabhängige Justiz, also für das Recht gegen die Macht. Wer stichelt sie auf, in Polen und in anderen Staaten? Haben sie wenigstens einen Schirach dabei?

Es muß ein Irrtum einbekannt werden, eine alte Platte

Wie verführerisch schön das Plattschäbige zu klingeln vermag

kann beim ersten Hören durchaus verführerisch schön klingen, aber dann …

PS Es wäre wohl zu einem Tumult gekommen, hätte Schirach über die Macht der Männer in Salzburg und also in Österreich gesprochen, über des Mannes Zorn gegen die Frauen, anhand des konkreten Beispiels, wie wenigen Frauen

2026 darf wieder eine Frau die Salzburger Festspielrede halten, vielleicht.

in Jahrzehnten das Recht eingeräumt wurde, die Festspielrede zu halten. Diese Frauen kann ein Mensch an einer Hand abzählen, und braucht dazu nicht einmal fünf Finger.

Und wenn es gar eine Frau gewesen wäre, die diese Rede gehalten hätte, mit Zornesröte und schwarzer Galle hätte sein, das schirachsche „Volk“, den Saal stampfend, brüllend, das Abendland dem Untergang geweiht sehend, spuckend und schreiend … nein, machtgemäß nicht, Anerkennung wäre ausgesprochen worden, die Frau ob ihres Mutes, hinzutreten vor die Macht des Landes, eine Rede, durchaus überlegenswert, wenn es die Staatsgeschäfte … die Männer der Macht sind doch ohne Zorn, und vor allem, Männer der Macht lassen sich nicht aufstacheln, sie besitzen Vernunft, sie haben Informationen, sie wägen ab, sind voller Sorge ob der Behandlung der Frau im „Volke“, besonders der Nachbeteiligung der Frau in den „Communities“ … sie, die Männer der Macht, schunkeln höchstens sanft und verständnisvoll zu Andreas Gabalier, diesem einfachen Manne aus dem „Volke“, der gelernt hat, wo der Platz der Frau ist seit Anbeginn der Festspielreden …

Schiache Rede

2026 darf wieder eine Frau die Salzburger Festspielrede halten, vielleicht.

Seit 1964 wurden drei Frauen eingeladen, die Festspielrede zu halten. In 53 Jahren waren es also gerade einmal drei Frauen. 2008 wurde die letzte Frau rangelassen. Das heißt über den Daumen gerechnet, nach dem Salzburger Festspieldurchschnitt (wenn aufgerundet) könnte es 2026 wieder so weit sein, abgerundet gar schon 2025, daß eine Frau rangelassen wird, vielleicht.

In dreiundfünfzigen  Jahren gab es zweimal keine Festspielrede und dreimal durften Frauen ran. Das ist wohl die „Macht der Frauen“, von der Schirach in diesem Jahr andeutungsweise in seiner Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele …

Und das ist verständlich. Eine Quote würde hier nichts bringen. Denn es geht um Qualität. Und die Qualität ist in Salzburg das gottgegebene Maß. Von welcher Qualität des Mannes Wort ist, dafür darf verwiesen werden auf die Würdigung der Festspielreden von 2014 bis 2017 …

PS Ein Mann wurde wieder ausgeladen. Er entsprach nicht den hohen ethischen Werten, die in Salzburg, in Österreich herrschen, und die vor allem von dem hohen Publikum der Festspielreden, kurz gesagt, uneingeschränkt … Was für ein schöner Beweis, die Ausladung eines Mannes, wie kein Unterschied zwischen Mann und Frau gemacht wird.

Ja, im Gegenteil. Es wurde keine Frau ausgeladen, sondern ein Mann. Was für eine Ungleichbehandlung wäre das gewesen, als Ersatz für den ausgeladenen Mann eine Frau einzuladen. Es mußte nicht gesucht werden, ein Mann für den Ausgeladenen fand sich sogleich.

Es könnte auch gesagt werden, in Salzburg, in Österreich wird die Gleichberechtigung gelebt, wie es die Festspielreden vorzeigen: zweimal keine Rede, einmal unabhängig vom Geschlecht ausgeladen, sind dreimal. Dreimal Reden von Frauen. Drei zu drei, das sind gelebte 50:50. Das ist Gleichbehandlung.

Salzburger Festspiele - Festspielreden - Nicht auf das Geschlecht nur auf die Qualität wird geschaut

 

Wie verführerisch schön das Plattschäbige zu klingeln vermag

2014 legte die schöne Platte Christopher Clark auf; er hatte es sich verdient, Schönredner zur Feste Salzburg gewesen zu sein. Und es war auf ihn Verlaß. Er spielte die Melodei, die in diesem Land … Christopher Clark in Salzburg – Eine typische österreichische Besetzung.

2016 legte die schöne Platte Konrad Paul Liessmann auf; er hatte es sich verdient, Schönredner zur Feste Salzburg gewesen zu sein. Und es war auf ihn Verlaß. Er spielte die Melodei, die in diesem Land … Konrad Paul Liessmann gibt heute in Salzburg eine Eröffnungsarie aus seiner Philosophieoper.

2017 legt die schöne Platte Ferdinand von Schirach auf; er hat es sich verdient, Schönredner zur Feste Salzburg zu sein. Und es ist auf ihn Verlaß. Er spielt die Melodei, die in diesem Land …

Liessmann spielte seine Platte noch bis zu – zwar nur ein oder zwei Töne, aber immerhin – Adorno, während Schirach aus dem zwanzigsten Jahrhundert gerade noch Zweig anstimmt, wohl aber nur, um noch besser seine Welt von gestern zu beschwören, um ganz im achtzehnten Jahrhundert zu wandeln, und dabei Rousseau zu unterstellen, er habe sich geirrt, und Voltaire hervorzuheben. Aber wer hebt heutzutage nicht Voltaire hervor …

Es ist die alte Platte, die Platte gegen die Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen. Und es wird Schirach gefallen, vor diesem Publikum zu singen. Über den Daumen sitzt wohl die gesamte österreichische Staatsspitze im Publikum. Es sind nicht mehr Könige und Kaiser, aber, Voltaire war ja auch nicht Schirach.

Und was bringt Schirach vor? Es geht ihm dabei auch um die Äußerungen der Bürger und Bürgerinnen im Internet, in dem das „Schrille, Bösartige, Vulgäre“ noch zu überwiegen scheint; eine Zeitungsleserin, die selbst nicht im Internet unterwegs ist, wird das wie Schirach beurteilen. Denn. Das ist die vorherrschende Berichterstattung. Und es sollte gefragt werden, weshalb das „Schrille, Bösartige, Vulgäre“ in der Medienberichterstattung überwiegt. Es wird wohl auch etwas mit den Machtverhältnissen zu tun haben. Es wird nicht ungelegen kommen, den Bürgerinnen und Bürgern das „Schrille, Bösartige, Vulgäre“ zum Vorwurf machen zu können.

Oh, wie anders hingegen ist Schirach, der weder schrill noch bösartig noch vulgär vor der versammelten Landesmacht der gesamten Landesmacht Worte des Einspruches gegen die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger diktieren darf, die der Landesmacht gar dienlich sein werden in ihrer Bemühung gegen mehr Beteiligung, in ihren Versuchen für mehr Überwachung der Bürgerinnen und Bürger. Es ist eine sehr alte Platte, die Schirach auflegt, und in eine seine sehr alte Platte sind eben Staubwörter mit eingepresst, wie „Volk“, „Volkszorn“ …

Oh, wie anders hingegen als das gar so leicht verführbare und aufzustichelnde „Volk“ ist Schirach, vor allem ist er ganz und gar differenziert in seiner Welt der Menschbeurteilung.

So fragt Schirach besorgt, mit dem Verweis auf „unsere Geschichte“: „Was tun, wenn die Demokraten einen Tyrannen wählen?“ Aber wer hat ihn gewählt? Den „Tyrannen“, der 1932 noch kein „Tyrann“ war. Nur ein Kandidat. Und Schirach meint, wen sonst, Adolf Hitler. Aber die NSDAP verlor die Wahl 1932, die NSDAP und der von Schirach schon zum „Tyrannen“ gemachte Kandidat mußten Verluste hinnehmen, sie verloren über vier Prozent. Und wie war es in der Wahl 1933? Die NSDAP legte zu, aber immer noch weit entfernt von einer absoluten Mehrheit. Wie also wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler? Durch den Entscheid der Wähler und Wählerinnen? Oder am braunen Tisch? Wer könnte das genauer wissen als ein Schirach.

Es wird mehr und mehr verständlich, daß Schirach die Veröffentlichung seiner Festrede für die Macht untersagt. Denn. Ohne seine angenehme Stimme, ohne die weihevolle Intonierung seiner Rede, also bloß gelesen, offenbarte seine Rede nur eines: Plattheit. Und die Verwunderung, wie kann Plattes vorgetragen bloß so schön klingen. Und. Es könnte sich auf den Verkauf … Ja, wer dem „Volk“ etwas verkaufen will, und seien es Bücher, tut gut daran, dem „Volk“ zu verschweigen, was vom „Volke“ gehalten wird, wenn untereinander im Festsaale von ihm zur Macht gesprochen wird.

Und das mit der Werbung weiß Schirach ganz genau. Es wird von allen nur der eine Kaffee getrunken, den ein Schauspieler in der Werbung trinkt, und alle fahren unbequeme Autos mit offenem Dach, weil die Werbung allen nicht nur Freiheit, sondern auch das hierfür notwendige Geld durch den Bildschirm auf den geerbten und seit Jahrzehnten wackeligen Couchtisch wirft… und alle verwenden nur die eine Salbe, die eine Schauspielerin, und wenn er jetzt sagt, zu seinem Machtpublikum, es solle sich einen Mann mit Hut vorstellen, dann könne das Publikum, sagt Schirach, gar nicht anders, als seinen Mann mit Hut im Kopfe … wie schön, daß das Publikum jetzt wenigstens etwas … über den Bildschirm funktioniert es allerdings nicht, die schirasch’sche Suggestion – kein Mann mit Hut im Kopf, sondern nur die Würdigung der Rede des Mannes ohne … Eilig aber verläßt Schirach wieder die Werbung und also die Gegenwart, aus der er keinen Menschen der Philosophie zu kennen scheint zu mögen, um souverän und brillant weiter im achtzehnten Jahrhundert …

Schirach führt Rousseau an, der meinte, „der Volkswille würde stets die richtige Entscheidung treffen“. Und Schirach kommt zum polemischen und brillanten Schluß, „nach Rousseau können Trump, Putin, Erdogan oder der Brexit gar nicht falsch sein, weil sich die Menschen so entschieden haben.“ Haben sich die Menschen tatsächlich so entschieden? Etwa im Fall von Trump nicht. Nicht die Mehrheit der Menschen wählte Trump. Das Wahlsystem, das Wahlrecht machte Trump zum Präsidenten. Ist es nicht notwendiger und angebrachter, als „Volksentscheide“ zu denunzieren, über die Systeme nachzudenken, über die Gesetze? Über das, was nach den Wahlen passiert, ohne Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger? Ist nicht gerade der „Brexit“ auch ein Beleg dafür, wie notwendig es ist, die rechtlichen Bedingungen weiterzuentwickeln, darüber vor allem nachzudenken? Von Schirach ist dafür wohl nicht zu haben, seiner Herkunft verpflichtet, ist es wohl seine edelste Aufgabe, den Dünkel …

Es darf, da Schirach auch Länder als Beispiele anführt, das hier auch gemacht werden. Haben nicht die Bürger und Bürgerinnen gerade in Österreich eindrucksvoll im letzten Jahr bewiesen

Die Menschen sind klüger, als Belehrer und Belehrerinnen sie haben wollen.

und damit Schirach widerlegt, als sie nicht Norbert Hofer wählten, sondern Alexander van der Bellen zum Bundespräsidenten wählten? Alexander van der Bellen sitzt vor Ferdinand von Schirach, und was sieht Schirach? Weder Österreich noch die Schweiz, die in vielem angeführt werden könnte, um Schirach endgültig …

Oh, Schirach hingegen sieht die Türkei. Und es kommen ihm als Beispiel für den „Volkszorn“ die „zerstochenen Orangen“ als Protest gegen die Niederlande in den Sinn. War es das „türkische Volk“? Es waren Mitglieder der Jugendorganisation der AKP. Aber für Schirach ein Beleg für den „Volkszorn“.

Und gehören all die Menschen, die weltweit sich dafür einsetzen, die auf die Straße gehen, für Demokratie, für all die von Schirach beschworenen Rechte nicht zum „Volk“, woher kommen diese? Sind es Außerirdische, die in der Türkei, in Polen, in den Vereinigten Staaten, in Frankreich, in Deutschland, in Ägypten, in Tunesien, in Venezuela und in so vielen weiteren Ländern … und schlußendlich Schirach selbst, wohin gehört er selbst und woher kommt er selbst? Ist er keiner aus dem „Volk“, gegen deren Beteiligung er anredet? Er ist im Grunde einer von den Schäbigen aus dem „Volk“, die der Macht stets gefallen und der Macht nach dem Munde reden, die der Macht zuarbeiten, nicht uneigennützig freilich, das kleine Quotenlebensglück mit Fernsehen und Wochenende und Bücherregal …

Oh, Schirach verdiente es, mit Königen und Kaisern zu verkehren. Wie schade für ihn, daß es weder in Deutschland noch in Österreich noch Kaiser und Könige gibt. Denn. Schirach hat das höchste des höchsten Publikums verdient.

Allein schon für seine brillante Ausführung über die „Regeln der Natur“, nach denen der „Schwächere“ getötet wird. Und er, Schirach, feiert den Fortschritt des Menschen, der nicht nach den „Regeln der Natur“ den „Schwächeren“ tötet.

Was für ein brillanter Naturbeobachter Schirach doch ist. Jeden Tag kann, wer in der Natur unterwegs, beobachten, wie beispielsweise das Eichhörnchen die schwächere Nuß tötet, um sie für den Winter als Vorrat … oder wie die Löwin aus lauter Ärger darüber, daß der Herd immer noch nicht geliefert wurde, um Essen zubereiten zu können, die schwächere Antilope tötet und diese ungefressen einfach liegenläßt, der Haifisch kleine und also schwächere Fische tötet, und das nur, weil der Supermarkt schon geschlossen, der Hai nichts mehr für das Abendessen einkaufen kann, der Vogel tötet den schwächeren Wurm nur, um die Wartezeit schneller vorübergehen zu lassen, bis endlich das Korn auf seinem Feld reif ist, er es einbringen kann, um das für ihn so nahrhafte und vor allem lebensnotwendige Brot …

Und was für eine Erkenntnis – aufgespart von Schirach für das letzte Rededrittel –, daß es stimme, „wir werden nicht immer von Weisen regiert“. Nicht immer, das heißt, aber doch die meiste Zeit. Wie beruhigend. Zu seinen „Weisen“ fällt die von Schirach angesprochene „Schwarmintelligenz“ ein; er zählt auf, welche es noch gibt, die „Schwarmdummheit“, die … von einem Phänomen im Zusammenhang mit dem Schwarm erzählt er nicht, von dem Phänomen, das Vorgänge, Abläufe verstehen lassen kann:

Blobs Erdoğan, Trump and all the others. Secret cripples and amputated fishes. From populism and the SM-Swarm.

Oh, ohne ein Wort zum eigenen Werk, das geht nicht. Und so erzählt Schirach zum Schluß noch etwas über sein Stück „Terror“, weshalb er das doch, obwohl er gegen „Volksentscheide“ … Er brachte damit Quote, Fernsehquote, mit seinem „Terror“.

Trump, Erdoğan, Putin, Schirach, Assad May

Und was für ein Stück. Es läßt auf das Abendmahl verzichten. Es ist das Abendmahl. Schirach erzählt, er habe erlebt, wie Menschen nicht zum Essen gingen, sondern nach seinem „Terror“ blieben. Und siehe, wo ich, Schirach, bin, da wird Verfassung lebendig. Und die Menschen, erzählt Schirach seine frohe Botschaft weiter, sprachen über ihren Staat und und … zu Beginn seiner Rede sprach er noch von den Menschen, die, so er, sagen, daß sei ihr Staat, sie wüßten es besser, was für sie richtig und gut wäre; den Menschen im Anfang seines Wörterei rechnete er dies nicht hoch an, ganz im Gegenteil, ja, das werden wohl sture Menschen sein, denen die seine Terrorspeise nicht und nicht schmecken will. Nur wer das schirasch’sche Wort hört, wird in der Verfassung lebendig, auf eine gesunde Art.

Im Angesicht der gesamten Landesmacht, zu der Schirach gefällig spricht, wird Verfassung oft und oft lebendig. Denn sie muß zu oft verteidigt werden, gegen das Publikum der Schönredner zur Feste Salzburg, wie aktuell etwa gegen, kurz und brandstetterisch gesagt, die geplanten massiven Überwachungs- und Bespitzelungsgesetze. Was wird Schirach nach seiner Rede in Salzburg erleben. Das Publikum wird nicht bleiben, sondern mit ihm zum Essen eilen und schmatzend Zustimmung zu seiner …

Damit also hat er sich tatsächlich eine Einladung in die Feste Salzburg verdient; nicht nur einen Schönredner, sondern auch einen Quotenredner in diesem Jahr zu haben, darauf können die Salzburger Festspiele wahrlich stolz, fast so stolz wie auf den Jedermann, der Karl Kraus aus der Kirche vertrieb …

Und was für ein hellsichtiger Blick auf Literatur und Kunst. „Noch nie konnte Literatur, Musik oder Kunst den Volkswillen aufhalten.“ Literatur, Musik oder Kunst war wohl zu sehr damit beschäftigt, den „Volkswillen“ zu befeuern. Nein, den „Volkswillen“ erst zu erschaffen, der für Schirach der dunkle, abscheuliche … gerade mit Österreich hätte Schirach das anschaulichste Beispiel dafür abliefern können, wie auch heute noch mit ebendieser Literatur, Musik vor allem die identitäre Parlamentspartei diesen „Volkswillen“ wieder … Davon erzählt Schirach nicht. Dafür. Voltaire habe eine Geschichte geschrieben, und das sei es, was „Schriftsteller immer tun sollten“, eine Geschichte erzählen. Geschichten würden „uns anrühren“. Nicht die Philosophie. Und sie erzählen wie er Geschichten, die anrühren, den „Volkswillen schaffen; von rekonstruieren will gar nicht erst gesprochen werden, ist es doch ein Begriff, der im achtzehnten Jahrhundert, kurz und schlicht gesagt, es soll niemand überfordert werden …

Empfand sich das „Volk“ stets schon grimmig „ohne Raum“

Der freiheitlichen ZZ ist eine Wiederlesung von Hans Grimm, einem der Lieblinge Adolf Hitlers, schon eine recht werte Empfehlung

oder brachte nicht erst Grimm den Gram darüber, vor lauter Raum ohne Raum zu sein, diese Idee in das „Volk“? Lud nicht erst er, also Grimm zum Beispiel, das „Volk“ dazu ein, ohne Amputation an Phantomschmerzen zu leiden?

2015 legte die schöne Platte Rüdiger Safranski auf. Er trug Verse aus dem Rosenkavalier von Richard Strauss vor, unterbrochen durch irgendwelche Ausführungen über die Zeit. Die Marschallin hat es ihm wohl angetan. Vielleicht war Strauss eine Verlegenheitslösung, weil „Das Migrationsproblem“ noch nicht erschienen war. Ein Buch, das Safranski verschenkte, weil es ein „sehr sehr gutes Buch“ ist. Oder er hätte aus „Finis Germania“ vorgelesen, das er zwar kritisch sieht, aber doch in der Tradition der „Nachtgedanken“ von Heine bis … und brillanten Stellen. 2015 aber auch noch nicht auf dem Markt. Erschienen in Verlagen … Aber das kann ja noch nachgeholt werden; vielleicht schon im nächsten Jahr — —

2018 wird wer die schöne Altplatte auflegen? Vielleicht Götz Kubitschek? Im letzten Jahr hat er es bereits bis in den Vorort von Braunau geschafft. Weshalb nicht schon 2018 in die Feste Salzburg? 2018 wird es in Österreich eine neue Regierung geben, nicht legitimiert durch eine absolute Mehrheit in der Nationalratswahl am 15. Oktober 2017, also eine Koalition, aber am Tisch, von dem nicht gewußt wird, welche Farbe er hat, ohne grünen Bezug.

Salzburger Festreden - Clark - Liessmann - Safranski - Schirach